Der Dehoga-Vorsitzende im Kreis Calw Rolf Berlin (rechts) freut sich mit dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der Dehoga BW, Joachim Schönborn (links), Ellen Fuchs (von links), Jürgen Seibold und Leonardo Carusillio für ihre langjährige Mitgliedschaft zu ehren. Foto: Biermayer

Die Gastronomen hatten zwei harte Jahre. Momentan machen Personalmangel und die mögliche Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz Probleme. Rolf Berlin, Vorsitzender der Dehoga im Kreis Calw, sieht die Schuld bei der Politik sowie bei den Eltern und deren angeblich verzogenen Kindern.

Bad Liebenzell - Rolf Berlin musste sich bei der Hauptversammlung der Kreisstelle Calw der Dehoga im Liebenzeller Spiegelsaal einiges von der Seele reden. Sein Geschäftsbericht geriet zum Rundumschlag.

Zuerst bedankte er sich zwar bei der Politik. Die habe mit den finanziellen Hilfen während der Pandemie in einer "schwierigen Zeit Flagge gezeigt". Allerdings drohe durch eine andere politische Entscheidung der "Todesstoß für die Tourismusbranche", so Berlin. Die im Juni 2020 beschlossene befristete Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie von 19 auf sieben Prozent laufe nämlich Ende des Jahres aus. Berlin forderte hier eine Entfristung – also eine dauerhaft niedrigere Mehrwertsteuer.

"Wenn wir die Mehrwertsteuer nicht entfristet bekommen, dann ist Schluss. Dann kostet der Rostbraten halt 40 Euro", sagte Berlin. Das könne sich aber keiner leisten. Zudem büße man die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den benachbarten Urlaubsregionen in der Schweiz oder in Österreich ein. Man brauche deshalb Unterstützung auf allen Ebenen. Die Dehoga-Mitglieder forderte er zum "Häuserkampf" auf. Sie sollten jeden politischen Entscheidungsträger darauf ansprechen und Druck machen.

Schließungen wegen Personalmangel

Ein weiteres Problem mit dem die Branche kämpfe, sei der Personalmangel. "Die Gäste sind wieder da, aber die Mitarbeiter nicht", so Berlin. Viele Betriebe müssten deshalb schließen, obwohl sie eigentlich Geschäft hätten. "Das Ende der Fahnenstange ist erreicht", meinte Berlin.

Eine Ursache für den Personalmangel machte er bei der heutigen Jugend aus. Die sei nicht schlecht, aber von ihren Eltern schlecht erzogen worden. Sie wüssten nicht mehr, wie man richtig arbeitet. "Die müssen wieder Jagen lernen", forderte er. Die Ausbilder und Vorbilder hätten hier versagt. Bei den Jugendlichen mache sich eine Versorgungsmentalität breit. Das könne man sich als Gesellschaft nicht leisten. Er forderte ein verbindliches soziales Jahr für Schulabgänger und eine Berufspflicht. Auch in der Politik vermisse er richtige Kämpfer und Engagement.

Mindestlohn auch ein Problem

Der Mindestlohn sei ebenfalls ein Problem in der Branche. Der Tarifvertrag der Dehoga müsse jetzt angepasst werden, meinte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Dehoga BW Joachim Schönborn. Gleiches müsse die Politik dann aber auch bei der Mehrwertsteuer tun, forderte Berlin.

Der Landtagsabgeordnete des Kreis Calw Thomas Blenke (CDU) bedankte sich für Berlins offene Worte. Die Gastronomie sei für die Tourismusregion Nordschwarzwald "systemrelevant". Dem Fachkräftemangel könne man durch Zuwanderung begegnen.

Erik Schweickert (FDP), Vorsitzende der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus im Landtag, verwies ebenfalls auf die Koalitionspartner in Berlin, die diese Entfristung bremsten.

Rolf Berlin wurde anschließend als Vorsitzender für weitere vier Jahr bestätigt, ebenso sein Stellvertreter Wolfgang Frey. Die Kasse gab Dieter Wieland nach über 50 Jahren an Thomas Peter ab.

Ehrungen

Für 15 Jahre: Georgios Koutelidas (Ratstube Calw), Gabriele Spaeth (Eyachmühle Dobel), Claudia Goll (Stadionrestaurant Calw), Christoph Eck (Haus am Kurpark, Schömberg), Joachim Pfeiffer (Wildbader Hof)

Für 25 Jahre: Leonardo Carusillo (Amadeus, Altensteig), Jürgen Seibold (Talblick, Schömberg), Gudrun Bauer (Zum Seeheiner, Seewald

Für 40 Jahre: Horst Stuerner (Jägerhof, Unterreichenbach), Ellen Fuchs (Fuchsbau, Schömberg)

Für 60 Jahre: Rainer Kaschte