S-Bahln statt Zug? Der Aufwand für die Verlängerung der Strecke von Stuttgart bis Rottweil wäre erheblich. Foto: Otto

S-Bahn- Schock für Rottweil. Die Chancen, einen S-Bahn Anschluss bis Stuttgart-Hauptbahnhof zu bekommen, stehen schlechter als für Horb. Wir erklären, warum.

Kreis Rottweil/Horb - Horb kann auf den S-Bahn Anschluss ab 2025 hoffen. Für Rottweil wird es eng. Vor 2026 geht die Verlängerung der S-Bahn von Stuttgart in die älteste Stadt Baden-Württembergs gar nicht.

Mit dieser Lösung soll die Kappung der Gäubahn in Vaihingen mit Umstieg zum Hauptbahnhof abgemildert werden. Das liegt an den Fahrzeugen. Zwar hat der S-Bahn-Betreiber VVS 56 neue Fahrzeuge bestellt. Aber: um die S-Bahn über Horb hinaus bis Rottweil zu verlängern, braucht man neun zusätzliche Züge. Das hatte Thomas S. Bopp, Direktor der Region Stuttgart, beim Gäubahn-Faktencheck erklärt.

Jürgen Wurmthaler ist technischer Direktor der Region Stuttgart. Verantwortlich für die S-Bahn. Er sagt: "Verbandsdirektor Bopp von 12 zusätzlichen Fahrzeugen für die S-Bahn Verlängerung bis Rottweil gesprochen. Horb würde nur drei Züge benötigen, die wir aus dem bereits bestellten Material herausschwitzen könnten."

Langes Warten auf S-Bahn Züge für Rottweil

Doch diese neun zusätzlichen Züge für die S-Bahn zwischen Horb und Rottweil – die wären frühestens 2026 da. Wurmthaler: "Wir haben unsere 56 neuen S-Bahn-Züge im Jahr 2018 verhandelt und bestellt. Jetzt laufen die ersten zu. Einen Zug haben wir damals zum Preis von 7,5 Millionen. Euro gekauft. Leider kann man die Fahrzeuge nicht einfach nachbestellen. Es kommen immer aktuelle Regularien hinzu, die eine neue Zulassung benötigen. Wenn man solche neuen S-Bahn Züge für Rottweil bestellen würde, würde das vier bis fünf Jahre dauern!" Klartext: Die erste S-Bahn Richtung Rottweil könnte frühestens im Jahr 2026 fahren. Wahrscheinlich eher im Jahr 2027"

Rottweil-Lösung zu aufwendig?

Dazu kommt: Der Aufwand für die Weiterführung der S-Bahn bis Rottweil ist enorm hoch. Wurmthaler: "Je länger der Zug fährt, desto höher ist das Risiko der Unwägbarkeiten wie Verspätungen. Deshalb ist technische Aufwand auch höher!" Frage deshalb auch: Lohnt sich der Mehraufwand für die S-Bahn bis Rottweil? Holt man das durch zusätzliche Fahrgäste rein?

Wurmthaler sieht für die S-Bahn bis Horb Fahrgastpotenzial. Er sagt: ""Ich würde die klassische Pendlerdistanz nach Stuttgart für S-Bahn Kunden durchaus bis Horb sehen. Über Horb hinaus dürfte die Fahrzeit kritisch werden für tägliche Berufspendler in die Landeshauptstadt."

Politische Unterstützung für Gäubahn-Verbesserung

Immerhin: Die politische Unterstützung für eine Verbesserung der Bahnsituation auf der Gäubahn für die Rottweiler ist da. Guido Wolf, Vorsitzender der IG Gäubahn: "„Ich plädiere klar für die S-Bahn-Verlängerung bis weit in den Süden – um die Solidarität der Gäubahn-Anrainer zu bündeln. Es muss uns gelingen, dass über den Umstieg in Vaihingen mehr geht. Die S-Bahn-Verlängerung wäre ein klares Zeichen zur Verbesserung der Situation und die Chance, die Akzeptanz für den Umstieg in Vaihingen zu erhöhen. Der Süden wünscht sich ein klares Signal der Solidarität!"

In Rottweil hatten sich Bürgermeister Christian Ruf und der FDP-Landtagsabgeordete Daniel Karrais dafür ausgesprochen, die S-Bahn-Variante nun vertieft zu prüfen. Derweil meldet sich am Dienstag der Rottweiler AfD-Landtagsabgeordnete Emil Sänze mit einer Pressmitteilung zu Wort. Er bezichtigt darin FDP und CDU, bei der Infrastruktur als »Trittbrettfahrer« zu agieren. Der parlamentarische  Geschäftsführer und Europapolitische  Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag erklärt: »Ich bin schon befremdet, mit welcher pompöser Dreistigkeit sich  unsere politische Konkurrenz CDU und FDP auf die Vermarktung einer Idee stürzt, die gar nicht von ihnen stammt, sondern von der AfD. Er, Sänze, habe schon 2015 als Sprecher des  AfD-Kreisverbandes in einem Interview  den Anschluss nach Stuttgart und die  Zweigleisigkeit der Gäubahn vermisst und eine einfache Lösung präsentiert, erinnert er: »Warum nicht einfach die Stuttgarter S-Bahn bis hierher verlängern?« Damals habe »unsere Konkurrenz blockiert«, so Sänze.

Horbs OB Peter Rosenberger – auch Vize-Vorstand der IG Gäubahn, hatte schon mit Rottweil, Böblingen, Herrenberg, ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben, um die Kappung der Gäubahn bis Hauptbahnhof zu verhindern. Er sagt jetzt: "Wenn wir die nächsten beiden Jahre konsequent arbeiten und überzeugen, werden wir die S-Bahn-Verlängerung nach Horb holen. Wir Horber hören nicht auf, in Horb zu denken. Wir sind auch auf gute Verbindungen in den Süden angewiesen!"

Ist Metropol-Express bessere Lösung?

Das heißt für die Rottweiler: Jetzt kommt es darauf an, ob man sich auf die Verlängerung der S-Bahn konzentriert oder auch über andere Lösungen wie einen Metropolexpress Singen-Rottweil-Horb mit Umstieg auf die S-Bahn oder Weiterfahrt bis Stuttgart einstellt. Das hätte auch den Vorteil, dass es im Regionalzug ein Klo gibt.

Toiletten sind nicht nachzubestellen

Jürgen Wurmthaler: "Leider kann man bei den von uns bestellten neuen S-Bahn Zügen keine Toilette nachbestellen. Der Grund: Sie sind so konstruiert, dass die komplette Technik unter dem Boden installiert ist. Dazu ist jeder Umbau zulassungsrelevant – das würde die Auslieferung der 56 neuen Bahnen zu sehr verzögern." Horb dagegen hat beste Chancen, den S-Bahn-Anschluss zu bekommen.