Während sich die deutschen Weltcup-Skispringer auf die am Dienstag beginnende Vierschanzentournee vorbereiten, müssen die Adler aus der zweiten Reihe in Engelberg über den Bakken.
Das war eine Enttäuschung! Die Nationale Gruppe darf zum Auftakt der Vierschanzentournee in Oberstdorf nicht starten. Erst beim zweiten Springen in Garmisch-Partenkirchen an Neujahr schickt der Deutsche Skiverband die sechs Springer aus der "Zweiten Skisprung-Liga" um den Sulzer David Siegel (TV Baiersbronn) ins Rennen.
Offiziell: Druck zu hoch
Offiziell begründet das Bundestrainer Stefan Horngacher damit, dass es für "unsere Nachwuchs-Athleten, praktisch aus dem Nichts heraus" zur Tournee zu kommen und damit zum "höchsten Druck, den man haben kann", eine zu schwierige Situation wäre.
Leistung entscheidet
Dass seine "Jungs" – die in Frage kommenden Springer für Garmisch sind zwischen 21 und 25 Jahre als – trotz des Drucks lieber in Oberstdorf gesprungen wären, kann Horngacher verstehen: "Ja sicher, da sind viele dabei, die enttäuscht sind." Das trifft nicht nur auf David Siegel zu, der schon vor der Saison als Hauptziel ausgegeben hat, bei der Tournee zu starten. Aber Horngacher unterstreicht: "Das hängt von der Leistung ab. Wenn der David enttäuscht ist, dann muss er sich früher bemühen und besser skispringen, dann ist er mit dabei."
"Er hatte die gleichen Chancen wie alle!"
Auch dass Siegel in der Conticup-Wertung als bester Deutscher auf dem vierten Platz liegt und auf der neuen Pekinger Olympiaschanze den ersten Wettkampf gewonnen hatte, hilft dem 25-Jährigen bei Horngacher angesichts zuletzt durchwachsener Leistungen nicht weiter. "Er hatte die gleichen Chancen wie der Severin, wie der Martin und wie alle anderen auch."
Licht und Schatten bei Freund
Dass den Quotenplatz für gute Leistungen im Conti-Cup Severin Freund bekommen hat, obwohl sich auch beim Ex-Weltmeister und Ex-Olympiasieger in der "Zweiten Liga" Licht und Schatten stetig abgewechselt haben, verteidigt Horngacher. "Unsere Entscheidung ist nicht aufgrund dessen gefallen, dass es für einen passt, sondern ist eine langfristig angelegte Strategie."
Skifliegen als Ersatz geplant
Damit meint er auch die interne Überlegung, die Nationale Gruppe eventuell vom 18. bis 20. März doch noch in Oberstdorf starten zu lassen – beim Skifliegen. "Da denken wir einfach an die Weiterentwicklung der jungen Springer." Denn die lange Zeit dominierenden Norweger haben dieses Skiflug-Erlebnis als Teil ihres Ausbildungsprogramms schon lange als festen Bestandteil verankert.
Geiger vermisst die Nationale Gruppe
Der als einer der Favoriten ins Rennen gehende Karl Geiger vermisst jedenfalls die Nationale Gruppe in Oberstdorf. "Jetzt zum Start ist es schon ein bisschen schade, weil auch im Teamhotel deutlich weniger los ist." Die zusätzlichen Springer gehören für den derzeitigen Gesamtweltcup-Führenden einfach dazu. Umso mehr fiebert er Garmisch-Partenkirchen entgegen, weil "die Jungs ja dann dazukommen". Vor denen, die sich durch die Zweite Skisprung-Liga kämpfen müssen, hat er größten Respekt. "Die Jungs haben auch einiges drauf", und dass sie das vor einem Millionenpublikum zeigen dürfen, "dass sie bei einem solchen Event starten dürfen, das ist einfach cool". "Einfach" diesmal im wahrsten Sinne des Wortes, nicht zweifach.
Siegel in Engelberg: erst top, dann Flop
Als weiteres Argument gegen einen Oberstdorf-Einsatz der Gruppe hinter dem Weltcup-Team beim Tournee-Auftakt muss herhalten, dass am Montag und Dienstag der Continentalcup im schweizerischen Engelberg gastiert. Dort hat David Siegel gleich mal Horngachers Aufforderung, "besser skizuspringen", angenommen und sich im ersten Durchgang auf Platz 5 knapp hinter der Spitze geschoben. Allerdings stimmt es weiter nicht mit der Konstanz – und in Durchgang 2 stürzte er auf Rang 15. Von den sieben deutschen Adlern in Engelberg "werden sechs übrig bleiben, die nach Garmisch weiterreisen", setzt Horngacher auf knallharte Leistungskriterien. Nach dieser Rangliste steht David Siegel nach dem ersten Tag nur auf Platz 5.
