Hat den Durchblick bei der EM: Linksaußen Klara Bühl Foto: AFP/Sebastien Bozon

Linksaußen Klara Bühl, an der der FC Barcelona großes Interesse hatte, fordert mit der DFB-Elf im EM-Halbfinale Spanien – mit einer besonderen Qualität.

Klara Bühl (24) hätte dorthin wechseln können, wo der Großteil der Stammelf des Halbfinalgegners der DFB-Elf von Erfolg zu Erfolg eilt. Der FC Barcelona klopfte dem Vernehmen nach laut an bei der Außenstürmerin des FC Bayern. Doch Bühl machte die Tür nicht auf. Sie verlängerte ihren Vertrag kürzlich bis 2027 dort, wo sie sich am wohlsten fühlt – in ihrem fußballerischen Wohnzimmer in München. Bühl trifft damit im großen EM-Halbfinale von Zürich an diesem Mittwoch gegen Weltmeister Spanien (21 Uhr/ARD) nicht auf viele potenzielle künftige Teamkolleginnen, die in den vergangenen fünf Jahren mit Barça dreimal die Champions League gewonnen haben.

 

„Dass von so einem Verein Interesse kommt, macht mich stolz“, sagt Bühl über die Avancen des FC Barcelona: „Ich muss zugeben, ich habe das eine oder andere Mal darüber nachgedacht.“ Sie habe aber ihrem „Bauchgefühl“ vertraut und darauf, dass „ich noch eine lange Karriere vor mir habe, um eine solche Chance wahrzunehmen“. Sie habe gemerkt, so Bühl weiter, „wie wichtig es ist, dass ich mich wohlfühle. Und außerdem steht für mich das Geld nicht an erster Stelle – ich sehe die Chance, mit Bayern die Champions League zu gewinnen.“

Bühl sieht kurzfristiger gedacht auch die Chance, mit der DFB-Elf in der Schweiz den EM-Titel zu holen. Das betonte sie auch in den schweren Tagen nach dem 1:4 im letzten Gruppenspiel gegen Schweden. Nach dem famosen Viertelfinalkampf gegen Frankreich darf sie sich bestätigt fühlen.

Im Halbfinale will sie gegen den Weltmeister wieder ihre Qualitäten auf den Platz bringen. Warum die Spanierinnen großen Respekt vor ihr haben und der FC Barcelona sie holen wollte, zeigte sie bei der EM zwar nicht immer, aber meistens – weshalb Bühl zu den positiven deutschen Erscheinungen im Turnierverlauf zählt. Linksaußen Bühl ist beidfüßig stark, hat einen technisch guten, satten Abschluss, ist schnell, hat ein großes Durchsetzungsvermögen, rennt nimmermüde rauf, runter und nach vorne an – und ist obendrein eine gefährliche Eckenschützin. So wie im Viertelfinale, als sie so das 1:1 durch den Kopfball von Sjoeke Nüsken vorbereitete.

„Ich kenne niemanden, der so beidfüßig ist wie sie“, sagt der Bundestrainer Christian Wück über Bühl: „Diese Qualität besitzen im Frauen- und im Männerbereich nur sehr, sehr wenige.“ Ein kraftvoller Antritt, mit einer Finte vorbei an der Gegenspielerin und ein Schuss von halb links oder eine Flanke, aus dem Halbfeld oder von der Grundlinie – egal, ob mit rechts oder links: das ist Bühls Spiel, das sich früh entwickelt hat.

So begann ihre Karriere einst im Schwarzwald bei der Spielvereinigung Untermünstertal, ehe sie im Jahr 2013 im Alter von 13 Jahren in die Jugend des SC Freiburg wechselte. Bereits im Alter von 15 Jahren gab Bühl dann ihr Debüt in der Bundesliga für den SC. 2020 folgte der Wechsel zum FC Bayern, wo sie ebenfalls schnell durchstartete.

Bühl zählt mit 24 Jahren zu den Routiniers

Bei diesem rasanten, frühen Aufstieg verwundert es kaum, dass Bühl mit ihren 24 Jahren längst zu den Routiniers in der DFB-Elf zählt und seit knapp sechs Jahren schon eine Konstante ist, egal unter welchem Trainer. 71 Länderspiele hat Bühl bereits – bei der EM sollen jetzt noch zwei dazukommen.

Dafür müssen für den Finaleinzug erst einmal die Spanierinnen geschlagen werden. Bühl soll im besten Fall den Unterschied ausmachen mit ihren Fähigkeiten, die sich auch aus einem auf den ersten Blick fußballfremden Gebiet speisen. So absolviert Bühl seit mehreren Jahren neuroathletisches Training, das das Gehirn und das Nervensystem in den Fokus rückt, um so die Leistungsfähigkeit des Körpers zu verbessern. Durch Übungen, die das Nervensystem stimulieren, sollen die Körperwahrnehmung, Reaktionsfähigkeit, motorische Kontrolle und damit am Ende die Leistung gesteigert werden. Inzwischen macht Bühl selbst eine Neuroathletik-Ausbildung.

Und wer weiß, womöglich kommt ihr dieses Fachgebiet auch bei ihrem liebsten Hobby zugute. Klara Bühl häkelt gerne – bei den vergangenen Turnieren wurden aus ihren Hand-Werken sogar jeweils teaminterne Maskottchen der DFB-Elf. Für die WM 2023 häkelte Bühl einen Koala namens „Waru“, der in kurzer Zeit populär wurde. Für die Olympischen Spiele 2024 erschuf sie Maskottchen „Ottienne“, einen Otter, benannt nach einer der Spielstätten, mit typischer Baskenmütze und Picknickkorb. „Ich probiere immer wieder neue kreative Sachen aus – neben Häkeln zählen dazu auch Kochen und Keramik bemalen“, sagt Bühl: „Ich liebe es einfach, kreativ zu sein.“

Auf dem Platz beidfüßig, daneben beidhändig – Klara Bühl ist irgendwie anders als die anderen.