Vorhabenbezogener Bebauungsplan: Biogasanlage schnurrt seit langem ohne baurechtliche Justierung
Fast schon eine unendliche Geschichte beinhaltet das Mühen, für die mehrere Kilometer entfernt von der Ortsgrenze im Flurbereich Süßer Bühl liegende Biogasanlage Hengstler einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan spruchreif zu machen. Jetzt soll es endlich klappen.
Deißlingen (wis). Nachdem die ursprüngliche Planung aus den Jahren 2012/2013 nicht umgesetzt wurde und diese nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entspricht, beschloss der Deißlinger Gemeinderat im vergangenen Herbst, einen erneuten Aufstellungsbeschluss zu fassen.
Durch Technikfortschritte kann die Biogasanlage heute effektiver genutzt werden, als vor einigen Jahren. Der Gemeinderat hat in früheren Beschlüssen aber bereits klar festgelegt, dass keine weitere Erhöhung der Substratmenge erfolgen darf und Produktionssteigerungen bei der Stromerzeugung allein höherer technischer Effizienz geschuldet sein muss. Dies ist auch in einem Durchführungsvertrag so festgehalten.
Nach dem Gemeinderatsauftrag vom September 2017 für einen neuen Anlauf zur Verwirklichung eines den Anlagenbetrieb rechtlich sattelfester machenden Bebauungsplans war vom Planungsbüro RIP aus Rottweil eine frühzeitige Beteiligungsphase vom 4. Oktober bis 07. November 2017 für Behörden und Öffentlichkeit durchgeführt worden, um weitere Erkenntnisse zu planungsrechtlichen Festsetzungen und Umweltbelangen zu erlangen und den Betrieb auch im Hinblick auf die Einhaltung örtlicher Bauvorschriften genau abzuklopfen.
Mit dem am Montag vom Gemeinderat einstimmig verabschiedeten Beschluss zur öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans wird ein weiterer wichtiger Schritt zur beabsichtigten baldigen Verabschiedung des Planwerks eingeleitet werden, mit dem eine "Legalisierung der Zustände vor Ort" erreicht wird, wie Bürgermeister Ralf Ulbrich betont.
Planer André Leopold verweist auf ein Verfahren, bei dem es viele Auflagen einzuhalten gilt, auch weil das Betriebsgelände sich in einer Wasserschutzzone befindet. Zahlreiche Sicherheitsaspekte bis hin zum Szenario einer Havariesituation mit Gülleauslauf müssen bedacht werden.
Das Gesundheitsamt fordert ebenfalls Nachweise zu einem Kriterienkatalog ein. Laut Leopold kann das Thema Geruchsbelästigung als erledigt angesehen werden. Ein Gutachten bescheinige Unbedenklichkeit. Dieses Testat muss aber noch vom Landratsamt als Aufsichtsbehörde abgesegnet werden. Wer gestern in der Nähe des Hofs seine Nase in den Wind hielt, konnte geruchstechnisch nichts störendes bemerken.
Wie Betreiber Siegfried Hengstler bei der neuen Inangriffnahme des Verfahrens im vergangenen Herbst erklärte, werden 70 Prozent der durch die Biogasanlage produzierten Wärme an die Gärtnerei Schlenker geliefert. An Strom seien 2016 5,5 Millionen Kilowattstunden erzeugt worden. Positiv gewürdigt wurde damals von Gemeinderäten, dass die Energiegewinnung verstärkt mit der "Silphie"-Pflanze als Alternative zum Mais erfolgen soll. Diese Pflanze sei in ihrer zehnwöchigen Blütezeit für Bienen eine wichtige Nahrungsquelle. Sie brauche nicht gedüngt oder gespritzt zu werden, betonte Hengstler die ökologische Wertigkeit beim Anbau dieser Energiepflanze.
Gleichwohl gibt es auch am Deißlinger Rathaustisch immer wieder kritische Nachfragen zu dieser Biogaserzeugung, die 3,15 Millionen Normalkubikmeter pro Jahr nicht überschreiten darf.
50 Prozent der Deißlinger Agrarfläche sind der Energieerzeugung gewidmet, so wird geschätzt
50 Prozent der Agrarfläche der Gesamtgemeinde seien es wohl, die für den Pflanzenanbau für die Energieerzeugung herhalten müsse, wird in der Ratsrunde stirnrunzelnd bemerkt. Blieben mithin die anderen 50 Prozent für die Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln. Gemeinderat Heinz Schlenker glaubt zu wissen, dass von den angenommenen etwa 50 Prozent an Energiepflanzen "20 bis 30 Prozent zur Biogaserzeugung nach Niedereschach" gehen.