Christoph Schneider, der Schlagzeuger von Rammstein, bricht sein Schweigen zu den Vorwürfen gegen Till Lindemann, den Sänger der Band.
Erstmals hat sich ein einzelnes Mitglied der Band Rammstein zu den Vorwürfen gegenüber Frontmann Till Lindemann geäußert. Christoph Schneider (57), seit 1994 Schlagzeuger von Rammstein, hat auf Instagram ein langes, sehr persönliches Statement veröffentlicht.
Überraschend deutlich geht er in der Erklärung auf Distanz zu Till Lindemann, auch wenn er zunächst einige Vorwürfe relativiert: „Nein, ich glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes (wie z.B der Einsatz von KO-Tropfen) passiert ist. Nein. Ich glaube nicht, dass etwas Verbotenes vor sich ging, habe so etwas nie beobachtet und dergleichen auch von niemandem aus unserer hundertköpfigen Crew gehört. Alles was ich von Tills Partys mitbekommen habe, waren erwachsene Menschen, die miteinander gefeiert haben“, schreibt er zunächst. Dann hängt er aber folgenden Satz an: „Und trotzdem sind anscheinend Dinge passiert, die – wenn auch rechtlich ok – ich persönlich nicht in Ordnung finde.“
„Ich fühle mich wie im Schock“
Nach einem Konzert der Band in München in der vergangenen Woche kursierten in den sozialen Medien bereits Bilder und Videos, die zeigten, wie Schneider am Ende der Show in Tränen ausbrach. In seinem Instagram-Statement schreibt er dazu: „Die Anschuldigungen der letzten Wochen haben uns als Band und mich als Menschen tief erschüttert. Euch Fans sicherlich ebenfalls. Ich fühle mich wie im Schock durch die Dinge, die in den sozialen Medien und der Presse über unseren Sänger geteilt und gedruckt werden. Dies ist für uns Bandmitglieder und die Crew ein Ab und Auf der Emotionen.“
„Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt“
Weiter schreibt Schneider, dass ihm wichtig sei, dass man „Tills Partys“ nicht mit den offiziellen Aftershowpartys von Rammstein verwechsle: „Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen. Mit eigenen Leuten, eigenen Partys, eigenen Projekten. Das hat mich traurig gemacht, definitiv.“
Schneider schreibt, er glaube Lindemann zwar, wenn er sage, dass er seinen privaten Gästen stets eine schöne Zeit bereiten wollte: „Wie diese Gäste sich das genau vorgestellt haben, unterscheidet sich jedoch anscheinend in einigen Fällen von seinen eigenen Vorstellungen.“
„Shelby hätte einen wunderschönen Abend verdient gehabt“
Schneider weist allerdings auch darauf hin, dass es jedem Gast im Backstagebereich jederzeit frei stehe, wieder zu gehen. Alle Flaschen seien versiegelt und würden vor den Augen der Gäste geöffnet. „Wir wollen, dass sich all unsere Gäste bei uns wohl und sicher fühlen“, schreibt er. „Es tut mir leid für alle, die sich bei uns backstage nicht wohlwollend behandelt oder unsicher gefühlt haben. Auch für Shelby, sie hätte ein tolles Konzert und einen wunderschönen Abend verdient gehabt.“ Die 24-jährige Nordirin Shelby Lynn hatte mit ihren Anschuldigungen den Fall ins Rollen gebracht.
Schneider fordert: Bitte kein Victim Blaming!
Christoph Schneider spricht sich zudem dafür aus, bei der Debatte nicht die Extreme zu füttern, „weder das durch unsere Gesellschaft noch nicht gezähmte Biest Social Media, noch paternalistische Tendenzen, Frauen Mitte 20 die Fähigkeit abzusprechen, selbstbestimmt über ihre Sexualität zu entscheiden und auch keinesfalls das Victim Blaming, damit sich weiterhin Menschen darüber zu sprechen trauen, wenn ihnen etwas passiert ist.“ Stattdessen wünsche er sich „ein ruhiges, besonnenes Reflektieren und Aufarbeiten, auch in unserer Band. Und zwar alle gemeinsam, zu sechst. Wir stehen zusammen.“
Plattenfirma distanziert sich, Staatsanwaltschaft ermittelt
Am Donnerstag hatte die Plattenfirma von Rammstein, Universal, bekannt gegeben, dass sie ihre Arbeit für die Band vorerst einschränkt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Lindemann „haben wir die Marketing- und Promotion-Aktivitäten für die Recordings der Band bis auf Weiteres ausgesetzt“, erklärte eine Unternehmenssprecherin.
Mehrere Frauen hatten in den vergangenen Wochen schwere Vorwürfe gegen Lindemann erhoben. Junge Frauen wurden offenbar gezielt für Sex mit dem Sänger rekrutiert. Zwei Frauen berichteten zudem von mutmaßlichen sexuellen Handlungen, denen sie nicht zugestimmt hätten. Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass sie gegen Lindemann ermittelt.