Die Stadt möge intern nach Einsparmöglichkeiten suchen: Dieser Ruf wurde mit Blick auf die angespannte Finanzlage und geplante Steuererhöhungen zuletzt immer lauter. Ein Blick in die Zahlen des Rathauses zeigt eine deutliche Stellenmehrung.
Mit Erhöhungen bei der Gewerbe- und der Vergnügungssteuer will die Stadt Lahr wieder Geld in die Kassen spülen und die angespannte Haushaltslage in den Griff bekommen. Der Gemeinderat befindet am Montag über die sogenannte Finanz- und Investitionsagenda.
Ein Grund für die schlechte Haushaltslage und die nötigen Mehreinnahmen sind laut Stadt die gestiegenen Personalkosten. Wie kamen diese zustande? Unsere Redaktion hat im Rathaus nachgehakt.
Wie hat sich die Stellenzahl in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?
Laut Stadtverwaltung wies der Stellenplan im Jahr 2019 rund sogenannte 580 Vollzeitäquivalente auf. Seitdem wurden kontinuierlich Stellen aufgebaut. Bereits zum Jahr 2020 kamen 45 hinzu, bis 2024 70 weitere auf nun 695 Vollzeitäquivalente – ein Anstieg von 20 Prozent in fünf Jahren.
Wie haben sich die Personalkosten entwickelt?
Analog zur Anzahl der Stellen sind auch die Personalkosten in die Höhe geschossen. Lagen diese 2019 noch bei 34,86 Millionen Euro, sind im Haushaltsplan 2024 48,83 Millionen Euro angesetzt, zeigen die Zahlen aus dem Rathaus. Dies entspricht einer Erhöhung von 40 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Neben der Mitarbeiterzahl seien, so die Stadt, vor allem die um 23 Prozent gestiegenen tarifliche Entgelte der Hauptgrund für höhere Personalkosten. Darauf habe die Stadt keinen Einfluss. Hinzu kämen Corona-Prämien, Inflationsprämien, tarifliche Höherbewertungen und mehr, was ebenfalls „nicht im Einflussbereich der Stadt Lahr“ liege.
Wieso war es nötig, so viel Personal einzustellen?
Den größten Zuwachs haben Stellen im Sozial- und Erziehungsdienst, heißt es aus dem Rathaus. Dort wurden seit 2019 circa 40 neue Vollzeitstellen geschaffen. Aufgrund der Zunahme von Gebäuden (Kitas, Schulen und mehr) und der Veränderung in der Nutzungsstruktur habe man auch im Bereich Hausmeister, Reinigungskräfte und Küchenkräfte circa 15 Vollzeitstellen schaffen müssen. Auch bei der Ausländerbehörde sei ein Aufbau nötig gewesen. Seit der Flüchtlingskrise 2015 habe man die Zahl der Stellen von sechs auf 13,75 mehr als verdoppeln müssen, um den der Stadt Lahr übertragenen Aufgaben in der Ausländer- und Asylsachbearbeitung gerecht zu werden, heißt es. Die Stadt betont, dass „sämtliche Stellenmehrungen“ mit dem Gemeinderat diskutiert und letztlich von diesem beschlossen werden. Verwaltung und Rat „reagieren damit zum einen auf neue Aufgaben, die den Kommunen von Bund und Land auferlegt werden, und zum anderen auf Bedarfe und Erwartungen der Bürger“, begründet die Stadt den zusätzlichen Personalaufwand.
Welche Stellen sind weggefallen? Welche sind unbesetzt?
Laut Stadtverwaltung sind in den vergangenen fünf Jahren keine Stellen weggefallen, es hätten sich jedoch Aufgabenfelder teilweise verändert. Unbesetzt sind laut Stadt aktuell 36,5 Stellen. Darin seien aber auch zahlreiche Vollzeitstellen enthalten, deren Inhaber derzeit in Teilzeit arbeiten. Ausgeschrieben sind zur Zeit unter anderem eine Stelle als Stadtplaner sowie als Mitarbeiter in der Bußgeldstelle, in der Kinder- und Jugendarbeit und in der Ausländerbehörde.
Wie sieht es in anderen Städten aus?
Mit einem Anteil von knapp 30 Prozent am Gesamtetat von rund 163 Millionen Euro und Ausgaben von 976 Euro pro Einwohner sieht man sich in Lahr „im tendenziell eher unteren Mittelfeld“ vergleichbarer Städte. Ein Blick auf andere Kommunen zeigt: Das stimmt. Offenburg etwa gibt mit einem Anteil von 32,4 Prozent des Etats pro Einwohner 1165 Euro für Personal aus. Von den großen Kreisstädten in der Ortenau ist in Lahr der Anteil am geringsten. Über die Ortenau hinaus zahlen die Städte Heidenheim und Rastatt, die wie Lahr rund 50 000 Einwohner haben, im Verhältnis zum Gesamthaushalt ebenfalls mehr für ihre Mitarbeiter (30,2 respektive 31,9 Prozent). In Ravensburg und Lörrach allerdings sind nur 21,1 beziehungsweise 23,6 Prozent des Haushaltsetats für Personalkosten vorgesehen.
Gibt es, wie zuletzt von Stadträten und der Wirtschaft gefordert, Pläne, Personal zu kürzen?
Nein. Im Gegenteil: Laut Stadt wären in einigen Bereichen „weitere Stellen dringend erforderlich“. Die Verwaltung habe sich jedoch entschieden, nur ein Viertel der Bedarfe, die intern ermittelt wurden, befürwortend an den Gemeinderat weiterzuleiten. Man will also 7,25 neue Vollzeitäquivalente – statt der nötigen 29 – schaffen. Für einige Stellenanteile gebe es Fördergelder. „Auch die Lahrer Wirtschaft und der Gemeinderat erwarten zurecht von ihrer Stadtverwaltung, dass sie leistungsfähig ist. Dafür benötigt sie qualifiziertes Personal in angemessener Stärke“, kommentiert das Rathaus die Forderung nach internen Kürzungen.
KI wird Einzug halten
Künstliche Intelligenz wird in Zukunft auch bei der Stadt Lahr eine Rolle spielen. „KI-Anwendungen könnten sich künftig vor allem anbieten, um Routinevorgänge weitgehend zu automatisieren“, heißt es aus dem Rathaus. Aktuell werden mit KI unterstützte Robotik-Verfahren in einem Pilotprojekt getestet, um komplexe Auswertungen im Sozialbereich automatisiert vornehmen zu können. Ähnliche Verfahren könnten bei erfolgreichem Verlauf auch für andere Verwaltungsbereiche eingesetzt werden, blickt die Stadt voraus.