Der Stuttgarter Rainer Lang organisiert im Katastrophengebiet Hilfslieferungen.

Stuttgart - Die Flut in Pakistan treibt immer mehr Menschen in die Flucht. 20 Millionen Menschen sind betroffen. Die Diakonie Katastrophenhilfe aus Stuttgart unterstützt die Opfer mit Wasser und Lebensmitteln. Das Ausmaß der Katastrophe ist noch immer nicht absehbar, sagt Rainer Lang.

Herr Lang, die Lage in den überfluteten Gebieten in Pakistan erscheint katastrophal. Erreichen Sie überhaupt die Notleidenden?

Ja, zum Glück. In Nordpakistan können wir auf unsere eigenen Strukturen und lokalen Helfer zurückgreifen. Seit dem Erdbeben 2005 leisten wir dort Hilfe. Deshalb konnten wir dieses Mal die Bevölkerung von Anfang an unterstützen. Im Norden sind im Unterschied zu anderen Landesteilen noch viele Straßen und Brücken befahrbar, das erleichtert die Versorgung. Im Süden geht das oft nicht. Dort wirft das Militär Lebensmittel aus den Helikoptern. Das ist nur eine absolute Notlösung. Denn nur die Gesunden und Starken setzen sich beim Kampf um die Hilfsgüter durch.

Wie helfen Sie selbst konkret?

Wir haben Wassertanks installiert, mit denen wir 20 Flüchtlingscamps mit Trinkwasser versorgen. In einem Camp haben wir Latrinen gebaut - damit die Frauen auch unbeobachtet von den Männern sanitäre Einrichtungen nutzen können, das ist in islamischen Ländern sehr wichtig. Außerdem versorgen wir 5000 Menschen mit Nahrungsmitteln, die wir bei Händlern vor Ort gekauft haben, verteilen Hygienesets und Zelte.

Treiben Sie damit nicht die Preise nach oben - und schaden so jenen, die sich noch selbst Nahrungsmittel kaufen können?

Wir haben tatsächlich auf einigen Märkten Preissteigerungen bemerkt und sind deshalb auf andere Märkte ausgewichen. Wir sprechen uns diesbezüglich auch mit anderen Hilfsorganisationen ab. Sollten die lokalen Märkte aus dem Gleichgewicht geraten, könnte zum Beispiel das Ernährungsprogramm der Vereinten Nationen einspringen und Güter verteilen.

Wie sehr konkurrieren Sie bei den Hilfslieferungen mit den Taliban?

Dass es einen Wettlauf mit den Taliban gibt, kenne ich selbst nur aus den Medien. In dieser Gegend sind wir noch nicht auf Taliban-Helfer gestoßen. Die Einheimischen erzählen, dass die Taliban in dieser Gegend keine Rolle spielen. Über die anderen Gegenden kann ich nichts sagen. Diesbezüglich ist die Situation in Pakistan sehr unterschiedlich.

Viele deutsche Spender sind im Urlaub

Hilfe ist auch immer Werbung in eigener Sache. Woher wissen die Leute, woher die Lieferungen kommen?

Unser Schriftzug ist dann zu sehen. Die Leute fragen dann nach, und wir erklären, dass wir ein christliches Hilfswerk aus Deutschland sind. Die Resonanz ist sehr positiv.

Versuchen die Behörden, die Lieferungen umzudeklarieren und als eigene Hilfslieferung zu propagieren?

Das ist bei uns ausgeschlossen. Wir bringen die Hilfsgüter ja nicht ins Land, sondern erwerben sie hier. Ich kann sehen, wie die Nahrungsmittel gekauft, gekocht und verteilt werden. Würden sie unter einem anderen Namen verteilt, würden wir uns weigern. Aber natürlich ist Ihre Frage nicht abwegig. Nach der Flutkatastrophe in Birma hat das Militär viele Lieferungen zentral gesammelt und ausgeliefert - und auch für sich propagiert.

Warum spenden die Deutschen für Pakistan weniger als beispielsweise nach dem Erdbeben für Haiti?

In Pakistan hat sich die Katastrophe schleppend entwickelt. Am Anfang dachte man noch, dass es sich nur um schwere Monsunregen handelt. Viele deutsche Spender sind im Urlaub unterwegs. Außerdem schreckt einige ab, dass Pakistan in einigen Gebieten Rückzugsgebiet der Taliban ist. Überhaupt ist der Bezug weniger emotional als zu Haiti.

Reichen die Spenden überhaupt aus?

Unser Hilfswerk ist mit den (bisherigen) Spenden zufrieden, aber natürlich brauchen auch wir noch mehr Gelder. Die Ausmaße der Flutkatastrophe sind noch nicht abzusehen. Die Kosten für den Wiederaufbau werden enorm sein. Ohne Hilfe aus dem Ausland schafft es Pakistan nicht.