Auf diesem Grundstück in Lahr zwischen Polizeihochschule und Moschee könnte ein Flüchtlingszentrum errichtet werden. Foto:  

In die Debatte um ein mögliches Flüchtlingszentrum des Landes in Lahr kommt immer mehr Bewegung.

Entschieden ist noch lange nichts – aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass das Land die Stadt Lahr für ein neues Flüchtlingszentrum auswählt. Denn für das in Frage kommende Grundstück in der Vogesenstraße sprechen aus Sicht von Stuttgart schwer zu schlagende Argumente: Es ist schon versiegelt und auch bereits im Eigentum des Landes. Sprich sollte das Areal als geeignet erachtet werden – wogegen wenig spricht – könnte es ganz schnell gehen. Während das Land bei möglichen anderen Standorten erst mühsame Grundstücksverhandlungen führen müsste. Und womöglich auch Ärger mit Naturschützern bekommen würde – wenn durch ein neues Flüchtlingszentrum Grünflächen verloren zu gehen drohen. Alles Probleme, die man sich in Lahr sparen könnte.

 

Im Lahrer Rathaus hat man die Zeichen erkannt, nämlich dass man in Stuttgart unter den Favoriten für eine neue Erstaufnahmeeinrichtung (EA) für knapp 1000 Flüchtlinge ist. Auf die Frage unserer Redaktion nach einer Stellungnahme zu der neuen Entwicklung hielt sich die Verwaltung Ende der Vorwoche noch bedeckt (wir haben berichtet). Intern ist man längst einen Schritt weiter – am Wochenende hat die Stadt nämlich die Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat per Mail über die eigene Haltung zu einer möglichen EA in Lahr informiert. Die ist klar ablehnend, so der Inhalt des Schreibens nach Informationen unserer Redaktion.

Verwaltung sieht Grenze der Belastbarkeit erreicht

Demnach argumentiert die Verwaltung damit, dass bereits viele Ausländer in Lahr leben – proportional zur einheimischen Bevölkerung mehr als in anderen Städten. Diese Entwicklung wird in dem Schreiben mit mehreren Statistiken untermauert.Tatsächlich hat Lahr einen Ausländeranteil von 25 Prozent, der gesamte Ortenaukreis zum Beispiel dagegen nur von 15 Prozent.

Es sei eine Entwicklung, die viele Einheimische mittlerweile als beängstigend wahrnehmen, so die Stadt in ihrem Mail an die Fraktionssprecher. Bei manchen Lahrern hätte sich ein Gefühl der Entfremdung eingestellt, das sich noch verstärken könnte, sollte Lahr eine EA erhalten, heißt es. Die Grenze der Belastbarkeit für die Bevölkerung sei jedenfalls erreicht, so die Stadt. Auch die Kapazitäten der Haupt- und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit seien erschöpft.

Darüber hinaus wird in dem Mail auch betont, dass der Westen der Stadt kein guter Standort für eine EA sei. Offensichtlich befürchtet man im Rathaus die Entstehung eines Brennpunkts – mit der Nähe zum Bahnhof, zu Mietersheim, zum Fachmarktzentrum und auch zum Seepark, der für viele Lahrer, vor allem auch für Familien mit Kindern, ein beliebtes Naherholungsziel ist.

Umgekehrt könnte aus Sicht des Landes aber gerade die Lage des Areals – das bei der Landesgartenschau 2018 als Parkplatz diente – für den Standort sprechen. Weil er verkehrsgünstig in der Nähe von Schienen und Straßen liegt und mit dem Seepark in der Nähe auch einen gewissen Freizeitwert für die EA-Bewohner bieten würde.

Die bloße Existenz des Schreibens der Stadt an die Fraktionssprecher zeigt bereits, dass man im Rathaus den Zuschlag für Lahr in Sachen EA als durchaus realistisches Szenario erachtet. Auch wenn noch viel Wasser die Schutter hinabfließen wird, ehe das Land seine Entscheidung fällt (siehe Info).

Das Schreiben der Stadt an die Fraktionssprecher dient wohl nicht nur dem Zweck, sie über die eigene Haltung zu informieren, sondern zugleich auf diese Haltung einzuschwören. Dabei wäre das gar nicht nötig: Als im Januar bekannt wurde, dass das Land Lahr als Standort einer neuen EA in Erwägung zieht, äußerten sich auf Anfrage unserer Redaktion alle Fraktionssprecher ablehnend. Lediglich Sven Täubert (Grüne) nahm eine eher neutrale Position ein.

So geht es weiter

Über den möglichen Bau einer EA in Lahr entscheiden weder Stadt noch Gemeinderat  – das ist Sache des Landes, das freilich angekündigt hat, Stimmen aus Lahr miteinzubeziehen. Wann die Entscheidung fällt, sei noch nicht abzusehen, hieß es zuletzt aus Stuttgart. Offenbar ist man weiter im Stadium der Vorprüfung durch das Regierungspräsidium. Dabei wird geprüft, ob das Grundstück grundsätzlich geeignet ist.