An der B 27 bei Deißlingen wird derzeit "geholzt". Dies stößt bei Bürgern auf Kritik. Foto: Scheidel

Während der Naturschutz Aktion im Neckartal als vorbildlich beurteilt, gibt es Unverständnis für Arbeiten an B 27.

Deißlingen - Der Frühling naht. Da wird in der Natur teilweise kräftig geholzt. Das gefällt nicht jedem. So stoßen die derzeitigen Maßnahmen an der B 27 bei Deißlingen manch einem sauer auf. Pflegemaßnahmen im Deißlinger "Neckartäle" gingen indes in Regie der Bund-Ortsgruppe vonstatten.

Im Neckartal liegen große Haufen von abgesägten Schlehen, die am steilen Südhang am ortsnahen Teil des Tales wuchsen. Sie waren dort schon so einige Jahre gewachsen, nämlich seit die Nutzung als gemähter oder beweideter Hang aufgeben worden war. Nur ein paar alte Obstbäume auf einer Hangterrasse erinnern noch an diese Zeit.

Der Einsatz in dem steilen Gelände stellt hohe Anforderungen an die Akteure, deren Alter von 18 bis in die "70er" reicht. "Da sind wir den Maschinen immer noch glatt überlegen", schmunzelt Senior Hilmar Zepf.

"Wenn man sich nicht näher mit der Thematik befasst, sieht es auf den ersten Blick nicht gerade aus wie eine Maßnahme im Sinne des Naturschutzes", meint Brigitte Carstensen. Und sie klärt auf: "Wir leisten einen Beitrag dafür, dass der sonnige und trockene Hang wieder Lebensraum für Schmetterlinge und andere Kleinlebewesen wird. Seit einigen Jahren sieht man davon immer weniger Arten", so die BUND-Aktivistin, die das "Neckartäle" besonders gut kennt, liegt es Ganz schön dornig und anstrengend sei dieses Geschäft, aber wenn man der Natur Gutes tun könne, mache das zufrieden.

Die Beseitigung der Schlehen ist eine mit der Gemeinde und der unteren Naturschutzbehörde abgestimmte Maßnahme. Sie steht im Zusammenhang mit einer langfristigen Pflege. Froh ist man auch, dass ein Schäfer gewonnen werden konnte, der seine geländegängigen Heidschnucken bereits am Hang stehen hat und den ersten Teil beweiden lässt. Bald können die weiteren Abschnitte miteinbezogen werden, sodass es eine ansehnliche Fläche geben wird, "wo Spaziergänger sich in absehbarer Zeit am fröhlichen Grillen-Konzert erfreuen können". Dadurch gewinnt das "Neckartäle" an ökologischer Qualität und wird so nachhaltig aufgewertet, ist man bei der Bund-Ortsgruppe überzeugt.

Was soll denn das, ist hingegen die Unverständnis ausdrückende Frage eines Bürgers, der die Baumschneideaktionen der Straßenmeisterei an der B 27 mit Argusaugen beobachtet. Er geht davon aus, dass es anderen Zeitgenossen ähnlich geht. Eine üppigere Vegetation binde den Feinstaub stärker, blickt er auf die nicht weit von der Straße entfernte Wohnbebauung.

Ulrike von Kutzleben-Hausen von der örtlichen Bund-Gruppe wundert sich ohnehin immer wieder, wie radikal entlang von Straßen die Vegetation "auf den Stock" gesetzt wird. Der Preis für Holzhackschnitzel sei sehr stattlich geworden, hat die Naturschützerin das Gefühl, dass seit einigen Jahren auch dieser wirtschaftliche Aspekt zu Buche schlägt. Vor allem entlang von Autobahnen seien verstärkte Eingriffe in die Natur zu beobachten.

Dass dies auch an verschärften Vorschriften zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit liegen könnte, konnte Gerold Günzer, der Straßenbauchef im Landkreis, gestern nicht bestätigen, da er telefonisch nicht erreichbar war. Allerdings macht Günzer immer wieder deutlich, dass die Gewährleistung der Verkehrssicherheit einen hohen Stellenwert hat. Dabei haben solche Maßnahmen möglichst wirtschaftlich zu geschehen. Von Naturschützern kommt gegenüber Straßenmeistereien nicht selten der Vorwurf auf, es werde zu radikal vorgegangen.