Ortsmitte-Entwicklung: Wunschvorstellungen und Realität driften vor allem bei der Ansiedlung von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben auseinander. Fotos: Reinhardt Foto: Schwarzwälder Bote

CIMA-Check: Einzelhandel und Dienstleistung kaum machbar

Deißlingen (shr). Ein Gutachten zum Potenzial Deißlingens als Standort für Einzelhandel und Dienstleistungen bringt nicht zuletzt hinsichtlich der Wunschvorstellungen zur Ortsmitte-Entwicklung Ernüchterung. Auf diesen Geschäftsfeldern wird der Gemeinde am Oberen Neckar das Wasser in hohem Maße von den umliegenden Städten abgegraben.

Die CIMA Beratung + Management GmbH aus Stuttgart, die auch für Rottweil und die Verwaltungsgemeinschaft Rottweil arbeitet, beschönigt bei ihrer Expertise zu den Potenzialen in Deißlingen und Lauffen nichts. CIMA-Projektleiter, Florian Gillwald stand im Gemeinderat zu der heiklen Fragestellung Rede und Antwort.

Im Juni 2018 seien 21 Einzelhandelbetriebe gezählt worden mit einer gesamten Verkaufsfläche von 1700 Quadratmetern und einem Umsatzvolumen von 7,7 Millionen Euro. Im Rahmen eines Branchenkonzepts erläuterte Gillwald die anzunehmenden Entwicklungspotenziale. So sei zum Beispiel bei der Ortskernentwicklung ein moderner Drogeriemarkt nicht machbar. Denkbar sei jedoch die Etablierung einer Apotheke im Ortskernbereich. Erweiterungspotential wird beim "Netto-Markt" gesehen. Insgesamt wird aber konstatiert: Der Kaufkraftabfluss nach Villingen-Schwenningen, Trossingen, Bad Dürrheim und Rottweil sei mit rund 60 Prozent recht hoch. Bei der Planung von Neuansiedlungen dürfe das möglicherweise auf einer zu hohen Kundenerwartung basierende finanzielle Risiko nicht außer acht gelassen werden.

Gastronomie wird vermisst

Bernd Krause (CDU) meint denn auch, dass es sich jeder Unternehmer vermutlich zweimal überlegt, ob er dieses Risiko in Kauf nehmen könne. Manuel Merkle (SPD) nimmt ebenfalls kein Blatt vor den Mund: "So wie es jetzt aussieht, können wir uns wohl Neuansiedlungen im Einzelhandel im Ortskern abschminken." Ziemlich ungeschminkt wurde vom Experten auch darauf verwiesen, dass die Gastronomie in Deißlingen nicht besonders in Erscheinung tritt.

Der vor allem gegenüber den umliegenden Städten festgestellte "natürliche" Wettbewerbsnachteil dürfe natürlich nicht als Alibi dafür dienen, die Flinte ins Korn zu werfen, betont Gillwald auch und verweist auf einen vielfältigen Maßnahmenkatalog. Stichworte wie Optimierung des Wettbewerbsauftritts der Betriebe, aktives Leerstandsmanagement und die Verbesserung der Barrierefreiheit werden zum Beispiel genannt.

Für den Ortsteil Lauffen sei die Ansiedlung einer Bäckerei vorstellbar. Bessere Verkehrs- und Parkregelungen könnten ebenso wie Verbesserungen beim Ortsbild und bei der Aufenthaltsqualität Frequenzsteigerungen bringen.

Die vorgestellte Analyse und das Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten sei eine wichtige Arbeitsvorlage für die Weitergestaltung der Gemeinde in den kommenden Jahren, wurde am Ratstisch betont.