Es soll ja in entlegenen Ecken der Vereinigten Staaten von Amerika Menschen geben, die glauben, dass in Deutschland immer noch Adolf Hitler an der Macht ist. Eine Band wie Rammstein dürfte jene Hinterwäldler in ihrem Irrglauben bestärken: Gerieren sich doch die Mitglieder der Berliner Band, die am Samstag in der ausverkauften Schleyerhalle auftritt, als teutonische Berserker, karikieren mit rollendem R, finsteren Minen und faschistoiden Posen das Bild des hässlichen Deutschen und bedienen in ihrer Single "Pussy" fleißig-obszön Klischees: "Schönes Fräulein, Lust auf mehr / Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr / Schnaps im Kopf, du holde Braut / Steck Bratwurst in dein Sauerkraut". Die Industrial-Rocker, die natürlich keine Nazis, sondern eher provozierendes Gesamtkunstwerk sind, haben vor allem in den USA Erfolg und dürften derzeit mehr als jede andere Band das Bild der Deutschen im Ausland prägen.
Zuvor waren dafür Kraftwerk zuständig. Das vor 30 Jahren gegründete Projekt von Elektro-Avantgardist Ralf Hütter darf noch heute als der Taktgeber des modernen Pop gelten. Nicht nur Kraftwerks Stil- und Genrevorgaben sind nach wie vor gültig, sondern auch die Selbstinszenierung als Mensch-Maschinen. Welchen Eindruck diese gefühlskalte Automatenästhetik aus Deutschland im Rest der Welt hinterlassen hat, lässt sich bis zum US-Film "The Big Lebowski" zurückverfolgen, in dem nihilistische Kraftwerk-Epigonen, die sich Autobahn nennen, dem Dude (Jeff Bridges) das Leben schwermachen.
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