Die Bahn und der Luftfahrtverband wollen die bessere und schnellere Erreichbarkeit von Flughäfen an die Schiene voranbringen.
Kurzflüge sind wegen des hohen Schadstoffausstoßes besonders umweltschädlich und umstritten. Für mehr Klimaschutz sollen innerdeutsche Flüge verringert und möglichst durch Bahnfahrten ersetzt werden. Dazu wollen die Deutsche Bahn AG und Airlines mit einem Aktionsplan beitragen, der vor zwei Jahren startete. Der Staatskonzern und der Bundesverbands der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) haben nun eine erste Zwischenbilanz präsentiert, wonach die Verlagerung von Flügen auf die Schiene vorankomme.
„Wo Luftfahrt und Bahn kooperieren, verzeichnen wir zweistellige Wachstumsraten“, sagte DB-Vorstand Michael Peterson in einer Online-Pressekonferenz. Teil des Erfolges seien die ausgebauten Zubringerverkehre auf der Schiene zum größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main. Wenn es gelinge, Verkehrsträger intelligent zu vernetzen, so Peterson, „gewinnen wir mehr Menschen für klimafreundliche Mobilitätsketten“. Die Nachfrage bei den inzwischen elf schnellen ICE-Verbindungen zwischen großen Städten sei vergangenes Jahr um 45 Prozent gegenüber 2019 gewachsen.
BDL und DB fordern ICE-Neubaustrecke zum Flughafen München
BDL-Präsident Jost Lammers erklärte, der Aktionsplan bringe „neue Schubkraft“ für gemeinsame Angebote und die Beschleunigung von Bahnfahrten zwischen den Metropolen. Zudem habe Corona die Reiseströme besonders im innerdeutschen Verkehr verändert. Die Zahl der Flugpassagiere mit Start und Ziel in Deutschland habe voriges Jahr nur noch bei 24 Prozent des Aufkommens von 2019 gelegen, betonte Lammers unter Bezug auf eine Verkehrsstromanalyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Dringenden Handlungsbedarf sehen der BDL wie der bundeseigene DB-Konzern bei der besseren Anbindung des zweitgrößten deutschen Flughafens München, der einst 29 Kilometer nördlich der Bayernmetropole ins Erdinger Moos zementiert wurde und bisher nur mit der S-Bahn zu erreichen ist. Nötig sei eine Neubaustrecke zum Airport für die direkte Anbindung an den Fernverkehr parallel zur Autobahn A9, forderte Lammers. Es sei „sehr enttäuschend“, dass das Bundesverkehrsministerium diesen Vorschlag bisher nicht unterstütze und den Ausbau bestehender Strecken bevorzuge.
Die klimaschonende Bahn kann mit ihren Sprinter- und Zubringerzügen nicht nur bei Reisenden punkten, die auf nachhaltige Mobilität achten. Besonders das Luftfahrt-Drehkreuz am Main ist auf der Schiene besser erreichbar als je zuvor. Der DB-Konzern habe das Sitzplatzangebot zum Frankfurter Flughafen in diesem Jahr nochmals um bis zu 60 Prozent erhöht, betont Peterson. Bei Lufthansa Express Rail sei die Nachfrage voriges Jahr um 25 Prozent gewachsen und schon im Oktober 2021 wieder das Niveau des Vorkrisenjahres 2019 erreicht worden.
Mit Lufthansa Express Rail kann man bereits von 24 deutschen Städten per Zug den Frankfurter Flughafen erreichen und benötigt dafür nur noch ein Ticket, das bei An- und Abreise zum Airport im Zug gilt und im Flieger als Bordkarte. Inzwischen gibt es 240 Fahrten pro Tag, das Angebot hat sich fast verdoppelt. Auch Reisende aus Berlin, Hamburg, München, Dresden, Bremen, Osnabrück und Münster können es nun nutzen. Neben einer Sitzplatzreservierung ist eine Anschlussgarantie und automatische Umbuchung enthalten, falls sich der Zug verspätet und der Flieger weg ist.
DB-Konzern kooperiert schon mit 50 Airlines
Der DB-Konzern kooperiert zudem bereits mit über 50 Airlines, um Reisenden eine klimafreundliche Anreise zum Flughafen zu ermöglichen. Mit Rail & Fly können Reisende seit mehr als drei Jahrzehnten Zubringerzüge von allen 5600 Bahnhöfen in Deutschland aus zu den verschiedenen deutschen Flughäfen buchen. Das Angebot ist bei vielen Pauschal-Urlaubsreisen enthalten. Nach der Buchung kann man selbst eine Verbindung zum Airport auswählen und dann die An- und Abreise zum Urlaubsflug mit der Bahn absolvieren.
Daneben gibt es einige weitere Kooperationen der DB mit Airline wie Airline Connect (mit Easyjet und Vueling zum Berliner Flughafen BER), Swiss Air Rail (unter anderem Zugverbindung München-Zürich) und Good-for-Train-Tickets (Weiterreise im Zug bei Ausfällen im Flugverkehr wie bei Streiks oder Unwetter). Beratung und Unterstützung bieten Reisebüros.
Die Luftverkehrswirtschaft und die DB wollen mit ihrem Aktionsplan erreichen, dass sich wenigstens 20 Prozent der Reisenden auf innerdeutschen Flügen künftig für die Bahn entscheiden. Konkret sollen 4,3 Millionen Fluggäste für den Umstieg gewonnen werden. Bezugsjahr ist 2019, als noch rund 23 Millionen Reisende innerdeutsche Kurzflüge nutzten. Ein erheblicher Teil sind Zubringerflüge vor allem nach Frankfurt und München, den beiden deutschen Drehkreuzen, wo die meisten Interkontinentalflüge starten und ankommen.
Reiseverband rät zur Kompensation und CO2-Reduzierung
Der Deutsche Reiseverband betont auf Anfrage, Angebote wie Rail& Fly und Kooperationen für die innerdeutsche Bahnanreise zu Flughäfen begrüße man. Wer mit dem Flugzeug in den Urlaub fliege, könne die Klimabelastung durch Ausgleichszahlungen kompensieren. Vor der Kompensation stehe jedoch „immer idealerweise die Vermeidung von unnötigen, zum Beispiel innerdeutschen Flügen“.
In den Buchungssystemen von Reisebüros und Online-Reiseplattformen seien nachhaltige Reiseangebote gekennzeichnet. Berater sollen Kunden künftig noch stärker über CO2-Reduzierung und Kompensation informieren und beraten.