Wolfgang Stark ist der einzige deutsche Schiedsrichter, der in Südafrika pfeift. Foto: dpa

Wolfgang Stark ist auf der Insel schon ein Thema, bevor das Spiel überhaupt angepfiffen ist.

Pretoria/Rustenburg - Mitten in der Debatte um schwache Schiedsrichter-Leistungen bei der WM sorgte die Fifa ausgerechnet mit der brisanten Personalie Wolfgang Stark für neue Aufregung: Der Referee aus Ergolding kommt in Englands entscheidender Gruppenpartie am Mittwoch (16.00 Uhr) in Port Elizabeth gegen Slowenien zu seinem zweiten Einsatz in Südafrika - und pfeift dabei einen möglichen Achtelfinal-Gegner der Deutschen.

Die Insel-Presse ist in Aufruhr. „Englands Zukunft in deutschen Händen“, schreibt die „Daily Mail“.

Befürchtung: Stark pfeift im deutschen Interesse

Der frühere englische WM-Referee Graham Poll urteilte in seiner Kolumne für das Blatt: „Die Fifa hat mit Starks Berufung einen verstörenden Interessenkonflikt geschaffen. Der Schiedsrichter (...) könnte seinem Heimatland einen Gefallen tun, wenn er Steven Gerrard und James Milner verwarnt.“ Die beiden Profis wären dann gegen Deutschland gesperrt.

„Terrys Stark-Warnung an seine Teamkollegen: Erwartet keinen Gefallen von diesem Schiedsrichter“, hieß es im „Daily Express“. Hintergrund: Stark pfiff im März das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League zwischen dem FC Chelsea und Inter Mailand (0:1) und erntete Kritik, unter anderem weil er Didier Drogba Rot zeigte. Chelsea-Kapitän John Terry warf dem Referee mangelnden Respekt vor.

Prompt bezeichnete das Londoner Gratisblatt „Metro“ nun Stark als „Terrys Erzfeind“.

Während England die Schiedsrichter-Ansetzung diskutiert und die Fußball-Welt über die vielen WM-Fehlentscheidungen aufgebracht ist, geht es auf den zwei Trainingsplätzen der Odendaal High School in Pretoria beschaulich zu: Jeden Morgen von neun bis halb zwölf Uhr trainieren hier die 29 Referees und ihre Assistenten.

Auf einem Rasen werden mit Kickern der Uni-Mannschaft Abseitsstellungen geprobt und gleich auf einem Fernsehschirm ausgewertet. Auf dem anderen Platz bolzen Stark und Co. Kondition und singen beim Auslaufen sogar ein afrikanisches Lied mit ihren Sparringspartnern.

Beschallt ist die Anlage mit Vuvuzela-Klängen, damit sich die Spielleiter an die Geräuschkulisse dieses Turniers gewöhnen.

Die Referees stehen unter der Fuchtel der Fifa: Sie dürfen weder die Spiele, die vor ihnen liegen, noch jene, die hinter ihnen liegen, und schon gar nicht die ihrer Kollegen kommentieren. „Es gibt bei so einem Turnier Höhen und Tiefen, aber es zeichnet das Schiedsrichter- Team aus, dass es keinen Konkurrenzkampf gibt. Ich habe nie einen Kollegen kritisiert, und dabei bleibe ich“, erklärt Stark.

Fifa-Präsident Joseph Blatter hatte die Spielleiter vor dem WM-Anpfiff besucht und ihnen erklärt: „Sie sind die 33. Mannschaft bei diesem Turnier - das Fifa-Team.“

Stark ist gelassen

Stark lässt sich jedenfalls nicht verrückt machen. „Es gehört zu meiner Persönlichkeit, dass man versucht, die Ruhe selbst zu sein. Druck hat man in jedem Spiel, egal ob in der Bundesliga oder bei der WM. Ein Kreisliga-Schiedsrichter steht auch 90 Minuten im Blickpunkt.“ In täglichen Meetings werden Spiele aufgearbeitet und die Schiedsrichter gebrieft.

Stark betonte jedoch, dass es „keine spezielle Anweisungen“ zu Regelauslegungen vom Weltverband gegeben habe. Bei den Konferenzen sind die acht Fifa-Instruktoren dabei, dort wird auch bekanntgegeben, wer welche Partie pfeift.

Je weiter die deutsche Mannschaft in Südafrika kommt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Stark in der Endphase des Turniers noch einmal zum Einsatz kommt. Der Bankkaufmann drückt dennoch der DFB-Auswahl die Daumen. „Ich bin einfach zu sehr Fußballer. Uns kann nichts Besseres passieren, als dass Deutschland das Endspiel erreicht und damit viele junge Leute zum Fußball kommen.“