„Die Discounter“ heißt eine neue, radikal komische Pseudo-Dokuserie auf Amazon. Im Fokus steht das dysfunktionale Mitarbeiterteam eines Hamburger Supermarkts.
Stuttgart - Je größer die Diskrepanz zwischen Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung, desto höher das komödiantische Potenzial für Peinlichkeit und Fremdschämen – so ist das Team des Hamburger Supermarkts Kolinski in der Mockumentary-Serie „Die Discounter“ konstruiert. Titus (Bruno Alexander), der Neuzugang unter den jungen Angestellten, ist zu schlau für den Job, lässt sich aber dominieren; Peter (Ludger Bökelmann) ist ein Großmaul, aber zu nichts in der Lage; Flora (Rapperin Nura Habib Omer) hat gern Sex im Kühlraum und wäre gerne eine Rapperin; Samy (David Ali Rashed) hält sich für cool, ist aber ein Kindskopf; Lia (Marie Bloching) gibt sich frustriert, weil sie als Einzige mitdenkt, aber beim Marktleiter Torsten nicht durchdringt.
Der Chef mogelt sich bauernschlau durch
Der ist eine Type wie Ricky Gervais sie in „The Office“ gespielt hat, einem der naheliegenden Vorbilder für „Die Discounter“: Marc Hosemann gelingt es ganz hervorragend, Torsten als einen Kerl zu spielen, der sich für unwiderstehlich hält. Dabei mogelt er sich nur bauernschlau durch, anstatt nur einmal etwas richtig zu machen – ob es um randalierende Skater im Markt geht, um eine Mäuseplage oder um eine Dating-Plattform.
Torsten hört nicht auf die Streberin Pina (Klara Lange), die als Einzige den Überblick übers Geschäft hat, sondern gleicht das Defizit seines Marktes mit Geld für Überwachungskameras aus. Wenn dann die Eigentümerin Sabine Kolinski (Catrin Striebeck) einen Vorfall auf Video überprüfen möchte, verdammt Torsten den unterwürfigen Ladendetektiv Jonas (Merlin Sandmeyer) dazu, sich abenteuerlich herauszureden, wieso es keine Kameras gibt. „Oha!“, sagt Doris Kunstman als einzige ältere Kassiererin oft, während Wolfgang Michael als Hausmeister Wilhelm den halben Tag verschläft. Gaststars sind auch dabei: Fahri Yardim spielt sich selbstironisch als klauenden Star, Peter Fox gibt den Beziehungsmenschen, der sich aus Mitleid Floras Rap anhört.
Fahri Yardim als diebischer Gaststar
Dieser ist freilich auch eine Persiflage: Nura Habib Omer ist im richtigen Leben erfolgreiche Straßen-Rapperin. Hamburger Schnack ist allgegenwärtig, die Schauspieler schauen und reden oft in die Kamera, wie in solchen Pseudo-Dokus üblich – und sie machen das wirklich zum Kringeln. Dem jungen Produktionsteam um den Schauspieler, Medienmacher und Entertainer Christian Ulmen („Jerks“) ist ein Kunststück auf „Tatortreiniger“-Niveau gelungen: hundsgemeine deutsche Comedy auf Augenhöhe mit den internationalen Vorbildern.
Die Discounter. Alle zehn Episoden der ersten Staffel sind bereits bei Amazon Prime verfügbar.