Daran scheiden sich im Moment die Geister: Lieber so wie auf dem Haigerlocher Friedhof (links)... oder lieber so, wie auf den Gottesäckern in Hart, Weildorf (rechts) und Stetten?... Foto: Kost

Beton oder Granit? Wenige Fragen haben in jüngster Zeit die Gemüter in der Haigerlocher Kommunalpolitik so bewegt, wie die das Aussehen der Stelen mit Fächern für Urnen auf den Friedhöfen der Stadt. Jetzt hat der Gemeinderat einen Kompromiss gefunden.

Wenn es schon Urnenstelen sein müssen, dann bitte schön welche aus Beton. Das ist der Wunsch der Stadtverwaltung.

 

Hinter ihm steckt ein wenig die Absicht, ein einheitliches Bild auf den städtischen Friedhöfen zu schaffen, aber noch stärker das Argument der Wirtschaftlichkeit. Denn ein Stelen-Ensemble aus Beton mit 30 Fächern kostet laut Stadt lediglich 39 000 Euro brutto, während ein würfelartiges System aus Vollgranit mit rund 52 000 Euro zu Buche schlägt.

Und während die Betonstelen komplett vom Bauhof der Stadt aufgestellt werden können (inklusive der Herstellung der Fundamente sowie der Randeinfassungen), muss bei den Granitwürfeln die Lieferfirma anrücken, um die Granitplatten vor den einzelnen Kammern miteinander zu verkleben.

Auf vier Friedhöfen stehen bereits Stelen aus Beton

Tatsächlich ist es so, dass im Moment die Beton-Variante dominiert. Solche Stelen stehen bereits auf den Friedhöfen in Bad Imnau, Hart, Stetten und Weildorf. In Bittelbronn soll sie die erste Betonstele noch dieses Jahr aufgebaut werden. Dagegen stehen auf dem Friedhof der Kernstadt am Ende der Gruoler Straße die etwas niedrigeren Würfel aus hochwertigem Granit.

In Owingen, wo man längere Zeit gar nichts von Urnenstelen wissen wollte, möchte der Ortschaftsrat jetzt auch der Bevölkerung diese Bestattungsform auf dem Friedhof an der Weiler Kirche anbieten – allerdings mit Stelen aus Naturstein.

In Gruol und Trillfingen dagegen sind Stelen kein Thema. Auf dem Friedhof an der Stunzach wird dieses Jahr die Bestattungsform „Fluss der Zeit“ realisiert und auf dem höchstgelegenen Gottesacker im Stadtgebiet stehen zwei Urnenrondelle zur Verfügung. Das sind kreisförmig um einen Baum herum angeordnete Grabstellen mit zylinderförmigen Löchern zur Bestattung von Urnen.

Am Ende einer mit Vehemenz geführten Gemeinderatsdebatte zu diesem Thema (siehe Info-Rubrik) stand ein Kompromiss. Weil in den Granitwürfeln auf dem Haigerlocher Friedhof nur noch zwei Kammern frei sind, herrscht ohnehin ein gewisser „Handlungsdruck“, also sollen zumindest Würfel mit zehn Kammern nachgerüstet werden. Bauamtsleiter Hans-Martin Schluck wies allerdings darauf hin, dass dies aufgrund der „Mindermengenlieferung“ etwas teurer sei und etwa 20000 Euro koste.

Überangebot an Urnenstelen wäre möglich

Danach will man sehen, wie man weiter verfährt, denn Stadtkämmerer Tobias Wannenmacher soll ohnehin die Friedhofsgebühren neu kalkulieren, damit sich der Kostendeckungsgrad bei Bestattungen für die Stadt verbessert. Für alle, die schon jetzt übers Sterben nachdenken, heißt das mit ziemlicher Sicherheit, dass die Kosten für eine Grabstätte und ein Begräbnis in Zukunft deutlich teurer werden.

Was die Urnenstelen betrifft: Gut möglich, dass darüber schon bald nicht mehr gestritten wird. Der Trend zu Urnenbestattungen nimmt laut Bauamtsleiter Hans-Martin Schluck zwar zu, aber eher die Nachfrage nach naturnahen Grabstätten um einen Baum herum, am „Fluss der Zeit“ oder in einem Friedwald. Deshalb könnte es aus seiner Sicht passieren, dass man ein Überangebot an Urnenstelen schafft, die keiner mehr möchte. Dann müsste man über eine Rückbau der Stelen nachdenken, was ebenfalls Kosten verursache.

Die Debatte

Wie soll
es in Zukunft mit diesem Bestattungsangebot „Urnenstele“ weitergehen? Daran entzündete sich am Dienstag im Gemeinderat eine Debatte.

Am stärksten
gegen die von der Stadt gewünschten Einheitslösung aus Beton verkämpften sich die Vertreter der Kernstadt und Owingen. Aus Sicht des Haigerlocher Ortsvorstehers Michael A.C. Ashcroft gehört der Friedhof zum Ortsbild. Und dessen Gestaltung sei alleinige Sache eines Ortschaftsrates und nicht des Gemeinderates. Auch sein Owinger Amtskollege Karl-Heinz Binder sieht die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gestaltung von Urnenstelen im Ortschaftsrat

„Wenn die Bürger
bereit sind, die teurere Variante zu bezahlen, wo ist dann das Problem?“, fragte sich der Freie-Wähler-Gemeinderat Kurt Biegelmaier aus Owingen. Das gibt es aber durchaus. Die Kosten für die unterschiedlichen Varianten werden zwar auf die Nutzer dieser Grabformen umgelegt, aber die Stadt muss eben in die Vorfinanzierung gehen. Erst nach zwei Belegungszyklen à 15 Jahren sind die Urnensystem bezahlt.

Die Kosten
waren auch das stärkste Argument der Befürworten von Urnenstelen. „Wir haben kein Geld, wir können uns das nicht leisten“, lehnte Jochen Wiest (CDU) weitere Granit-Varianten ab. Sein Fraktionskollege Gerd Klingler sah es ähnlich. Hier habe man mal die Chance, als Ortschaftsrat aktiv zum Sparkurs der Stadt etwas beizutragen – und dann sei man dazu nicht gewillt. Auch an der Optik der Betonstelen gibt es aus Sicht des Bittelbronner Ortsvorsteher nichts auszusetzen.

Selbst Bürgermeister
Heiko Lebherz, ansonsten in Gemeinderatssitzungen eher als Vermittler unterwegs, fehlte etwas das Verständnis für die Argumente der Granit-Befürworter. „Solche Plädoyers sollten einmal für die Standards in Kindergärten gehalten werden“, meinte er – und bekam für diese Aussage Applaus.

Vorschläge
der beiden Freien-Wähler-Gemeinderäte Simon Fecht und Thorsten Hellstern ebneten schließlich den Weg für einen Kompromiss, den eine Mehrheit im Gemeinderat mittragen konnte. Haigerloch soll nochmals ein begrenztes Kontingent an Granit-Würfeln erhalten.