Die Idylle trügt: Im Oberen Neckar zwischen Villingen-Schwenningen und Deißlingen fielen etwa 400 Forellen einer Vergiftung zum Opfer. Foto: Kammerer

Nicht nur Angelsportler empört über Schädigung des Neckargewässers. Ermittlungen laufen.

Deißlingen - Die Angelsportler am oberen Neckar haben große Wut: Zum zweiten Mal in drei Jahren macht Gift den Fischbestand kaputt. Am vergangenen Donnerstag gelangte eine Giftfracht direkt in den Neckar, die mehrere hundert Forellen tötete.Der "Tatort" wird im Schwarzwald-Baar-Kreis vermutet. Zwischen dem Schwenninger Flugplatz und der Gemarkung Deißlingen erfolgt die Spurensuche.

Im Juni 2009 waren die Deißlinger Angelsportler schwer gebeutelt worden, als ein unbekannter Einleiter toxische Stoffe in einen Abwasserkanal einbrachte. Über die Kläranlage bei Deißlingen gelangte das Gift in den Neckar, wodurch in dem Gewässer bis nach Rottweil ein größeres Fischsterben ausgelöst wurde. Am 8. Januar 2010 war dann erneut ein Störfall wegen Giftstoffen in der Kläranlage gemeldet worden. Dieser zweite Vorfall im Januar blieb – wohl auch aufgrund neuer Alarmtechnik und verbesserten Notfalleinrichtungen – ohne Folgen für den Neckar.

Nachdem durch das durch einen deutlich überhöhten Ammoniakgehalt verursachte Desaster im Sommer 2009 nahezu ein Totalverlust an Fischen im Neckar unterhalb des Deißlinger Klärwerks zu beklagen gewesen war und sich die Auswirkungen bis in die Neckarschleifen bei Rottweil bemerkbar gemacht hatten, gelang es in den vergangenen Jahren mit vielen Mühen, wieder einen schönen Fischbestand heranzuziehen. Deshalb ist der Unmut bei den Sportanglern nach dem neuerlichen Vorkommnis ganz besonders groß, wie Martin Unger, der Vorsitzende der Deißlinger Sportangler betont.

Häufigkeit der täglichen Proben erhöht

Nach dem üblen Vorfall im Jahr 2009 waren von Seiten des Abwasserzweckverbands Oberer Neckar alsbald drei Maßnahmen in die Wege geleitet worden: Ein Sondensystem am Ablauf soll zeitnah signalisieren, wenn sich die Werte im Klärbecken verändern. Die Häufigkeit der täglichen Proben wurde erhöht. Aus Sicherheitsgründen mussten die beiden größten Einleiter eine Sperrmöglichkeit auf ihrem Betriebsgelände einrichten, um im Alarmfall eine gewisse Zeit ihre Schadstoffe zurückhalten zu können.

Die 2009 nach dem ersten Fischsterben von einem Petrijünger geäußerte Befürchtung, "dass wir auf einem Pulverfass sitzen und sich das nächste Fischsterben jederzeit wiederholen kann", konnte immerhin mit Blick auf die der Kläranlage über Abwasserkanäle zugeleiteten Schmutzwasserfrachten deutlich relativiert werden. Bereits bei dem Vorkommnis im Januar 2010 hat sich nach Meinung von Experten gezeigt, dass bei Alarm die eingerichteten Notfallmaßnahmen in der Kläranlage greifen.

Doch das neue Fischsterben wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit durch direkt dem Neckar zugeführtes Gift verursacht. Eine erste Untersuchung toter Fische durch das Veterinäramt habe keine Hinweise auf bakterielle oder virenbedingte Ursachen ergeben, sagte gestern Hermann Kopp, Erster Landesbeamter beim Landkreis Rottweil.

Die Polizei in Rottweil wartet jetzt zunächst weitere Untersuchungsergebnisse aus Gewässer- und Fischproben ab, um die Ermittlungen gezielt weiterführen zu können. Ob auch die Polizei im Schwarzwald-Baar-Kreis ermittelt, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen.