Der Nagolder Dekan Holger Winterholer in der katholischen Kirche St. Petrus & Paulus. Foto: Beyer

Religion: Dekan Holger Winterholer wechselt zum Bischöflichen Ordinariat / Rückblick auf nicht immer einfache Kirchenarbeit

Nach neun Jahren in Nagold verlässt Dekan Holger Winterholer die hiesige katholische Gemeinde. Am Sonntag ist der Abschiedsgottesdienst in Vollmaringen, am Montag wird Winterholer in Calw als Dekan verabschiedet. Wir haben noch einmal mit ihm gesprochen.

Nach neun Jahren in Nagold verlässt Dekan Holger Winterholer die hiesige katholische Gemeinde. Am Sonntag ist der Abschiedsgottesdienst in Vollmaringen, am Montag wird Winterholer in Calw als Dekan verabschiedet. Wir haben noch einmal mit ihm gesprochen.

Nach neun Jahren in Nagold verlässt Dekan Holger Winterholer die hiesige katholische Gemeinde. Am Sonntag ist der Abschiedsgottesdienst in Vollmaringen, am Montag wird Winterholer in Calw als Dekan verabschiedet. Wir haben noch einmal mit ihm gesprochen.

Nagold. Ganz freiwillig geht Holger Winterholer nicht. "Das hat der Bischof angeordnet, ich habe mich nicht beworben", sagt der scheidende Dekan über seinen Wechsel ins Bischöfliche Ordinariat. Allerdings sei es in der katholischen Kirche normal, dass ein Pfarrer nach zehn bis zwölf Jahren in einer Gemeinde, eine neue Aufgabe zugeteilt bekomme.

Winterholer hadert damit, dass er künftig keinen seelsorgerischen Aufgaben mehr nachkommen wird. "Das erfüllt mich mit Wehmut." Auch Nagold werde er vermissen. "Ich habe hier sehr viele engagierte Menschen erlebt." Nicht nur in den Kirchen, sondern auch in den Vereinen.

Angefangen hat Winterholer in Nagold als Pfarrer. Das war im Dezember 2012. Zuvor hatte er vier Jahre im Bischöflichen Ordinariat als Sekretär gearbeitet. 2013 wurde er dann zum Dekan gewählt und letztes Jahr war die Wiederwahl.

Dass der Bischof damals entschied, ihn in Nagold einzusetzen, entsprach ganz Winterholers Wünschen. Gerade auch wegen der Größe seines Verantwortungsbereiches. Denn als Pfarrer war er nicht nur für die katholische Gemeinde in Nagold zuständig, sonder auch für Vollmaringen, Gündringen und Rohrdorf.

"Der Wechsel zwischen städtischen und ländlichen Strukturen hat mich gereizt." Und auch die Landschaft des Schwarzwaldes habe ihn gelockt. Denn Winterholer wandert gerne, ist aber auch als Jogger oder mit dem Fahrrad draußen unterwegs. "Für mich ist die Natur ein unwahrscheinlicher Erholungsort."

Doch Nagold ist nicht nur bekannt für seine Schönheit, sondern auch für seine große evangelische Gemeinde. "Die evangelische Kirche ist hier der Platzhirsch", meint Winterholer. Für seine Arbeit sei das aber kein Problem gewesen. "Ich habe hier ein gutes Miteinander erlebt." So sei die Vesperkirche ein Gemeinschaftsprojekt der Gemeinden gewesen. Auch die Wachsende Kirche auf der Landesgartenschau sei ein ökumenisches Projekt gewesen. "Das hat die Leute zusammengeschweißt."

Selbst in der pietistischen Gesinnung vieler Gläubigen sieht Winterholer keinen Hinderungsgrund für die ökumenische Zusammenarbeit – ganz im Gegenteil: "Der Pietismus ist von den Werten her fast katholisch. Es gibt in der evangelischen Kirche noch andere Positionen, wo wir weiter weg sind."

Als Beispiel für diese Nähe zum Pietismus nennt Winterholer ähnliche Ansichten zum Thema Homosexualität. So lehnt auch Winterholer gleichgeschlechtliche Ehen ab, betont aber: "Homosexualität ist keine Krankheit." Wenn ein Mensch schwul oder lesbisch sei, sei das so von Gott gewollt. Deshalb unterstütze er auch die Segnung homosexueller Paare.

Doch diese Meinung wird nicht von allen geteilt. In Altensteig sei eine vom Kirchengemeinderat aufgestellte Regenbogenfahne zerstört und neulich auch der Ersatz gestohlen worden. "Es gibt ein großes Aggressionspotenzial", klagt Winterholer – auch mit Hinblick auf wiederholten Fälle von Vandalismus in der Wachsenden Kirche. "Das macht mir Sorgen, das macht mir Angst."

Vor allem den Umgang mit Menschen, die eine anderer Meinung haben, sieht Winterholer als großes Problem. "Die Akzeptanz und Toleranz nimmt ab." Auch fehle es oftmals an Bereitschaft, eine von der Mehrheit getragene demokratische Entscheidung zu akzeptieren.

Selbst in der Gemeindearbeit sei er mit dem Problem konfrontiert. Erst im Frühjahr habe er mit einem Mitglied des Kirchengemeinderats zu tun gehabt, der lieber sein Amt niedergelegt habe, als den Mehrheitsbeschluss mitzutragen.

Dass es in der Kirchenpolitik auch mal hitzig zugeht, hat Winterholer schon 2016 erlebt, als es um den Abriss der St. Michael Kirche ging, an deren Stelle ein Hospiz gebaut wurde. Schon damals trat ein Gemeinderat aus Protest zurück, nachdem er Winterholer der Lüge bezichtigt hatte.

Winterholer sieht den Bau des Hospiz als eine der größten Errungenschaften der Gemeinde während seiner Zeit in Nagold. Doch Rückblickend räumt Winterholer auch Fehler ein. "Ich würde es heute anders machen", meint er mit Blick auf Fragen wie Kommunikation und Transparenz. Dass das Projekt damals auch Gegner hatte, könne er verstehen. "Das war ein Gemeindezentrum, da haben sich viele beheimatet gefühlt."

Nun kommen auf Winterholer neue Aufgaben zu. Am Bischöflichen Ordinariat in Rottenburg werde er Domkapitular. Er sei dann der "Personalchef für alle Mitarbeiter in der Diözese Rottenburg Stuttgart", erklärt Winterholer.

Dabei teilt er sich die Position mit einer Frau. Ein Novum, denn bisher war die Stelle stets mit einem Priester besetzt. Das sei eine bewusste Entscheidung des Bischofs, um die Rolle der Frauen in der Kirche zu stärken, erklärt Winterholer.

Ob in Zukunft auch Frauen die Priesterweihe erhalten sollen, hält Winterholer für keine einfache Frage: "Die Zeit wäre für uns in Deutschland reif." Allerdings könne das nur durch eine Weltsynode entschieden werden.

Der Widerstand der afrikanischen und lateinamerikanischen Kirchen sei allerdings noch zu groß. "Das würde zu einer Spaltung der Kirche führen." Doch auch außerhalb Europas gebe es Reformbedarf. Daher fordert Winterholer: "Wir müssen ins Gespräch kommen. Die Zeit ist reif dafür."