Findet die Idee von Mario Czaja daneben: Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

CDU-Generalsekretär Mario Czaja will, dass auf Pausenhöfen Deutsch gesprochen wird. Warum Lehrer- und Migrantenvertreter das scharf kritisieren.

Wäre es nach den Vorstellungen von CDU-Generalsekretär Mario Czaja gegangen, hätte sie es wohl nicht zur Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg geschafft. Davon ist die Grünen-Politikerin Muhterem Aras überzeugt.

„Ich kam 1978 nach Deutschland und wurde in die fünfte Klasse einer Hauptschule eingeschult – ich sprach kein Wort Deutsch“, schreibt sie auf ihren Profilen in den Sozialen Medien, und weiter: „Hätten meine Lehrerinnen mich im Sinne Czajas als Sprachpolizei isolieren müssen, wäre dieser Weg nicht möglich gewesen.“ Aras reagiert auf die Ideen, die der CDU-Mann in einem Interview mit der „Welt“ öffentlich gemacht hatte. Darin sagt er: „Es geht nicht, dass auf den Schulhöfen andere Sprachen als Deutsch gesprochen werden.“ Schulen müssten das seiner Meinung nach kontrollieren.

Landtagspräsidentin Aras hält ein Deutschgebot auf Schulhöfen hingegen für rechtswidrig. Sie verweist auf einen Fall im Schwarzwald-Baar-Kreis. Dort hatte sich eine Grundschülerin mit ihrer Freundin auf Türkisch unterhalten und deshalb eine Strafarbeit bekommen. In einem vor Gericht geschlossenen Vergleich räumte die Schulaufsicht vergangenen Herbst ein, dass diese Zusatzarbeit rechtswidrig war.

„Populistische Forderung“

„Eine veraltete populistische Forderung“, nennt Gökay Sofuoğlu, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, den Vorstoß Czajas. Mit solchen Aussagen würde die CDU der Vielfalt Deutschlands nicht gerecht. „Wir fördern keine Sprachen, Menschen, Qualifikationen, sondern ächten und verbieten sie“, sagt Sofuoğlu.

In eine ähnliche Richtung argumentiert der Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen (Laka). Dessen Vorsitzender Dejan Perc fordert, die Mehrsprachigkeit in Deutschland als Bereicherung zu begreifen. 44 Prozent aller Schülerinnen und Schüler im Land wachsen laut Laka zwei- oder mehrsprachig auf. Natürlich sei es wichtig, dass Kinder gut Deutsch lernten, aber gleichzeitig müssten auch die Herkunftssprachen gefördert werden. Forschungen belegten „den positiven Effekt der guten Kenntnis von Herkunftssprachen auf die Deutschkompetenz“.

Kinder würden isoliert

Auch Lehrervertreter lehnen Czajas Ideen ab. Als „starkes Stück“ empfindet Gerhard Brand, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), dessen Forderungen: „Was löst es etwa in einem Kind aus der Ukraine aus, wenn seine Muttersprache in einer deutschen Schule verboten würde?“, fragt Brand. Solche Regeln würden schlimmstenfalls dazu führen, dass geflüchtete Kinder in den Pausen isoliert würden.

Brand räumt allerdings ein, dass es an manchen Schulen Gruppen von Schülern mit Migrationshintergrund gebe, die Probleme machten. Wenn sie sich in ihren Herkunftssprachen unterhielten, sei es für Lehrkräfte schwierig, diese zu kontrollieren. Ein Deutschgebot für diese Gruppen durchzusetzen, sei aber für Pausenaufsichten gar nicht möglich.

Forderung nach mehr Lehrern für Deutsch als Fremdsprache

Zustimmung bekommt der CDU-Politiker für seine Aussage, dass Sprache der Schlüssel zur Integration sei und Kinder deshalb möglichst schon mit guten Deutschkenntnissen in die Grundschule kommen müssen. Allerdings sagt Monika Stein, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, dazu: „Wer dafür die Bedingungen verbessern will, sollte zuerst dafür sorgen, dass frühe Bildung gestärkt und Grundschulen nicht weiter benachteiligt werden.“ Sie fordert – ebenso wie VBE-Kollege Gerhard Brand – mehr Lehrkräfte mit der Qualifikation Deutsch als Fremdsprache an den Schulen.

Keine Grundlage für die Diskussion sieht Gerhard Menrad, Geschäftsführender Leiter der Real-, Werkreal- und Gemeinschaftsschule in Stuttgart. Die meisten Schüler würden selbstverständlich Deutsch untereinander sprechen. „Fast alle Schüler mit Migrationshintergrund beherrschen Deutsch besser als die Sprache der Länder, aus denen die Familien kommen,“ so Menrad. „Es kommt aber vor, dass etwa ukrainische Schüler, die erst seit Kurzem bei uns sind, sich in ihrer Muttersprache unterhalten. Das wird aber mit der Zeit weniger werden.“