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Hymnen auf die deutsche Elf: Spielerlegende Uwe Seeler träumt schon vom Titel.

Pretoria - Spiele wie das 4:0 gegen Australien sind süß wie Schokolade - sie können süchtig machen. Und die Tage zwischen den Spielen sind zuweilen wie Gift - sie können dir den Kopf verdrehen. So geht es jetzt den deutschen Nationalspielern. Ihr härtester Gegner ist im Moment das Lob von allen Seiten. Nach dem glanzvollen Auftaktspiel übertreffen sich die Experten in Hymnen auf den Fußball made in Germany, erheben die deutsche Elf zum Titelkandidaten. Das ist gefährlich, denn der nächste Kontrahent ist ein schwer verdaulicher Brocken: Den Serben hilft nur ein Sieg, sonst ist die WM für sie schon zu Ende. "Wir müssen weiter hoch konzentriert arbeiten", fordert Bundestrainer Joachim Löw.

Die externen Experten flechten Kränze auf die deutsche Elf. Sie gehört zu den WM-Favoriten. "Sie war exzellent", sagt Trainer Milovan Rajevac vom letzten deutschen Vorrundengegner Ghana. Italiens Weltmeister-Trainer Marcello Lippi schwärmt: "Deutschland hat bislang den brillantesten Eindruck gemacht." Auch der Niederländer Wesley Sneijder vom Champions-League-Sieger Inter Mailand ist beeindruckt - und heilfroh, "dass wir Deutschland frühestens im Endspiel als Gegner bekommen können".

Was wird aus Michael Ballack?

Selbst im Umkreis der DFB-Auswahl gibt es fast kein Halten mehr. "Wir müssen bei dieser WM niemanden fürchten", sagte Rudi Völler bei seinem Besuch im Mannschaftsquartier, "mit der richtigen Einstellung wird auch das Siel gegen Serbien gewonnen, und man steht schon im Achtelfinale." Ehrenspielführer Uwe Seeler denkt sogar noch weiter: "Ich bin überzeugt, dass wir auf jeden Fall ins Viertel- oder Halbfinale kommen. Und wenn wir im Halbfinale sind, dann kommen wir auch ins Finale, und dann ist alles möglich."

Nicht alles, was so gequasselt wird, ist auch logisch. Denn dass die deutsche Mannschaft schon im Achtelfinale auf ein Kaliber wie England treffen (und ausscheiden) kann, lässt Uwe Seeler außer Acht. Für die deutschen Spieler kann das alles nur heißen: Jetzt bloß nicht abheben! Fürs Erste scheint die Gefahr gebannt. "Wir sind nicht die Übermannschaft, aber verstecken müssen wir uns auch nicht", sagt Thomas Müller zwar. Andererseits weiß er: "Mit dem Lob muss man vorsichtig sein. Wenn wir gegen Serbien verlieren, werden wir zerfleischt."

Derweil wirft der Auftaktsieg noch eine ganz andere Frage auf, die sich bei jedem weiteren Erfolg noch dringender stellt: Was wird nach der WM aus dem verletzten Michael Ballack? "Wir haben gezeigt, dass wir auch ohne ihn sehr gut spielen können. Die Mannschaft hat Charakter bewiesen", sagte der neue Kapitän Philipp Lahm. Das klingt doch schon wie die erste Absetzbewegung.