Kämpferisch verteidigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag seine Ukraine-Politik. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Kanzler tritt im Bundestag dem Eindruck entgegen, dass der Ukraine-Konflikt alles andere lähme. Er will an seinen sozialpolitischen Vorhaben festhalten.

Der Kanzler muss warten. In der Generaldebatte des Bundestags hat der Oppositionsführer das erste Wort. Friedrich Merz beginnt in gedämpften Ton und staatsmännischer Geste. Er bedankt sich bei der Ampelkoalition, dass sie die Wünsche der Union beim Aufbau des Sondervermögens für die Bundeswehr „voll umfänglich“ erfüllt habe. Das ist dann auch das letzte freundliche Wort in Richtung der Bundesregierung.

„Was verschweigen Sie uns, Herr Bundeskanzler?“

Olaf Scholz hat in den vergangenen Wochen Angriffsflächen geboten. Für Merz liegt der Ball also auf dem Elfmeterpunkt. Er braucht nur einzuschieben. Das tut er dann auch genüsslich. Natürlich geht es immer um die Ukraine. „Sie reden jetzt mehr als sonst“, sagt Merz, „aber Sie sagen noch immer nichts.“ Die Verzögerungen bei den Waffenlieferungen hätten bei den Partnern in der Nato „Verstimmung, Enttäuschung und Verärgerung“ ausgelöst. „Was verschweigen Sie uns eigentlich, Herr Bundeskanzler?“, fragt Merz. „Gibt es eine zweite Agenda?“ Endlich solle Scholz erklären, warum er zum Beispiel nie sage, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen müsse. Immer heiße es nur, Russland dürfe nicht gewinnen und die Ukraine müsse fortbestehen. So bleibe Scholz Tag für Tag hinter seiner Zeitenwende-Rede vom Februar zurück. Deren Botschaften seien längst „verdampft und verdunstet“. Deshalb solle der Kanzler nun konkret sagen, welche Waffen geliefert werden. Dann kommt Merz noch einmal kurz auf das Sondervermögen für die Bundeswehr zurück und dieses eine Mal überrascht Merz mit einer Bemerkung: Hätte Scholz in seiner Zeit als Finanzminister nur die vollständige Abschaffung des Solizuschlags akzeptiert, hätte er nun den Spielraum gehabt, ihn als Soli für die Bundeswehr wieder einzuführen.

Bürgergeld und Kindergrundsicherung sollen kommen

Einen „merkwürdigen Einfall“ nennt Scholz das dann trocken. Er wirft Merz vor, sich in seiner Rede „durchgetänzelt“ zu haben. Der Kanzler will unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, die Regierung vergesse angesichts des Ukraine-Konflikts die heimischen Sorgen der Bürger, allen voran die Inflation. Deshalb packt er gleich zu Beginn eine handfeste Neuigkeit aus. Er lädt Arbeitgeber und Gewerkschaften zu einer „konzertierten Aktion“, um gemeinsam nach Wegen zu suchen, die Inflationslasten aufzufangen. Und das soll mehr werden als nur ein Meinungsaustausch. „Das wird ganz konkret. Alle werden etwas mitbringen müssen.“ Scholz bekennt sich trotz der angespannten Finanzlage auch zu den sozialpolitischen Zielen seiner Regierung. Das Bürgergeld, dass das Hartz-IV-Konzept ersetzen soll, die Kindergrundsicherung – „alles wird weiter vorangebracht“.

„Deutschland muss sich nicht verstecken“

Und dann eben doch die Ukraine. Scholz wirft Putin Imperialismus vor. Und er wiederholt seinen Satz, dass Putin nicht gewinnen darf. „Überheblich“ nennt er es, für die Ukraine weitere Kriegsziele zu definieren. Und dann folgt die Liste des bereits gelieferten Kriegsmaterials, der Ringtausch-Aktionen, um das Land mit Panzern zu versorgen, die von der Industrie abzuarbeitenden Panzerbestellungen der Ukraine und die Ankündigung, „das modernste Flugabwehrsystem der Bundeswehr“ an Kiew zu liefern. „Deutschland muss sich nicht verstecken“, fasst Scholz zusammen. Es handele „im Geleitzug mit den Partnern“. Dabei werde er „mit Besonnenheit das Für und Wider abwägen“. Genau die habe er beim Oppositionsführer vermisst.