Der Hagelflieger ist startbereit. Bei der Vorhersage einer größeren Gewitterfront geht er in die Luft. Foto: Archiv

Ein Flugzeug, das Silberjodid versürüht, soll Hagelkörner verhindern oder zumindest minimieren  

Deißlingen - Etwa ein Dutzend Mal war er bisher in der Luft, der Hagelflieger, der die Zerstörungskraft von Gewittern mindern und dabei auch die Gemarkungen von Deißlingen und Lauffen schützen soll.

"Die Wetterlage deutete auf Hagel hin", sagte Gernot Hengstler, einer der Vorstände des Vereins für Hagelabwehr in den Landkreisen Schwarzwald-Baar und Tuttlingen, als das Flugzeug in der zweiten Juniwoche erstmals in die Luft ging. In solchen Fällen hat ein Pilot Bereitschaft in Donaueschingen und steigt mit der Maschine auf, sobald akut Hagel droht.

Die verdächtigen Wolken werden dann mit Silberjodid geimpft, was die Entstehung von Hagelkörnern verhindern oder diese zumindest minimieren soll.

Silberjodid wird versprüht

Die gefährliche Mischung aus hohen Temperaturen und Feuchtigkeit liegt bei der derzeitigen Witterung förmlich in der Luft. Wenn es Alarm gibt, fliegt Pilot Rainer Schopf oder ein Kollege über den beiden Landkreisen und versprüht das Silberjodid. "Damit Hagel entsteht, braucht die Feuchtigkeit einen Kondensationspunkt. Das Silberjodid liefert eine Vielzahl davon. Dadurch entstehen so viele Hagelkörner, dass diese sehr klein oder bestenfalls sogar nur Regen sind", erklärt Hengstler.

Ob ein Einsatz tatsächlich ein drohendes Hagelunwetter verhindert hat, lässt sich allerdings nicht verifizieren.

Am vergangenen Samstag sei der bisherige Haupteinsatztag gewesen, sagt Heinz Messner, Vorsitzender des Vereins für Hagelabwehr. Um 13.15 Uhr sei am 3. Juli der Hagelflieger erstmals gestartet.

Zum letzten Flug an diesem Tag sei um 18.15 Uhr gestartet worden. Messner kann zu den Einsätzen keine Erfolgsmeldungen geben, schließlich weiß man ja nicht, wie sich ein Gewitter ohne Hagelflieger entwickelt hätte. Mit seiner Überzeugung, dass die Einsätze vor Schaden bewahren, hält Messner aber auch nicht hinter dem Berg. Am Samstag habe es zum Teil stark geregnet, in Trossingen auch leicht gehagelt, glaubt er daran, dass der Hagelflieger die aufgezogene Gewitterfront ungefährlicher gemacht hat. Messner: "Der Einsatz am Wochenende hat sich gelohnt."

Dass von den Einsätzen auch die Gemeinde Deißlingen profitiert, die als Mitglied des Hagelfliegervereins einen Jahresbeitrag von 1000 Euro zur Finanzierung der Flüge leistet, ist Messner ebenfalls überzeugt. Die meisten Gewitter entwickelten sich aus westlicher Richtung. Wenn die Gewitterauswirkungen gemindert würden, profitierten natürlich auch die Gemeinden, in deren Richtung das Unwetter weiterzieht, sagt Messner.

Durchmesser der Hagelkörner um bis zu 50 Prozent reduzieren

Das Silberjodid soll im Ernstfall den Durchmesser der Hagelkörner um bis zu 50 Prozent reduzieren. "Das kann Dächer, Felder, Autos und natürlich Menschen retten", weist Hengstler auf die Bedeutung des Fliegers hin. "Die Feuchtigkeit geht natürlich nicht ins Nirwana, muss also irgendwo hin", erklärt er, warum es nach geglückter Impfung entweder kleinere Hagelkörner oder Regen gibt, es aber nicht niederschlagsfrei bleiben kann.

In diesem Jahr läuft es für den Hagelfliegerverein finanziell gut. Mit einer Anschubfinanzierung von 40 000 Euro durch das Land und zahlreiche Mitgliedschaften von Kommunen und Privatleuten, kann der Hagelflieger bis einschließlich August bezahlt werden.

Einige Kommunen hatten einen Beitritt zum Verein abgelehnt, weil die Wirksamkeit eines solchen Hagelfliegers wissenschaftlich nicht nachgewiesen sei. Auch bei der Bürgerversammlung in Deißlingen zum Gemeindeentwicklungsplan gab es skeptische Stimmen zum Hagelfliegereinsatz. Vor allem das Impfen der Wolken mit Silberjodid scheint manch einem nicht geheuer zu sein.

Messner indes betont die Ungefährlichkeit der Methode für Menschen sowie Wald und Flur. Das sei eingehend geprüft worden, so seien auch Sprühgenehmigungen durch das Regierungspräsidium kein Problem.

"Derzeit sind rund 120 Firmen Mitglied bei uns und zahlen je nach Größe zwischen 50 und 250 Euro Jahresbeitrag. Kommunen zahlen pro Einwohner im Jahr 20 Cent", sagt Hengstler.