Bürgermeister Matthias Litterst hat im Gemeinderat mit deutlichen Worten überrascht: Die Gemeinde werde sich gegen neue Vorranggebiete für Windräder wehren. Littersts Sorgen: Bürger würden überlastet, die Akzeptanz für Windkraft könnte schwinden.
„Das Thema Windkraft ist derzeit wieder in aller Munde“, leitete Bürgermeister Matthias Litterst am Dienstagabend im Gemeinderat ein. So war er selbst vergangene Woche bei der Einweihung des Windrads auf dem Kallenwald – nur unweit der Schuttertäler Gemarkung – zu Gast. Auch die Stadt Lahr hat Ende April angekündigt, zwei neue Anlagen ans Netz bringen zu wollen. Litterst spielte allerdings vor allem auf einen Punkt an, der bei der Versammlung des Regionalverbands am heutigen Donnerstag auf der Tagesordnung steht: die Teilfortschreibung zur Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraft.
Was sich kompliziert anhört, könnte auf die Gemeinde Schuttertal handfeste Auswirkungen haben: Der Regionalverband legt Flächen fest, wo es in Zukunft leichter werden soll, Windräder zu bauen. Eine Karte in der Beschlussvorlage zeigt zahlreiche schraffierte Flächen rund um die drei Ortsteile Schuttertals.
„Nicht nur auf den Höhenzügen, sondern auch auf Flächen, die nahe an die Bebauung heranreichen, sollen nach jetziger Planung Vorranggebiete entstehen“, mahnte Litterst. Auch an solchen Orten, an denen die Gemeinde in Form von Teilflächennutzungsplänen Windkraftanlagen bislang verhindern konnte. „Dagegen wird sich die Gemeinde zur Wehr setzen. Im Rahmen der Offenlage werden wir, unterstützt durch einen Fachanwalt, Einwendungen erheben“, kündigte der Rathauschef an.
Anlagen haben optisch bedrängende Wirkung
Dabei werde man sich vor allem auf den sogenannten Überlastungsschutz berufen. Auf den Gemarkungen der Gemeinde, beziehungsweise unmittelbar angrenzend, stehen bereits jetzt 16 Windräder, schilderte Litterst im Gemeinderat. „Das, was wir haben, ist gut so“, ergänzt er am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch er spricht auch davon, dass Windräder eine „optisch bedrängende Wirkung“ hätten. Besonders dann, wenn in etwa zehn Jahren ein „Repowering“, also eine Erneuerung der Anlagen, ansteht. Die neuesten Modelle, wie etwa auf dem Kallenwald, sind inklusive Rotorblätter rund 250 Meter hoch – und damit deutlich höher als die bestehenden Windräder. „Ich kann auch nicht ausschließen, dass die Geräuschkulisse ein Thema wird“, sagt Litterst im Bezug auf den Flügelschlag der dann noch mächtigeren Rotorblätter.
Der Bürgermeister betont gegenüber unserer Redaktion, dass Energiewende nur gelingt, wenn ein Großteil sie befürwortet. Die bestehenden Windräder würden vom großen Teil der Schuttertäler akzeptiert. „Ich habe Angst, dass diese Akzeptanz signifikant schwindet“, erklärt Litterst.
Schon im April hatte der Bürgermeister erklärt, dass sehr behutsam mit der Ausweisung neuer Standorte umgegangen werden solle. Thema war damals eine neue, dann 17. Anlage auf dem Rotzeleck auf Biederbacher Gemarkung. Eine 18. Anlage ist auf dem Weißmoos bei Schweighausen geplant, „die wird sehr prominent“, prognostiziert Litterst. Er hebt hervor, dass die Gemeinde „seit vielen Jahren einen enormen substanziellen Beitrag zur Energiewende leistet“ und dies mit den beiden neuen Anlagen ebenfalls tun werde. Der Rathauschef fordert daher den Regionalverband Südlicher Oberrhein „nachdrücklich auf“, die Einwendungen Schuttertals im Lichte des Überlastungsschutzes zu berücksichtigen.
Kritische Flächen sollen Vorranggebiete werden
Rückendeckung erhält der Bürgermeister unter anderem von Gemeinderat Kurt Weber (CDU). Den Schweighausener stört, dass unter den Vorranggebieten „viele Flächen sind, die wir kritisch sehen“. Zum Beispiel am Regelsbach, wie er am Mittwoch im Gespräch mit unserer Redaktion erläutert. Für Weber ist klar: „Es dürfen gerne weitere Windräder dazukomme. Aber an bestehenden Standorten, wo es passt, und nicht überall.“
Der Gemeinderat wünscht sich, dass sensible Bereiche freigehalten werden. Deshalb solle man versuchen, den Druck auf den Regionalverband aufrechtzuerhalten.
Vorranggebiete
Der Regionalverband Südlicher Oberrhein weist Vorrangflächen aus, in denen Windenergieanlagen grundsätzlich möglich sind. Damit soll der Genehmigungsprozess für neue Windräder beschleunigt, die Energiewende schneller vorangetrieben werden. Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz des Landes sieht ein Mindestflächenziel für Windenergie von 1,8 Prozent der Landesfläche vor. Die Verbandsversammlung soll bei ihrer Sitzung in Bad Krozingen am heutigen Donnerstag die Teilfortschreibung beschließen. Anschließend geht es in die Offenlage.