Die Behauptung zahlreicher Gemeinderäte, in den Dauchinger Wohngebieten könne man wegen der Rechts-vor-links-Regel ohnehin nicht schneller als Tempo 30 fahren, ist offenkundig falsch. Wie hier in der Friedhofstraße gibt es zahlreiche längere Strecken ohne Einmündung, etwa in der Goethestraße in nördlicher Richtung, im Lärchenweg, in der Haggasse ortsauswärts und an vielen weiteren Stellen. Foto: Preuß Foto: Schwarzwälder Bote

Bürgerentscheid: Mehrheit der Räte sieht keine Notwendigkeit / Weniger Abgase und mehr Qualität

Am Sonntag, 9. September, können die Einwohner in Dauchingen per Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob in den Wohngebieten Tempo 30 eingeführt werden soll.

Dauchingen (spr). Während sich Bürgermeister Torben Dorn klar für Tempo 30 positioniert, sieht eine Mehrheit der Gemeinderäte keine Notwendigkeit. Die Meinungsunterschiede gehen dabei quer durch die drei Gemeinderatsfraktionen.

In Stellungnahmen sprechen sich Sandra Fischer und Jürgen Laufer (beide FW), Günther Haffa (UB) und Ursula Heiser (CDU) für Tempo 30 in Wohngebieten aus. Keine Notwendigkeit sehen Martin Geiger, Marion Hoch und Günter Klotz (alle UB) sowie Steffen Halder, Nicole Schill und Mathias Schleicher (alle CDU). Meinrad Gönner und Ingo Österreicher (beide FW) haben sich nicht oder nicht eindeutig geäußert. Einig sind sich alle Ratsmitglieder, dass die Bürger möglichst zahlreich zur Wahlurne gehen sollten, um ein breites und somit repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Das werde man dann als Demokrat mittragen, auch wenn es nicht die eigene Meinung widerspiegele.

Die Verkehrswissenschaft und auch der nicht eben für seine Autofahrerfeindlichkeit bekannte ADAC sind sich einig, dass Tempo 30 in Wohngebieten sinnvoll und wünschenswert ist. "Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist Tempo 30 in Wohngebieten grundsätzlich sinnvoll", fasst der ADAC im Rahmen einer Übersichtsstudie den aktuellen Stand der Wissenschaft zusammen. Unbestreitbar ist laut ADAC der Zusammenhang zwischen Anhalteweg (Reaktionsweg und Bremsweg) und Geschwindigkeit, beziehungsweise zwischen Aufprallgeschwindigkeit und Unfallschwere. "Bei Tempo 30 benötigt der Fahrer eine Strecke von knapp zehn Metern, bis er reagiert – und eine Strecke von etwa fünf Metern, bis das Fahrzeug nach Einleitung der Bremsung zum Stehen kommt. Der Anhalteweg beträgt somit in der Regel etwa 15 Meter. Da sich bei höheren Geschwindigkeiten sowohl der während der Reaktionszeit zurückgelegte Weg als auch der reine Bremsweg maßgeblich erhöhen, verdoppelt sich der Anhalteweg bei Tempo 50 auf knapp 30 Meter" rechnet der Verkehrsclub vor.

Klare Folgerung daher: "Aus Gründen der Verkehrssicherheit ist Tempo 30 in Wohngebieten grundsätzlich sinnvoll." Denn gegenüber Hauptverkehrsstraßen erfüllen Wohnstraßen eine spezielle Funktion. Neben der Erreichbarkeit steht die Aufenthaltsfunktion im Vordergrund. "In Wohnstraßen ist Tempo 30 daher eine sinnvolle Maßnahme. Dabei wird ein Gebiet möglichst gleichwertiger Straßen zu einer Tempo30-Zone zusammengefasst." Forschungen von Maria Limbourg an der Universität Duisburg-Essen kommen zum gleichen wissenschaftlich untermauertem Ergebnis: "Tempo 30 führt zu menschenfreundlichen Städten und Dörfern. Tempo 30 bedeutet weniger Lärm, weniger Abgase und mehr Wohnumfeldqualität. Untersuchungen belegen die niedrigeren Schadstoffwerte bei Tempo 30. Kohlenmonoxid, Stickoxide und Kohlenwasserstoffemissionen werden geringer.

Der Lärmpegel sinkt beträchtlich. Tempo 30 ist ein Beitrag zum Schutz unserer Gesundheit und unserer Umwelt", heißt es zusammenfassend. Vor allem Sicherheitsgewinne seien enorm.

Die Professorin: "Bei Tempo 30 nehmen die Autofahrer mehr Rücksicht auf Kinder. In Tempo 30-Straßen verringern die Autofahrer wesentlich häufiger ihre Geschwindigkeit, wenn sie Kinder am Gehweg sehen als auf Tempo 50-Straßen." Grund dafür sei die bessere Wahrnehmung der Kinder am Fahrbahnrand bei einer geringeren Fahrgeschwindigkeit. Somit bringt Tempo 30 mehr Sicherheit vor allem für alle nichtmotorisierten Verkehrsarten.

Die durch Tempo 30 erreichte Unfallrisikominderung ist am stärksten bei den nichtmotorisierten Verkehrsarten. Fußgänger generell, Radfahrer, ältere Menschen, Behinderte und insbesondere Kinder werden durch Tempo 30 besser geschützt. Die Reduktion der Unfallzahlen zeigt in diesem Bereich die höchsten Werte, nämlich bis zu 70 Prozent.

Gravierend mehr Sicherheit

Besonders gravierend sind die Sicherheitsgewinne, wenn es tatsächlich zu einem Unfall kommt. Die tödliche Wirkung des Aufpralls bei einem Fußgänger-Pkw-Unfall nimmt mit sinkender Geschwindigkeit signifikant ab. Das haben wissenschaftliche Untersuchungen der Universitäten Berlin, Düsseldorf, Heidelberg und Zürich, die unabhängig voneinander das Thema untersucht haben, ergeben. Demnach verlaufen Unfälle mit Fußgängern ab Tempo 60 zumeist tödlich. Bei Tempo 30 liegt die Rate der tödlichen Unfälle bei 30 Prozent