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Der Kapitän ringt mit sich: Soll er die Rolle des Bittstellers akzeptieren oder zurücktreten?

Köln - Wann es für einen alten Haudegen angeraten ist, besonders auf der Hut zu sein, zeigt sich häufig dann, wenn die jungen Spunde aufmucken und übermütig werden. Thomas Müller (20) ist so ein junger Spund. Bei der Pressekonferenz der Nationalmannschaft in Köln sagte der Bayern-Stürmer am Sonntag Bemerkenswertes. Gefragt nach der Zukunft von Michael Ballack in der DFB-Auswahl antwortete Müller: "Wenn er zu alter Form zurückfindet, führt kein Weg an ihm vorbei." Zusatz: "Aber mit der Mannschaft, die in Belgien gewonnen hat, sind wir auch gut gerüstet." Das lässt wenig Raum für Interpretationen - es geht auch ohne Ballack.

Nur wenige Kilometer trennen den Capitano, der im Sommer bei Bayer Leverkusen angeheuert hat, von der Mannschaft, der er vor der WM wegen seiner Verletzung abhanden gekommen war. Doch die geografische Nähe ist trügerisch: Was seine Zukunft angeht, ist Ballack weiter denn je von der DFB-Auswahl entfernt. Darüber täuscht auch nicht hinweg, dass sein Name im Kreis des WM-Dritten in Köln allgegenwärtig ist.

Lahm trägt die Binde so lange, bis Ballack wieder fit ist.

Wie geht es weiter mit Ballack (33)? Diese Frage führt in die Irre, denn tatsächlich ist die Tür für ihn zu. Bundestrainer Joachim Löw hat ihn zwar offiziell im Amt belassen, doch die Zeit und die Stimmung sind auf der Seite des WM-Kapitäns Philipp Lahm. Der Münchner trägt die Binde so lange, bis Ballack wieder fit ist. Das kann dauern, womöglich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. "Das ist seriös gar nicht einzuschätzen", erklärte sein Vereinstrainer Jupp Heynckes, "einen Zeitpunkt zu nennen ist nicht möglich."

Joachim Löw aber stellt das Leistungsprinzip über vergangene Verdienste. "Natürlich ist gerade in seinem Alter die körperliche Fitness sehr wichtig. Michael ist jedoch ehrgeizig, er stellt sich dem Konkurrenzkampf. Aber er muss seine Form wieder erreichen", betonte der Bundestrainer, wohlwissend, dass dieses alleinige Aufnahmekriterium ihm genügend Spielraum lässt, um die Planungen für die EM 2012 nach seinen Vorstellungen voranzutreiben.

Balack schweigt

Ballack schweigt in eigener Angelegenheit. Wortlos und scheinbar ratlos sinnt er auf eine Antwort. Was Ballack jetzt auch sagt - letztendlich muss seine sportliche Leistung für ihn und seine Rückkehr sprechen. Da mag es ihn befremden, dass Lukas Podolski und Miroslav Klose (zuletzt vor der WM) in ihren Vereinen schwach oder gar nicht gespielt haben, ohne dass Löw ihnen sein Vertrauen entzogen hätte. Zumindest ihr Platz im Kader war unumstritten. Ballack aber muss sich weit hinten anstellen.

Dass er in drei Wochen fit ist, wenn Löw den Kader für die nächsten beiden Qualifikationsspiele benennt, scheint ausgeschlossen. Für den Kapitän a. D. verheißt das nichts Gutes. Mit jedem weiteren Erfolg verfestigt sich der Ist-Zustand zu einer dauerhaften Lösung - pro Lahm, contra Ballack.