Eine Frau sitzt während der Isolation nach einem positiven Corona-PCR-Test auf ihrem Bett. Foto: Gollnow

Corona-Infizierte in Baden-Württemberg müssen sich künftig nicht mehr in häusliche Isolation begeben. Politiker äußern sich kontrovers.

Baden-Württemberg hat sich mit Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein darauf geeinigt, die generelle Isolationspflicht für positiv getestete Personen aufzuheben, wie das Gesundheitsministeriums in Stuttgart am Freitag mitteilte. Minister Manne Lucha (Grüne) sagte: "Wir läuten eine neue Phase im Umgang mit der Pandemie ein." Es sei Zeit, den Menschen wieder mehr Eigenverantwortung zu übertragen.

Die vier Länder haben sich den Angaben nach auf gemeinsame Empfehlungen verständigt, die "zeitnah" in Kraft treten sollen. In Baden-Württemberg soll dies voraussichtlich Mitte der kommenden Woche der Fall sein, wie ein Sprecher sagte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kritisierte die Pläne umgehend. "Das kommt jetzt zur Unzeit und findet nicht die Billigung der Bundesregierung", sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin.

Politiker aus dem Südwesten äußern sich zur Entscheidung der Landesregierung:

Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Ex-OB von Horb (Kreis Freudenstadt), sagt: "Die Aufhebung der Isolationspflicht ist angesichts der überwiegend milden Verläufe überfällig. Dank der – jetzt auch angepassten – Impfstoffe stehen der Bevölkerung hochwirksame Mittel zur Verfügung sich vor schweren Verläufen zu schützen."

Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält den Wegfall der Absonderungspflicht für einen "nachvollziehbaren Schritt", da "Corona seinen Schrecken weitgehend verloren" habe. "Experten sehen uns in der endemischen Phase angekommen, weshalb auch ich dafür plädiere, wieder stärker auf die Eigenverantwortung der Menschen zu setzen", so Frei. Und weiter: "Wenn man diesen Weg geht, dann muss man auch die Maskenpflicht im ÖPNV hinterfragen. Auch hier gilt, dass die Menschen selbst entscheiden können und sollten, ob sie individuell Maske tragen oder nicht."

Stefan Teufel (CDU), Landtagsabgeordneter aus Rottweil, hält die Entscheidung für "richtig und nachvollziehbar" und kritisiert Karl Lauterbach: "Es ist bedauerlich, dass sich der Bundesgesundheitsminister lieber mit der Cannabis-Legalisierung beschäftigt, statt echte Gesundheitspolitik zu machen. So kommt es nun nicht zu einer bundeseinheitlichen Lösung, sondern wir sind auf die Eigeninitiative der Länder angewiesen."

Annette Widmann-Mauz (CDU), Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Tübingen, sieht die Aufhebung der Isolationspflicht kritisch: "Wir stehen vor dem Beginn des Winters – die Entscheidung des Gesundheitsministers sendet gerade zu diesem Zeitpunkt das falsche Signal, dass die Pandemie überwunden sei. Wir müssen uns in den kommenden Wochen auf wieder steigende Fallzahlen einstellen."

Zur Vorsicht mahnt Martin Rosemann (SPD), Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Tübingen: "Die sich abschwächende Corona-Welle sollte uns nicht verleiten alle Vorsicht in den Wind zu schlagen." Rosemann erklärt, dass dieser Vorstoß die Gesundheit vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefährden und die Personalengpässe, auch in der kritischen Infrastruktur, gegebenenfalls nur noch verschärfen werden.

Der Landtagsabgeordnete Daniel Karrais (FDP) sieht diesen Aspekt anders. Die Isolationspflicht könne ohnehin nicht kontrolliert werden, und ihre Wirksamkeit sei fragwürdig, da das Ansteckungsrisiko am höchsten sei, wenn noch gar keine Symptome aufgetreten sind und man entsprechend noch gar nicht isoliert ist. "Dadurch fehlen Arbeitskräfte in den verschiedensten Branchen und Infrastrukturen", so Karrais.