In diesem Haus in Dauchingen hatte sich die Tat im Juni ereignet. Nun ist der mutmaßliche Täter, der Sohn des getöteten Ehepaars, angeklagt. Foto: Eich

War eine psychische Erkrankung Ursache für die Tathandlungen des Angeklagten? Das Landgericht Konstanz hat am Dienstag mit der Aufarbeitung der Umstände, die zum Wohnhausbrand in der Dauchinger Friedhofstraße im Frühsommer 2021 sowie zum Tod eines älteren Ehepaares geführt haben, begonnen. Angeklagt ist der 32-jährige Sohn der zu Tode gekommenen 71-jährigen Mutter und des 81 Jahre alten Vaters.

Dauchingen - Der Vorsitzende Richter der Schwurgerichtskammer hat dazu mehrere Verhandlungstage angesetzt. Die Abläufe und Tatverläufe am frühen Nachmittag des 22. Juni scheinen weitgehend geklärt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, in seinem Zimmer im Obergeschoss des elterlichen Wohnhauses seine Mutter im Verlauf einer Auseinandersetzung mit Schlägen attackiert und sie auch gewürgt zu haben. Mit einem Klappmesser habe er dann seiner Mutter Schnittverletzungen am Ohr zugefügt und einen Stich in deren Hals versetzt. Anschließend habe er sein Sofa, auf der die verletzte Mutter lag, in Brand gesetzt und habe danach das Haus verlassen.

Sein Vater, der seine Ehefrau zu Hilfe eilte und sie retten wollte, hatte sich bei seinen Versuchen schwere Brandverletzungen und eine Rauchgasintoxikation zugezogen. An den Folgen dieser schweren Verletzungen war er wenige Tage später gestorben. Allerdings muss sich jetzt die Schwurgerichtskammer ein umfassendes Bild verschaffen, wie es letztlich zu den schrecklichen Tathandlungen des Angeklagten gekommen war und wie sich der psychische Zustand des 32-Jährigen damals darstellte.

Angeklagter wirkt teilnahmslos

Der Angeklagte war nach den Taten mit einem Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts in einer psychiatrischen Fachklinik untergebracht worden. Aus dieser forensischen Fachklinik wurde er mit Fußfesseln und unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen zur Verhandlung vorgeführt. Der schmächtig und zurückhaltend wirkende 32-Jährige hielt in der Folge während des gesamten Verhandlungstages seinen Kopf gesenkt und seinen Blick starr vor sich gerichtet. Nur bei seiner Befragung zu seinen persönlichen Verhältnissen durch den Vorsitzenden Richter wirkte der Angeklagte aufmerksam.

Vor etwa zehn Jahren hatte der heute 32-Jährige einen Schulabschluss mit der Fachhochschulreife absolviert. Die folgenden Jahre waren dann von einer gewissen Unstetigkeit geprägt. Mehrere Studiengänge oder Ausbildungsberufe hatte er begonnen und wiederholt nach kurzer Zeit abgebrochen, wobei ihn seine Eltern weiterhin immer wieder unterstützen. Eine gewisse emotionale Regung zeigte der 32-Jährige dann, als der Richter ihn zu zurückliegenden Aktivitäten mit seinen Eltern befragte. Eine Aussage zu den Geschehnissen am 22. Juni wollte er schließlich nicht abgeben.

Indizien für eine psychische Erkrankung

Die Schwurgerichtskammer befragte am ersten Verhandlungstag mehrere Zeugen und Sachverständige. Der behandelnde Facharzt der Klinik Reichenau hatte den 32-Jährigen zur Verhandlung vorsorglich begleitet und führte bei seiner Befragung aus, dass der Angeklagte die Geschehnisse und seine Taten derzeit verdrängt und mit dieser Sache nichts zu tun haben möchte. Einige Kriterien sprächen beim Angeklagten für eine paranoide Schizophrenie, so dass der Angeklagte auf Medikamente angewiesen sei. Die Einnahme würde der 32-Jährigen aber seit ein paar Wochen verweigern.

Von großem Interesse waren die Aussagen der am Brandort eingetroffenen Polizeibeamten, Rettungskräfte der Feuerwehr sowie des Roten Kreuzes. Die Zeugen registrierten einen gewissen psychischen Ausnahmezustand des Angeklagten, als er vor dem stark rauchenden Wohnhauses nackt auf dem Rasen liegend vorgefunden wurde. Zudem sei bei ihm ein apathisches und teilweise auch aggressives Verhalten wahrzunehmen gewesen.

Mit Fußtritten attackiert

Bei der Kontaktaufnahme eines Ersthelfers der Feuerwehr hatte der 32-Jährige diesem Helfer einen Fußtritt in dessen Gesicht versetzt. Auch ein Rettungssanitäter wurde mit einem Fußtritt attackiert. Glücklicherweise waren durch diese Tritte bei den Opfern keine schwerwiegenden Verletzungen verursacht worden. Einer der Rettungssanitäter schilderte, dass der Angeklagte vor sich hin stammelte und von "Teufel und Dämonen" sprach. Er vermutete damals, dass die auf dem Rasen liegende Person unter einem schizophrenen Schub litt.

Rekonstruktion der Tatabläufe durch Spurenbilder

Welch dramatische Szenen sich im Zimmer des Angeklagten abgespielt haben könnten, lässt sich nur erahnen. Der 32-Jährige schweigt, und deshalb waren die Ermittlungsergebnisse der Kriminaltechnik von besonderer Bedeutung. Die Kriminaltechnikerin konnte anhand des vorgefundenen Spurenbildes eine entsprechende Rekonstruktion vornehmen, wie sie auch in der Anklageschrift formuliert wurde. Der Vorsitzende Richter lobte abschließend die professionelle Ermittlungsarbeit der Kriminaltechnik.

Zum Ende des ersten Verhandlungstages beurteilte die Rechtsmedizinerin die Todesumstände des verstorbenen Vaters. Demnach dürften die beim Rettungsversuch erlittenen schweren Brandverletzungen und diverse Vorerkrankungen zu dessen Tode geführt haben.

Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt.