Enttäuschend startet der Weltmeister in die EM-Qualifikation. Gegen Irland lässt sich die Nationalmannschaft in der Schlussphase den Sieg abnehmen. Am Ende steht ein 1:1.
Gelsenkirchen - Allein mit fehlendem Glück wollten die Weltmeister den schlechtesten Qualifikationsstart in der Geschichte der deutschen Nationalmannschaft nicht mehr begründen.
"Das ist kein Pech. Das haben wir uns selber eingebrockt", erklärte Ersatzkapitän Manuel Neuer nach dem blamablen 1:1 (0:0) gegen die biederen Jungs von der Grünen Insel. Aus den gejagten WM-Champions sind in nur vier Tagen plötzlich Jäger geworden auf dem Weg zum nächsten angestrebten Titel bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich.
Nie starteten die Deutschen schlechter
Die Qualifikation ist bisher mit vier Punkten und 3:4 Toren aus drei Partien alles andere als planmäßig gelaufen. Nie ist Deutschland seit der ersten Ausscheidungsrunde für die WM 1938 schlechter gestartet. "Wir hätten uns das auch anders vorgestellt, dass wir mit mehr Punkten aus den Oktober-Spielen kommen", erklärte Bundestrainer Joachim Löw. "Das haben wir uns aber auch selbst zuzuschreiben, weil wir in den letzten fünf, sechs Minuten das Spiel nicht mehr unter Kontrolle hatten", sagte er zur Partie vor 51 204 Fans auf Schalke.
Die Gründe für die Schwierigkeiten, nach dem emotionalen Titelgewinn vor drei Monaten in Brasilien wieder in den reibungslosen Quali-Sieger-Modus umzuschalten, sind vielschichtig. Nur noch 13 der 23 Weltmeister standen gegen Irland zur Verfügung. Die Ausfall-Liste ist lang, die Mannschaft hatte ein völlig neues Gesicht. "Bei Einigen fehlte in manchen Momenten die geistige Frische. Wir haben noch nicht das Tempo und die Präzision, das hatte ich fast erwartet. Man kann auch nicht erwarten, dass jeder nach dieser WM im Vollbesitz der geistigen und körperlichen Kräfte ist", meinte Löw, der für grundlegende neuen Überlegungen keinen Grund sieht.
Nachrückern fehlt es an Erfahrung
Den jungen Nachrückern wie Erik Durm (22), Antonio Rüdiger (21), Julian Draxler (21) oder Matthias Ginter (20) fehlt es noch an internationaler Erfahrung sowie Klasse - und starken Ziehvätern. "Khedira, Schweinsteiger, Lahm haben ganz jungen Spielern Halt gegeben in schwierigen Momenten, auf und neben dem Platz. Die Typen sind im Moment nicht da", bemerkte Löw, auch wenn er beobachtet hat, "dass Neuer, Kroos, Hummels, Müller und Boateng mehr in die Verantwortung gehen". Ein außergewöhnlicher Ideengeber wie Marco Reus auf dem Platz wird ebenfalls schmerzlich vermisst.
Dennoch hatte die junge deutsche Ersatz-Auswahl genug Chancen, das 0:2 in Polen und das 1:1 gegen Irland zu verhindern. Es fehlte aber die letzte Konsequenz, die lockere Überlegenheit verleitete offenbar zu ein paar Prozenten weniger Entschlossenheit. "Man muss sich aussprechen und man muss den Ernst der Lage erkennen und aufwachen und die nächsten Spiele alle gewinnen", forderte der Münchner Innenverteidiger Boateng. Gegen Irland verhinderten ein Stück Angst gepaart mit Naivität und einer ganzen Fehlerkette nach dem Führungstreffer von Toni Kroos (71.) den Erfolg. John O'Shea ließ in der letzten Minute der Nachspielzeit den großen Außenseiter jubeln.
Und nun? "Dass das als Krise dargestellt wird nach außen ist klar, wenn man aus zwei Spiele nur einen Punkt mitnimmt als Deutschland, das ist nicht unser Anspruch", sagte Lukas Podolski, der in Halbzeit zwei keine großen Akzente setzen konnte. Den Zeitpunkt für personelle Korrekturen etwas in den Angriffspositionen, sieht Löw derzeit noch nicht. "Wir kennen unsere Spieler, wissen um ihre Qualitäten. Das war alles nicht völlig unerwartet", bemerkte der Weltmeister-Coach. Und im kommenden Jahr, so Löw lächelnd, "schlagen wir wieder zurück".