Die Deißlinger Abstauber sind den ganzen Tag unterwegs und finden sich abends im Hotel Hirt zum "Offiziellen Abstauben" ein. Foto: Reinhardt Foto: Schwarzwälder Bote

Fasnet: Das Narrengericht entscheidet: Claudia Scholz muss den Zunftmeister kutschieren

Den ganzen Tag über wurden in den Häusern von Deißlingen die Kleidle abgestaubt. Am Abend fand auch noch das "Offizielle Abstauben" im Hotel Hirt statt. "Ernster" wurde es dann beim Narrengericht.

Deißlingen. Es war wohl ein kleines Wunder am Samstagabend. Alle Gruppen kamen pünktlich und "sauber" zu der Veranstaltung ins "Hirt". Nachdem dies schon bei der Jubiläumsveranstaltung im vergangenen Jahr der Fall war, könnte man beinahe schon an ein Wunder glauben. Selbst Routinier Hubert Lissy kam nicht zu spät.

Dann ging es zur Sache, die letzten Häs wurden offiziell abgestaubt. Nach dieser Zeremonie wurde es jedoch sehr "ernst". Das hohe Narrengericht betrat den Saal. Blitzschnell standen die zahlreichen Gäste auf, um die Herren und Damen Schmeh nicht zu erzürnen – sehr zur Freude von Richter und Staatsanwalt Rainer und Elmar Schmeh.

Es waren fünf Personen und Gruppen, die angeklagt waren. Doch die Narrenzunft aus Dettingen erschien nicht – weil die Deißlinger Narrenzunft sie auf ihrer Homepage als "Hagegewürzverein" angekündigt hatte.

Dass Richter und Staatsanwalt auch nicht vor den Funktionären der Narrenzunft Halt machen, musste Wirtschaftsleiterin Claudia Scholz schmerzhaft erfahren. Scholz hatte bei der Ausfahrt nach Reichenbach "Rache geübt", denn ihr ging das "Scholz her" von Zunftmeister Rainer Schmeh (Richter) beim Boomstellen mächtig auf den Zeiger. Deshalb simulierte sie zusammen mit den Musikern, mit denen Scholz mitfuhr, einen Getriebeschaden.

Rainer Schmeh, der bereits in Reichenbach war, schickte die pfiffige Wirtschaftsleiterin eine WhatsApp-Nachricht, dass er den Umzug aufhalten solle. Beim Zunftmeisterempfang erfuhr dann Rainer Schmeh, dass er verschaukelt worden war, die Deißlinger Musiker hatten nämlich schon in Reichenbach ein Platzkonzert veranstaltet. Grund genug, Claudia Scholz gefesselt und in Sträflingskleidung vorzuführen.

Natürlich kam Scholz gegen das "Familiengericht der Schmeh’s" nicht an. Das Urteil: Claudia Scholz muss den Zunftmeister am ersten Februar zum Festakt der Narrenfreunde Aldingen kutschieren, und zwar hin und zurück. Sie darf erst zurückfahren, wenn der Zunftmeister das auch will.

Auch der Hauptamtsleiter kommt vor das "Familiengericht"

Auch Malte Kaupp, Hauptamtsleiter im Deißlinger Rathaus, hatte keinen leichten Stand vor dem gnadenlosen Richter Rainer Schmeh und dem schonungslos aufdeckendem Staatsanwalt Elmar Schmeh. Kaupp hatte im vergangenen Jahr im Deißlinger Anzeiger veröffentlicht, dass der Beginn des Umzugs am Schmotzigen um 20 Uhr beginnt und gegen 20 Uhr bei der Mehrzweckhalle endet.

Das war zu viel für Richter und Staatsanwalt. Sie rechneten vor, dass die Narrenzunft und der Musikverein rund 11 000 Euro Verlust zu verkraften hätten, denn in dieser Zeit sei es für die Narren kaum möglich viel zu konsumieren. Malte Kaupp meinte, dass es nicht seine Schuld sei. Richter Schmeh meinte, dass er ab jetzt alles hinterfragen wird, was im Anzeiger steht. Zur Strafe muss der Hauptamtsleiter bei der Schlüsselübergabe den "Losverkäufer" für den Narrenbaum zusammen mit einer Person seiner Wahl machen, nur nicht mit dem Bürgermeister.

Der Chef des Rathauses, Ralf Ulbrich, war ebenfalls vorgeladen. Von zehn Verhandlungen war der Rathauschef mindestens 15 Mal eines Vergehens beschuldigt, meinte der Staatsanwalt. Somit gilt Ralf Ulbrich als Wiederholungstäter. Beim "Boomstellen" im vergangenen Jahr war Ulbrich auch in der "Gupfen" mit dabei. Doch was mussten die Zuschauer und Narrenräte sehen? Der Schultes war nicht richtig angezogen: ein zu kurzes Blauhemd und ein rotes Schnupftuch, das nicht von Deißlingen, sondern zum 100-Jährigen der Mühlheimer Narrenzunft ausgegeben wurde. Aus Sicht der Ankläger ein Frevel. Zur Strafe muss der Deißlinger Rathauschef in korrekter Bekleidung, sprich als Hageverwürger, mit zur Kleidervorstellung bei den beiden ersten Schulklassen.

Andrea Kunz, Jo Hengstler, Ralf Munding, Michael Ott, Digge Zepf, Andrin Zepf und Rudolf Schumpp oder besser gesagt "Die Hagebänd" hatte nach Ansicht der Schmehschen Scheltrede den Narrenbaum verschandelt, auf Deißlingerisch "vedunehret". Die sieben Musiker widersprachen. Doch Richter und Staatsanwalt ließen sich auch in diesem Fall nicht weichkochen. Wer unerlaubt den Narrenbaum schmückt, muss mit einer Strafe rechnen.

Aber ist das eine wirkliche Strafe, am Fasnetsdienstag ein halbe Stunde zur Unterhaltung der Narren bei Essen aufzuspielen? Der Schuss, so Johannes Hengstler, der die Strafe mit einem Schulterzucken akzeptierte, könnte nach hinten losgehen. "Denn wenn mir spielet, wird da Umsatz fir Zunft nit grauß si", argwöhnte Jo Hengstler selbstbewusst.

Die meisten Gäste grinsten verschmitzt über das Urteil. Im Anschluss spielte die Abstaubermusik des Musikvereins Deißlingen zur Unterhaltung auf. Auch das Duo Joachim und Manfred war mit von der Partie.