Der Gesundheitscampus in Calw Foto: Thomas Fritsch

Die Langzeitstrategie eines Arbeitskreises des FDP-Kreisverbands sieht vor, die Verwaltung der Krankenhäuser im Kreis Calw schnellstmöglich wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Im Kreistag soll daraus nun ein Antrag werden.

Eigentlich war in Sachen Medizinkonzept 2030 und Fusion der Klinikgesellschaften bereits alles beschlossen. Eigentlich.

 

Beiden Ansinnen hatte der Calwer Kreistag im Dezember vergangenen Jahres mit großer Mehrheit zugestimmt – nach rund einem halben Jahr heftiger Debatten.

Frist nicht eingehalten

Diese Beschlüsse sind seit vergangener Woche nichtig. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe gab einem Eilantrag statt und erklärte die Entscheidungen für rechtswidrig, weil eine Frist nicht eingehalten wurde.

Kreistagsmitglied Eberhard Bantel (Freie Wähler) hatte bemängelt, die Unterlagen zu spät erhalten zu haben und dadurch zu wenig Zeit für eine angemessene Vorbereitung gehabt zu haben.

Neue Debatten stehen an

Das Landratsamt reagierte schnell, setzte Sondersitzungen an, um neu zu beschließen. Auf Wunsch der Mitglieder des Kreistags, so erklärte das Landratsamt, wurde dieses Vorhaben jedoch wieder verworfen.

Medizinkonzept und Fusion stehen nun in der regulären Sitzung des Verwaltungs- und Wirtschaftsausschusses am 26. Februar sowie in der Kreistags-Sitzung am 18. März auf der Tagesordnung. Und alles deutet darauf hin, dass es nicht zu einer schnellen, erneuten Entscheidung kommen könnte.

So hatte etwa die Bürgerinitiative Gesundheitsversorgung Kreis Calw bekannt gegeben, dass der Gesellschaftsvertrag zur Fusion von einem Fachanwalt für Gesellschaftsrecht auf Rechtsverstöße geprüft werde.

Kritisch betrachtet wird dabei insbesondere die Regelung, die Verluste des Klinikverbunds ab 2030 durch eine feste Quote auf die Kreise Calw und Böblingen zu verteilen. Die Bürgerinitiative fordert daher eine neuerliche Diskussion.

Antrag im Kreistag

Eine Debatte noch größerer Tragweite könnte nun aber die FDP lostreten. Denn der Arbeitskreis Gesundheit des FDP-Kreisverbands hat eine Langzeitstrategie für die Krankenhäuser Calw und Nagold erarbeitet. Diese soll über den FDP-Kreisvorstand an die FDP-Kreistagsfraktion gehen – und letztere dann einen Antrag im Kreistag stellen, berichtete Karl Braun im Gespräch mit unserer Redaktion.

Braun war bis 2019 FDP-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, gehört aktuell dem FDP-Arbeitskreis Gesundheit an – wie auch nicht zuletzt Jutta Kemmer-Hönig, stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende.

Eine oder zwei Kliniken?

Die wohl wichtigste Forderung des Arbeitskreises ist indes brisant: ein Austritt des Landkreises Calw und seiner Krankenhäuser in Calw und Nagold aus dem Klinikverbund Südwest.

Im Einzelnen sieht der Antrag vor, den Umbau beziehungsweise Neubau der Kliniken in Calw und Nagold bis Ende 2024 jeweils fertigzustellen und in Betrieb zu nehmen. Zudem gelte es sofort zu prüfen, ob der geplante Umbau Erdgeschoss mit Eingangshalle und Cafeteria am Krankenhaus Nagold notwendig ist.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt fordert der Arbeitskreis schließlich, aus dem Klinikverbund auszusteigen und die Verwaltung der Kliniken Calw und Nagold in die Hände des Landkreises zu legen.

Das Medizinkonzept gelte es dann unter Einbeziehung der Krankenhausärzte und der niedergelassenen Ärzte bis 2028 zu überarbeiten und zu ergänzen.

Umsetzung bis 2045

Und nicht zuletzt will die FDP die immer wieder aufflammende Diskussion, ob nicht doch ein Zentralklinikum besser als zwei Kliniken wäre, mit dem Antrag endgültig beenden.

So soll die Entscheidung darüber bis 2030 fallen. Würde sich eine Mehrheit dafür aussprechen, wären bis 2035 Krankenhaus- und Infrastrukturplanung zu überarbeiten. Vorbereitungen, einschließlich Grundstückskäufe, sollten dann bis 2040, eine Umsetzung des Ganzen bis 2045 erfolgen.

Hintergrund des Antrags

Karl Braun,
der rund 20 Jahre im Calwer Kreistag saß, ist die finanzielle Entwicklung der Kliniken im Kreis Calw seit Jahren ein Dorn im Auge. Braun sprach sich bereits 2007 gegen einen Zusammenschluss im Klinikverbund aus, warnte jahrelang vor Kostenexplosionen bei Investitions- und Betriebskosten der Kliniken, die dann tatsächlich Realität wurden. Mehrere Geschäftsführer- und Konzeptwechsel hätten die Sache nicht besser gemacht – und für Braun ist eine Besserung mit den nun im Raum stehenden Veränderungen auch nicht in Sicht. Daher sei es jetzt endlich nötig, die Reißleine zu ziehen. Ein „weiter so“ komme nicht in Frage.