Toni Kroos (links) und Robin Koch haben schon erfolgreichere Tage in ihrer Fußballerkarriere erlebt. Foto: Acuna/dpa

Fußball: "Das war eher eine Sieben als eine Sechs". Stimmen aus der lokalen Fußballszene. Niederlage in Nations League.  

Von ungläubigem Erstaunen bis fast schon blankem Entsetzen, die Reaktionen der Fußballfans nach dem 0:6 der deutschen Nationalmannschaft in der Nations League in Spanien fallen auch bei den Anhängern im Kreis Calw unterschiedlich aus.

Millionen von Fernsehzuschauer haben das historische Debakel von Toni Kroos und Co. gesehen. Es war die höchste Niederlage des Nationalteams seit 89 Jahren.

Eine Umfrage zeigt, dass die Mannschaft von Trainer Joachim Löw einiges tun muss, um wieder zu dem Image zu kommen, das sie selbst für sich beansprucht.

Kai-Uwe Winkler, Vorsitzender des SV Pfrondorf/Mindersbach, spricht sich für weniger Länderspiele aus und meint: "Eine Nations League braucht kein Mensch." Er wünscht sich, dass die Nationalmannschaft ergebnisorientierter auftritt, dass nicht zu viel experimentiert wird und dass die Deutschen auch ge-gen namhafte Gegner endlich mal wieder zeigen müssen, dass sie eine Fußballmacht sind.

"Joachim Löw hat keine Alleinschuld an der Misere"

Kai-Uwe Winkler könnte sich vorstellen, dass ein Trainerwechsel neuen Schwung bringt, andererseits will er Joachim Löw auch nicht die Alleinschuld an der Misere zuschieben: "Er hat keine einfache Aufgabe mit den ganzen Vorgaben der einzelnen Vereine über die Belastungssteuerung der Spieler." Mats Hummels und Thomas Müller würde er gerne wieder im Trikot der Nationalmannschaft sehen: "Das sind absolute Leader. Die könnten die Mannschaft führen." Wäre also noch die Frage offen, ob er das 0:6 eher mit Humor genommen hat oder ob ihn dies eher genervt hat. Die Antwort ist eindeutig: "Wenn eine Niederlage einen Fußballer – egal ob als Fan oder als aktiver Spieler – nicht nervt, dann hat er den falschen Sport gewählt." Klaus-Dieter Kühlmann, Vorsitzender des VfL Ostelsheim, meint zu den 90 Minuten von Sevilla: "Das war so schlecht, da ist es dir beim Zuschauen schwindelig geworden. Die haben sich einfach in ihrem Schicksal ergeben. Als Trainer hast du in so einer Situation keine Chance mehr. Nach dem 0:3 zur Halbzeit war klar, dass da keiner mehr einen Fuß hinhält und eine Verletzung riskiert. Die müssen alle am Wochenende wieder spielen." Für Klaus-Dieter Kühlmann liegt das Problem am System Fußball als Gelddruckmaschine. "Die haben alle ein Riesenprogramm, und dann kommt da ein Wettbewerb, den niemand außer der UEFA braucht. In der Vergangenheit hatten die Trainer eine Woche Zeit zur Vorbereitung, heute müssen sie in dieser Zeit drei Spiele absolvieren", stellt Kühlmann das System an den Pranger. Dazu würde die Mannschaft von den Medien im Vorfeld viel zu hoch eingestuft. "An Joachim Löw liegt es nicht. Es hatte sich doch abgezeichnet, dass es mit Spielern, die nicht einmal einen Stammplatz in der Bundesliga haben, international schwer werden würde. Ich gehe davon aus, dass der Bundestrainer weitermacht, denn auch ein Jürgen Klopp kann aus dem Kader keine Rennpferde machen. Ich würde mit Blick auf die Europameisterschaft niemand zurückholen, denn Spielern wie Thomas Müller müsste man eine Stammplatzgarantie geben, und dann würde die Unruhe sicher noch größer."

Jörg Mast, Spielleiter bei der Spvgg Bad Teinach/Zavelstein, hat von den 45 Minuten nur einen Teil gesehen, die zweite Hälfte des Spiels hat er sich erspart. "Es wird immer vom ›Team‹ gesprochen. Aber es ist leider keines. Es haben zwar viele Spieler auf dem Platz gestanden, die auch international spielen, trotzdem fehlt es offensichtlich an der nötigen Erfahrung." Von den jüngeren Spielern erwartet er noch mehr Engagement: "Die müssten doch mit dem Willen ins Spiel gehen, es den älteren und erfahreneren Spielern zu zeigen und sich dem Bundestrainer aufdrängen."

Thomas Kömpf, Trainer der SF Gechingen II, weiß aus langer Erfahrung, dass solche Pleiten im Fußball eben mal vorkommen. "Wir haben nur ein Spiel verloren. Das 0:6 war sicherlich desaströs, aber deswegen gleich alles infrage zu stellen, halte ich für falsch. Auch die ganze Personaldiskussion ist zu billig. Wir haben viele gute Kicker. Darum heißt es geduldig sein und weitermachen. Man muss einfach auch anerkennen, dass die Spanier in diesem Spiel in einen Lauf gefunden haben, und bei uns nichts zusammen gepasst hat. Solche Spiele gibt es immer wieder. Ich habe zwar gehört, dass es schon eine Krisensitzung gegeben habe, aber ich denke Joachim Löw besitzt genügend Kredit, um im Amt zu bleiben. Und dann ist da aus meiner Sicht noch die Frage: Wer soll es denn besser machen? Jürgen Klopp wird ganz sicher in England bleiben. Jürgen Nagelsmann ist ein guter junger Trainer, er muss sich seine Sporen aber noch verdienen, und einen Trainer aus dem Ausland zu holen, davon rate ich ab. Müller, Hummels oder Boateng würde ich nicht zurückholen.

"Müller, Hummels und Boateng würde ich nicht zurückholen"

Natürlich sind die für jede Elf eine Hilfe, aber es schwächt dich als Trainer und es schadet den anderen, die jetzt spielen. Das wäre nach meiner Ansicht nicht gut."

Es ist gewaltig der Wurm drin", stellt Trainerikone Horst Mayer fest. "Es ist keine Stimmung da, die Leute sind unzufrieden. So kann es nicht weitergehen." Die Alleinschuld will er dem Bundestrainer nicht zuschreiben, aber überzeugt ist er von ihm nicht mehr: "Man hat das Gefühl, dass er abgehoben ist und zum Teil sehr stur." Eine Antwort auf die Frage, ob aus der 0:6-Pleite vielleicht doch irgendwo etwas Positives zu gewinnen ist, will er nicht beantworten. Das spricht Bände.

Thomas Carle, Trainer des SV Sulz am Eck, meint: "Das war ein geniales Spiel. Es hat Spaß gemacht den Spaniern zuzusehen. Die Art wie die gespielt haben und mit zwei, drei Kontakten vor das deutsche Tor gekommen sind – fantastisch. Ich glaube die deutsche Mannschaft wurde von dieser Spielweise völlig überrascht. Sie ist es nicht gewohnt, so unter Druck zu geraten. Natürlich ist unsere Innenverteidigung unter internationalen Maßstäben derzeit nicht konkurrenzfähig. Das reicht gegen die Ukraine oder die Schweiz aber nicht gegen Spanien, Italien oder Portugal. Auch bei unseren Mittelfeldspielern wie Gündogan oder Kroos hat man gesehen, dass es ihnen an Geschwindigkeit fehlt. Zudem ist es ein Toni Kroos nicht gewohnt, dem Ball hinterher zu laufen. Um Joachim Löw mache ich mir keine Gedanken. Er hat einfach keinen guten Zeitpunkt zum Absprung gefunden, jetzt kann es sein, dass er gegangen wird. Alte Spieler zurückzuholen ist sicherlich eine Lösung, um kurzfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, denn gerade junge Spieler brauchen erfahrene Leute um sich, an denen sie sich aufrichten können.

Kein gutes Haar lässt Erich Frey aus Simmersfeld, Obmann der Schiedsrichtergruppe Calw, am Auftritt der deutschen Kicker. "Ich habe nicht alles gesehen Nach den beiden ersten Toren habe ich umgeschaltet. Von den drei letzten Toren habe ich zwei gesehen. Das hat mir gereicht. So kann und darf eine deutsche Mannschaft nicht auftreten Spätestens nach dem 0:2 hätte der Trainer reagieren müssen, aber da ist ja überhaupt nichts passiert. Da ist keiner da, der das Spiel mal antreibt. Wenn man mehr als eine Stunde braucht, bis man die erste Chance hat, dann sagt das doch alles. Wenn man Noten verteilen müsste, dann wären alle mit einer Sechs noch gut weggekommen, normalerweise hätten sie eine ›Sieben‹ verdient." Eine Ausnahme von der "Sieben" will Erich Frey dann doch noch machen. "Manuel Neuer hat an den Toren keine Schuld."

Willi Schwab, Spielleiter beim Bezirksligisten 1. FC Altburg, war in jüngster Zeit nicht mehr dazu gekommen, sich ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft anzusehen, das Spiel gegen die Spanier hat er gesehen. "Und dann gleich so eine Klatsche." Er spricht sich zwar klar für einen Verjüngungsprozess aus, doch dieser müsse mit mehr Bedacht angegangen werden. "Auf so erfahrene Spieler wie Müller oder Hummels hätte ich nicht verzichtet. Das sind Spieler, an denen jeder jüngere Spieler orientieren kann, auch wenn sie nur im Kader sind."