Nach dem bahnbrechenden Rekordtor von Miroslav Klose steht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ganz dicht vor der WM-Teilnahme in Brasilien. Foto: dpa

Fast 40 Jahre stand die einsame 68-Tore-Bestmarke von Gerd Müller. Im Prestigeduell gegen Österreich zieht Miroslav Klose mit dem deutschen Rekordtorjäger gleich. Und der 35-Jährige ist noch nicht am Ende.

Nach dem bahnbrechenden Rekordtor von Miroslav Klose steht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ganz dicht vor der WM-Teilnahme in Brasilien. Angeführt von Kapitän Philipp Lahm in dessen 100. Länderspiel rang die DFB-Auswahl am Freitagabend in München den aufmüpfigen Nachbarn Österreich mit 3:0 (1:0) nieder. Klose zog mit seinem 68. Länderspieltor in der 33. Minute mit dem deutschen Rekordtorschützen Gerd Müller gleich.

Vor 68.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz Arena erhöhte Toni Kroos kurz nach der Pause mit einem satten 20-Meter-Schuss (51.). Thomas Müller rundete den gelungenen Abend in der 88. Minute ab. Neben den drei Punkten durfte sich Bundestrainer Joachim Löw auch darüber freuen, dass seine Elf endlich wieder kompakter agierte und nach den hitzigen Abwehrdebatten mit ein bisschen Glück hinten die Null hielt. Der Wahl-Römer Klose bewies, dass er auch im reifen Alter ein Torjäger allererster Güte ist. Auf Flanke von Gerd-Müller-Namensvetter Thomas drückte er den Ball im Stile eines echten Mittelstürmers zum Führungstor über die Linie. Im 129. Länderspiel knackte er damit die 39 Jahre alte Bestmarke des „Bombers der Nation“. „Irgendwann wird der Rekord sowieso fallen“, hatte Klose in den vergangenen Monaten immer wieder betont. Nach zuletzt neun Gegentoren in drei Test-Länderspielen und heftiger Kritik präsentierte sich die Defensivabteilung trotz einiger Wackler in der zweiten Halbzeit insgesamt wieder sattelfest.

Beim Jubiläum von Lahm, der vor dem Spiel von Verbandschef Wolfgang Niersbach geehrt wurde, blieb die Hintermannschaft erstmals seit März (3:0 in Kasachstan) wieder ohne Gegentor. Von der ersten Minute an wurde deutlich, dass Löws Team in der Rückwärtsbewegung die zuletzt so schmerzlich vermisste Kompaktheit und Stabilität wiedergewonnen hat. Das war vor allem ein Verdienst von Sami Khedira und Toni Kroos auf der Doppel-Sechs. Kroos rechtfertigte seinen Einsatz zudem mit seinem fünften Länderspieltor. Aber auch Jerome Boateng und Hummels-Vertreter Per Mertesacker in den Innenverteidigung lösten ihre Aufgabe solide.

Özil fühlt sich in Rolle als Ballverteiler wohl

Vier Tage nach Bekanntgabe seines 50-Millionen-Euro-Transfers zum FC Arsenal fühlte sich Mesut Özil in der Rolle des Ballverteilers sichtlich wohl, wenngleich dem Regisseur bei seinem risikoreichen Spiel nicht alles gelang. Die mit fünf Deutschland-Legionären angetretenen Österreicher erwiesen sich als hartnäckiger Widersacher und wiesen ihren Reifeprozess unter Coach Marcel Koller nach. Im Frust über die Niederlage leisteten sich die Gäste in der Schlussphase allerdings einige grobe Fouls. Bei spätsommerlichen Temperaturen dauerte es einige Zeit, ehe die deutsche Mannschaft in einer bissig geführten Partie mit wenig Spielraum für die Angreifer und vielen Zweikämpfen Oberwasser bekam. Mit einem Aufsetzer von der Strafraumgrenze gab Khedira in der zehnten Minute den ersten gefährlichen Schuss auf das Gehäuse von Robert Almer ab, doch der Ball flog um Haaresbreite vorbei.

Ein Fehler des Schalkers Christian Fuchs eröffnete Sekunden später Klose eine erste Chance, doch der Wahl-Römer schoss etwas eigensinnig aus spitzen Winkel ans Außennetz. Die deutsche Abwehr war jederzeit Herr der Situation, sieht man von Marcel Schmelzers etwas kurz geratener Kopfball-Rückgabe ab, die Neuer in Bedrängnis brachte (22.). Auf der Gegenseite bewahrte der überragende Cottbus-Keeper Almer seine Mannschaft gleich zweimal vor einem Rückstand. Zunächst rettete er gegen den von Özil mustergültig bedienten Marco Reus, dann parierte er auch den Kopfball des nachsetzenden Klose (28.). Lohn der ständigen Angriffsbemühungen war das viel bejubelte 1:0 durch Klose, der seit fast elf Monaten auf die Einstellung des Gerd-Müller-Rekordes gewartet hatte.

Erst kurz vor dem Halbzeitpfiff musste Neuer noch einmal zupacken, als er einen Gewaltschuss von Alexander Dragovic abfing. Nach einem Luftkampf mit dem Stuttgarter Harnik musste der angeschlagene Marcel Schmelzer nach der Pause für Benedikt Höwedes weichen und die Abwehr sich erstmal wieder neu sortieren. Andreas Weimann hatte in der Folge freie Schussbahn, zielte aber zu hoch (46.). Dann sorgte Kroos mit seinem ersten Tor im DFB-Trikot seit genau zwei Jahren für die Vorentscheidung. Der Münchner jagte den von Reus aufgelegten Ball aus gut 20 Metern dank seiner glänzenden Schusstechnik in die Maschen. Weitere Gelegenheiten, die zumeist von Özil oder Reus eingeleitet wurden, blieben ungenutzt. In der 57. Minute rettete Almer noch einmal glänzend gegen Müller, der aber zwei Minuten vor dem Ende doch noch zu seinem Tor kam.

Auf einen Jubel-Salto nach seinem langersehnten Rekordtor für Deutschland verzichtete Miroslav Klose lieber. Im reifen Alter von 35 Jahren achtet der Fußball-Nationalstürmer im Gegensatz zum spektakulären Torjubel früherer Zeiten verstärkt auf seine Gesundheit. „Das ist schon länger her, dass ich das gemacht habe. Ich will ja noch ein bisschen spielen“, sagte Klose nach dem 3:0 (1:0) gegen Österreich am Freitag in München grinsend am ZDF-Mikrofon.

Nach Tor Nummer 68 in bester Mittelstürmermanier zum 1:0 im WM-Qualifikationsspiel, mit dem der „ewige Miro“ den deutschen Rekordschützen Gerd Müller einholte, ballte er beim Jubel lediglich die Fäuste und sprang in die Arme von Thomas Müller. Der Bayern-Profi hatte den Ball scharf vor das Tor geschlagen - und Klose war entschlossen hineingerutscht und drückte den Ball aus fünf Metern ins Netz. Während Müller feixend seinen Anteil an Kloses Treffer herausstrich, lobte Kapitän Philipp Lahm den 35-Jährigen: „Er ist ein verdienter Nationalspieler, der sehr viel für den deutschen Fußball getan hat, deswegen freut mich das sehr.“

Klose gilt in der Nationalelf als Phänomen

39 Jahre gehörte dem heute 67 Jahre alten Müller die Bestmarke allein. Der einstige „Bomber der Nation“ hatte sie mit seinem Treffer zum 2:1-Sieg gegen die Niederlande beim zweiten deutschen WM-Titelgewinn 1974 ebenfalls in München aufgestellt, allerdings noch im Olympiastadion. „Irgendwann wird der Rekord sowieso fallen“, hatte Klose in den vergangenen Monaten immer wieder betont. Seit seinen Treffern 66 und 67 beim verrückten 4:4-Unentschieden am 16. Oktober 2012 in Berlin gegen Schweden hatte er auf sein Rekordtor warten müssen. „Das Tor bedeutet mir viel, aber ich habe die doppelten Anzahl an Spielen gebraucht“, erklärte Klose und wollte sich weiterhin mit Gerd Müller nicht vergleichen. Der einstige „Bomber der Nation“ hatte seine 68 Tore schließlich in nur 62 Länderspielen erzielt. Klose benötigte zur Egalisierung der 39 Jahre alten Bestmarke von Müller immerhin 129 Einsätze. „Gerd Müller darf man mit keinem anderen Stürmer vergleichen“, sagte Klose einmal. Er kennt Müller gut aus seiner Zeit als Profi beim FC Bayern München.

Im Zeitalter der vielen jungen Spieler in der Nationalelf gilt Klose als Phänomen. Auch mit 35 Jahren kann er das Tempo immer noch mitgehen. „Wenn man seine Gesamtleistung sieht, dann ist das schon fantastisch“, schwärmte Bundestrainer Joachim Löw. Die Bestmarke von Müller aus den 70er-Jahren zu brechen, „das hat man sich ja jahrelang gar nicht vorstellen können“, würdigte Löw die Leistung von Klose. Sein erstes Tor für Deutschland hatte der heutige Angreifer von Lazio Rom am 24. März 2001 in Leverkusen gegen Albanien erzielt. Klose war in der 72. Spielminute eingewechselt worden und köpfte bei seinem Länderspieldebüt zwei Minuten vor dem Abpfiff das Siegtor zum 2:1 in dem WM-Qualifikationsspiel. Ziel des gebürtigen Polen ist nun seine vierte WM-Teilnahme im kommenden Jahr in Brasilien. Dort könnte er mit dann 36 Jahren den WM-Rekordschützen Ronaldo einholen. Der Brasilianer hatte in seiner längst beendeten Karriere 15 WM-Treffer erzielt, Klose steht bei 14.