Volle Kirchenbänke wie hier in Wittenberg sind selten geworden. Foto: dpa-Zentralbild

Diskutieren Sie mit - Entwickeln sich die Deutschen zum „Heidenvolk“? Die Fakten belegen etwas anderes: Religion ist für die meisten ein wichtiges Thema. Doch die großen Kirchen profitieren davon nicht.

Stuttgart - Das Interesse an Religion in Deutschland ist ungebrochen, der Trend zum Glauben unbestritten. Doch an den großen christlichen Kirchen geht er weitgehend vorbei. Das belegen der Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung genauso wie zahlreiche Umfragen und Studien. Auch die neueste Umfrage des Instituts Emnid bestätigt: Die Mehrheit der Deutschen glaubt an Gott (62 Prozent der Befragten) und an Jesus Christus (56 Prozent). Doch wenn es um zentrale christliche Inhalte geht, ist die Zustimmung deutlich geringer: Nur 39 Prozent glauben an den Heiligen Geist, noch weniger – 36 Prozent – an Jesu Auferstehung von den Toten und das ewige Leben (34 Prozent).

„Viele haben den unmittelbaren Kontakt zum Glauben in einer kirchlichen Gemeinschaft verloren“, sagte der katholische Moraltheologe Eberhard Schockenhoff unserer Zeitung. „An die Stelle tritt dann eine etwas diffuse Vorstellung von einem höheren Wesen. Aber was dieser Glaube konkret sagen will, wird immer undeutlicher.“

In einer freiheitlichen und pluralen Gesellschaft könne es gar nicht anders sein, als dass jeder für sich persönlich entscheidet, was und wem er glaube, betonte der katholische Stadtdekan von Stuttgart, Christian Hermes. „Aber so platt war das Christentum nie wie all der subtile Müll, der heute religionsartig die Menschenseelen vernebelt.“

Nach Aussage von Søren Schwesig, Stadtdekan des Evangelischen Stadtbezirks Stuttgart, kommen Institutionen hierzulande generell schlecht weg. Darunter würden die Kirchen ganz besonders leiden. „Da die Kirchen für bestimmte Glaubensinhalte stehen, werden auch diese sehr kritisch hinterfragt oder als nicht glaubwürdig empfunden.“ Umso wichtiger sei es, ausführlich über religiöse Themen zu informieren.