Pfarrer Edwin Stier blickt auf seine Lange Tätigkeit in Deißlingen und Lauffen zurück.Foto: Beyer Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Edwin Stier wechselt in die Schweiz und Blickt auf seine 25 Jahre in Deißlingen und Lauffen zurück

Ende Juli ist Schluss. Dann verlässt Edwin Stier, der bisher als Pfarrer für die Seelsorgeeinheit Deißlingen und Lauffen zuständig war, die Gemeinde, in der er über 25 Jahre tätig war.

Deißlingen. Es erwarten ihn neue Aufgaben in der Schweiz, denn dort übernimmt er die Leitung des Pastoralraums Kreuzlingen. Bis ein neuer Leiter für die hiesige Seelsorgeeinheit gefunden ist, übernimmt das Dekanat vorübergehend die Pfarradministration.

Die Menschen sollen im Mittelpunkt stehen

Ganz leicht fällt Stier der Wechsel nicht. Er verspüre "Dankbarkeit und Wehmut, weil mir die Menschen ans Herz gewachsen sind." Doch sein Weggang habe auch etwas Gutes: "Ein neuer Pfarrer kann neue Impulse setzen." Und er betont: "Im Mittelpunkt der Gemeinde steht Jesus Christus und die Menschen. Wer sich als Pfarrer selbst in den Mittelpunkt stellt, hat seinen Job verfehlt."

In Deißlingen angefangen hat Stier im September 1994, es war seine erste Pfarrstelle nach dem Studium. Als der enthusiastische junge Priester gleich beim ersten Weihnachtsgottesdienst eine ganze Familie taufte, wurde das von der Gemeinde nicht mit der erwarteten Begeisterung, sondern eher mit Verwunderung aufgenommen. "Irgendetwas an der Stimmung stimmte nicht", erinnert sich Stier lachend. Doch spätestens beim Neujahrskonzert seien diese Startschwierigkeiten überwunden gewesen.

Daher kann Stier auf viele glückliche Momente zurückblicken. Vor allem die Feier des Lauffener Dorfjubiläums im Jahr 1998 und das Deißlinger Jubiläum von 2002 sind ihm im Gedächtnis geblieben. Aber auch Feiern, durch die beide Gemeinden weiter zusammengewachsen seien, wie die Einweihungen des gemeinsamen Feuerwehrhauses und des gemeinsamen Sportplatzes.

"Und letztes Jahr war auch der Reformationsgedenktag etwas ganz besonderes, da wir ökumenisch gefeiert haben." Zwar sei dabei der Strom ausgefallen, doch dadurch seien die Leute nur noch näher zusammengerückt.

Ebenfalls ins Schwärmen gerät Stier, wenn er an sein Studienjahr in Mexiko zurückdenkt. Dabei hat ihn nicht nur die dortige Volksreligiosität beeindruckt, auch die Befreiungstheologie habe ihn stark geprägt. "Es geht dabei um eine Befreiung im ganzheitlichen Sinn. Die Befreiung aus ungleichen Unterdrückungsstrukturen, die innerseelische Befreiung von Ängsten bis hin zur Befreiung vom Tod", erklärt Stier.

Einsatz für soziale Gerechtigkeit

Diese Überzeugungen haben seine Arbeit als Pfarrer beeinflusst. "Bei uns in Deutschland ist die soziale Not oft sehr verdeckt und wird stigmatisiert", so die Kritik des Pfarrers. Deshalb habe die Kirchengemeinde 20 000 Euro Kirchensteuereinnahmen aufgewendet, um Leute in Not zu unterstützen. Darüber hinaus würde die Gemeinde immer wieder durch Aktionen die gemeinnützige Arbeit vietnamesischer Nonnen unterstützen, die sich um Straßenkinder und notleidende Familien kümmern.

Stier lobt die vielen Menschen, die sich in die Kirchengemeinde eingebracht hätten. Besonders wertvoll sei für ihn auch die Art der Leute gewesen, Fragen und Meinungen direkt anzusprechen. Dieses offene Miteinander wolle er auf jeden Fall in seine neue Gemeinde mitnehmen.

Die Wertschätzung scheint auf Gegenliebe zu treffen: "Ich kriege viele Zeichen der Zuneigung und dafür bin ich sehr froh und dankbar." In Zukunft dürfe er sich zwar nicht mehr in Angelegenheiten der Gemeinde einmischen, dennoch: "Die Verbundenheit wird immer bleiben."