Es ist der Tag des Jahres - Olympische Spiele, Weltmeisterschaften oder der Heimweltcup vor den eigenen Fans. Für Sportlerinnen und Sportler geht es oftmals um den einen Augenblick, den einen Wettkampf. Doch was passiert, wenn der eigene Körper an Tag X streikt?
Update vom 31. Mai, 14 Uhr: Die chinesische Tennisspielerin Zheng Qinwen hat sich nach ihrem Achtelfinal-Aus bei den French Open auch zu dem Thema geäußert. Sie habe wegen Menstruationsbeschwerden nicht ihre beste Leistung zeigen können, sagte die 19-Jährige nach ihrer Drei-Satz-Niederlage gegen die polnische Weltranglisten-Erste Iga Swiatek.
"Der erste Tag ist immer so hart. Und dann muss ich Sport machen, obwohl ich am ersten Tag immer solche Schmerzen habe. Ich hatte solche Bauchschmerzen, dass ich nicht einmal ein 'Come on' schreien konnte', sagte Zheng Qinwen. "Ich wünschte, ich wäre ein Mann auf dem Platz und müsste das nicht durchmachen", führte die 19-Jährige so klar aus.
Chance auf Top-Leistung geht gegen null
Es ist alles angerichtet. Die ganze Vorbereitung hat auf diesen Tag abgezielt - der Moment reicht, um sich für alle Zeiten unsterblich zu machen. Im Fall der Olympischen Spiele liegen sogar ganze vier Jahre hinter einem Sportler oder einer Sportlerin. Für Männer ist es leicht, sich auf diesen einen Tag vorzubereiten. Einzig Verletzungen könnten den Traum zunichtemachen. Und sonst? Sonst lassen sich für den Sportler alle Unwägbarkeiten ausräumen. Körper und Geist stehen vollends im Einklang.
Auf der anderen Seite die Sportlerin. Auch bei ihr passt die Form. Der Geist ist bereit, an Tag X das Maximale abzurufen. Doch der Körper ist es nicht. Die Chance auf eine Top-Leistung geht gegen null. "Es gibt vor allem einen Tag bei mir, an dem ich nicht wirklich leistungsfähig bin", sagt Laura Zimmermann.
Seit 2016 in Baiersbronn
Die 31-Jährige kommt gebürtig aus Marktoberdorf nahe der österreichischen Grenze. An den Start geht sie zwar für den SV Würzburg 05, doch ihr Lebensmittelpunkt liegt schon seit mehreren Jahren in Baiersbronn. Ihren Freund hatte es Anfang 2016 berufsbedingt in den Nordschwarzwald verschlagen. Natürlich ging es dann auch für Zimmermann nach Baiersbronn. Die Coronapandemie hatte die 31-Jährige allerdings dazu gezwungen, zwischen dem Nordschwarzwald und Würzburg zu pendeln.
Ironman-Weltmeisterschaft vor Augen
Schuld seien die erschwerten Trainingsbedingungen gewesen, erzählt die Triathletin. Während sie in Würzburg auch zu Zeiten des Lockdowns im Schwimm-Stützpunkt trainieren konnte, stand sie in Baiersbronn meist vor verschlossenen Türen. Für eine Profi-Sportlerin keine einfache Situation. Zumal Zimmermann zum ersten Mal in ihrer Karriere die Ironman-Weltmeisterschaft vor Augen hatte.
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Für die WM in Utah Anfang Mai hatte die Wahl-Baiersbronnerin eigentlich die Top-Ten als Ziel ausgegeben. Die Vorleistungen ließen die Platzierung auch durchaus als möglich erscheinen. Zimmermann sagt: "Es gibt ja Leistungsdaten, auf die ich mich beziehen kann. Platz zehn wäre möglich gewesen." Am Ende landete Laura Zimmermann auf Platz 16. Bitter, da nur die ersten 15 Plätze Preisgeld erhalten. Bei Reisekosten von rund 8.000 Euro schlägt sich dieser eine Platz im Geldbeutel also ganz schön nieder.
"Durch die Erfolge und die dadurch gewonnenen Sponsoren im letzten Jahr bin ich mittlerweile in einer anderen Position. Sonst wäre es deutlich schwieriger", stellt die Allgäuerin klar. Es sollte jedoch nicht das Ziel sein, sich die Rennen nach dem Preisgeld herauszussuchen, führt Zimmermann weiter aus.
Simple Antwort
Am Ende geht es aber nicht um das finanzielle Ergebnis, sondern hauptsächlich um das sportliche Abschneiden. Zimmermann war gut in Form, hatte sich akribisch auf den Wettkampf vorbereitet. Was war dann das Problem? Die Antwort auf die Frage ist so simpel und doch so frustrierend. Für Zimmermann gibt es einen Tag im Monat, an dem sie eigentlich nicht leistungsfähig ist. Der Tag liegt bei ihr zwei Tage vor Eintritt der Periode.
"Ich hab natürlich schon früh gesehen, wann die WM stattfinden soll. Das ist dann sehr sehr frustrierend und man macht sich jeden Tag mehrmals Gedanken darüber. Letztlich hofft man, dass es vielleicht doch eine Ausnahme ist", sagt die 31-Jährige. In ihrem Statement auf Instagram hatte Zimmermann über ihr Wohlbefinden aufgeklärt und die Situation mit den Worten beschrieben: "...Frauen-Probleme...Man kann den Termin einer Weltmeisterschaft nicht wählen."
Normalerweise berücksichtige sie bei der Wahl ihrer Rennen den Zeitpunkt der Periode, doch bei einer WM sei dies natürlich nicht möglich. Es sei auch keine Option gewesen, den Start abzusagen, sagt Laura Zimmermann klipp und klar. Auch wenn die Wahl-Baiersbronnerin offen mit der Situation umgeht, sieht sie im Sport deutlichen Verbesserungsbedarf: "Das Thema war ein Tabuthema, allerdings gibt es mittlerweile immer mehr Sportlerinnen, die es nicht mehr als Tabuthema behandeln. Meines Erachtens muss man sich damit auseinandersetzen."
Konstanter Energiemangel
Es hätten zwar nicht alle Sportlerinnen während der Periode mit Einschränkungen zu kämpfen, doch für die Frauen hinter der Fassade sei es immer ein Thema. "Es gibt ja Sportlerinnen, die haben gar keine Periode mehr. Das ist dann ein Notfallzeichen aufgrund der Belastung", erklärt die 31-Jährige. Zimmermann bezieht sich mit ihren Aussagen auf das Red-S-Syndrom. Es geht dabei um einen konstanten Energiemangel bei Sportlerinnen und Sportlern, wodurch nicht mehr alle Körperfunktionen mit ausreichend Energie versorgt werden können. Ein Symptom des Syndroms bei Frauen ist das Ausbleiben der Periode.
Bekannt wurde die Krankheit unter anderem durch die Weltklassetriathletin Yvonne van Vlerken. Die mehrfache Ironman-Siegerin litt selbst unter Red-S. Die Folge: Der Kinderwunsch der Niederländerin bleibt unerfüllt. Könnte es nicht aber auch ein Vorteil für den Wettkampf sein, wenn die Periode ausbleibt? "Ich bin sicher, dass sich das keiner wünscht", stellt Laura Zimmermann klar.
Auch von Frauenärzten heruntergespielt
Mittlerweile werde das Thema zwar häufiger angesprochen, doch noch immer würden die Folgen heruntergespielt, auch von Frauenärzten. Die 31-Jährige hofft, dass in Zukunft mehr Sportlerinnen offen mit dem Thema Periode umgehen. Bei einem Interview bei den Olympischen Spielen einfach mal ehrlich die Situation ansprechen? "Wieso nicht? Als Sportler zweifelt man da am meisten. Es ist kein Tabuthema, sondern die Normalität." Letztlich sei es wichtig, die Sportlerinnen nicht als Maschinen zu sehen, auch wenn die Gesellschaft das Bild gerne verlange.
Für die anstehenden Rennen, sowohl die Challenge-Roth in Franken als auch die Weltmeisterschaft auf Hawaii, hofft die Wahl-Baiersbronnerin nun auf eine bessere Terminwahl, auch wenn die Tage natürlich schon längst feststehen.