Rente schon mit 60? Foto: dpa

An der Flexi-Rente scheiden sich die Geister – wieder einmal. Denn eine Reform der Teilrente für Ältere ist schon häufig diskutiert, allerdings noch nie umgesetzt worden.

An der Flexi-Rente scheiden sich die Geister – wieder einmal. Denn eine Reform der Teilrente für Ältere ist schon häufig diskutiert, allerdings noch nie umgesetzt worden.

Berlin - Die Rente soll flexibler werden. Das haben Union und SPD schon im Koalitionsvertrag vereinbart. Dabei gibt es bereits seit 1992 die Möglichkeit, zugleich in Teilrente zu gehen und mit verringertem Zeitaufwand weiterzuarbeiten. Wer will, kann sich also bereits jetzt ab 63 langsam gleitend aus dem Erwerbsleben verabschieden. Wobei jedem klar sein muss, dass bei der Teilrente die versicherungsmathematisch korrekten Abschläge von 0,3 Prozent je Monat vorzeitigem Rentenbeginn in Kauf genommen werden müssen.

Nun ist das Interesse an der Teilrente aber verschwindend gering. Nur etwa 3000 Rentner haben von der Regelung bislang Gebrauch gemacht. Sozialpolitiker erklären sich die geringe Nachfrage vor allem damit, dass die Regeln zu den Hinzuverdienstgrenzen zu kompliziert sind. Sie sind immer individuell auszurechnen.

Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) will die Teilrente populärer machen. An diesem Donnerstag tagt erstmals eine zwölfköpfige Kommission von Rentenexperten der Koalition, die bis zum Herbst Vorschläge erarbeiten soll.

Bereits im Vorfeld wird von interessierter Seite versucht, die Debatte in eine bestimmte Richtung zu lenken. So kam vom Wirtschaftsflügel der Union der Vorstoß, „flexibel“ so zu interpretieren: Jenseits des gesetzlichen Renteneintrittsalters sollten Arbeitnehmer herzlich eingeladen sein weiterzuarbeiten – die Rentenbeiträge sollten dann aber bitte entfallen. Mit anderen Worten: Die Verpflichtung von älteren Mitarbeitern wäre für Unternehmen finanziell lukrativ. Lukrativer jedenfalls als die Beschäftigung von allen anderen unter 65. Die Entrüstung über diesen Vorschlag war entsprechend groß. Es wurde kritisiert, die Arbeitgeber wollten durch die Hintertür Dumpinglöhne für ältere Arbeitnehmer durchsetzen.

Nun hat der Deutsche Gewerkschafts-Bund einen Vorstoß unterbreitet, der es ebenfalls in sich hat: Die Gewerkschaften fordern die Teilrente schon ab 60. Derzeit ist sie erst ab 63 möglich. Wer mit 60 in Teilrente geht, müsste aber empfindlich hohe Abschläge auf den Rententeil hinnehmen. Der DGB empfiehlt: Die Tarifvertragsparteien sollten Lösungen erarbeiten, damit die Betroffenen nicht zu hohe finanzielle Einbußen haben. Mit anderen Worten: Die Firmen sollen Geld drauflegen, damit Beschäftigte sich zum Teil aus dem Job zurückziehen. Ähnliche Modelle gibt es bereits in der Chemiebranche: Dabei ist aber zu bedenken: Die Chemie ist Hochlohnbranche, deren Beschäftigte sich eine schrittweise Reduzierung der Arbeit am ehesten leisten können – eher als schlechter bezahlte Beschäftigte im Einzelhandel oder Menschen, die tarifungebunden arbeiten.

Der Vorstoß der Gewerkschaften wird in der Union mit größter Skepsis aufgenommen. Die Wirtschaft sieht schon eine neue Welle von Frühverrentungen auf sich zurollen. Und das in Zeiten, in denen Firmen händeringend um Fachkräfte werben. Zumal die jüngst beschlossene abschlagsfreie Rente ab 63 nach 45 Beitragsjahren das Problem noch vergrößern könnte.

CDU-Rentenexperte Peter Weiß, der auch die Arbeitnehmergruppe der Union im Bundestag führt, sagte unserer Zeitung: „Klar ist, dass wir keine neuen Anreize zur Frühverrentung setzen wollen.“ Er habe aber nichts dagegen einzuwenden, wenn dafür gesorgt werde, dass ein Arbeitnehmer mit Teilzeitarbeit über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus etwas für sein Rentenkonto tue: „Es muss darauf geachtet werden, dass die Nutzer dieser Regelung unter dem Strich eine höhere Rente bekommen.“

Ein Beispiel der Rentenversicherung zeigt, dass die Teilrente durchaus interessant sein kann: Bereits nach geltendem Recht könne ein Durchschnittsverdiener des Jahrgangs 1958, der mit 63 in 50-prozentige Teilrente geht, durch sechs Monate Mehrarbeit über das gesetzliche Renteneintrittsalter von 66 Jahren hinaus die anfänglichen Abschläge auf die Teilrente voll ausgleichen. Ein volles Jahr Weiterarbeit bringe ihm einen zusätzlichen Rentenanspruch von derzeit gut 50 Euro monatlich.