Das Haus im Neckartalweg aus nord-östlicher Perspektive: Zu hoch, zu massig, zu viel Grundfläche überbaut. Das will sich der Rat nicht bieten lassen. Foto: Preuß Foto: Schwarzwälder Bote

Baugenehmigung: Einstimmiges Votum im Gremium / Massive Überschreitungen der Festlegungen

Die Gemeinde legt gegen einen Bescheid des Landratsamts, mit dem das versagte Einvernehmen zu einem Bauvorhaben ersetzt wird, Widerspruch ein. Dies beschloss der Gemeinderat einstimmig.

Dauchingen. Man will sich einfach nicht mehr in die eigenen Angelegenheiten hineinregieren lassen und fühlt sich gegängelt.

Es geht um ein Bauvorhaben im Neckartalweg. Dort ist es zu massiven Überschreitungen der Festlegungen des Bebauungsplans gekommen, unter anderem ist die Grundflächenzahl überschritten, zudem ist das Flachdach deutlich zu hoch. Der Bau der Garage/Carport ist einstweilen per Baustopp unterbunden.

Der Bauherr hat mit einem Nachtragsbaugesuch versucht, die Dinge zu heilen. Allerdings versagte die Gemeinde dem Nachtragsgesuch das Einvernehmen. Auch hier hatte der Gemeinderat einstimmig gehandelt.

Das Baurechts- und Naturschutzamt des Landkreises ist der Auffassung, die Ablehnung des Nachtragsbaugesuches sei rechtswidrig, weil die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt sei. Das Amt hat daher das Einvernehmen ersetzt. Man ist dort der Meinung, dass die materiellen Voraussetzungen für den von der Gemeinde geforderten Rückbau nicht vorliegen, mithin die Zulassung einer Befreiung nach dem Baugesetzbuch angezeigt sei.

Dem widerspricht die Verwaltung in Dauchingen vehement. Voraussetzung für Befreiungen seien, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt seien, Gründe des Wohls der Allgemeinheit angeführt werden können, die Abweichungen städtebaulich vertretbar seien oder die Einhaltung des Bebauungsplanes zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung auch unter Würdigung der Belange der Nachbarn vertretbar sind.

Es sei "eindeutig", so die Verwaltung, dass dies nicht vorliege und die Abweichungen somit die Grundzüge der Planung berühren. Diese Feststellung ist deshalb bedeutsam, weil die Hoheit über die Planung ein ureigenes Recht der Gemeinde innerhalb des gegebenen Rechtsrahmens von Baugesetzbuch, Landesbauordnung und umweltrechtlicher Vorgaben darstellt. Wie die Grundstücke geschnitten sind, wie hoch die Häuser darauf sein dürfen, ob Einzel-, Reihen- oder Kettenhaus, ob Mehrgeschosswohnungsbau, ob reines oder allgemeines Wohngebiet, wie die Straßen geführt und gestaltet werden, all diese Grundzüge entscheidet alleine der Gemeinderat.

Aufgabe des Baurechtsamtes ist es, die Einhaltung der vom Rat beschlossenen Festsetzungen zu überwachen. Und genau dieses Recht sehen Verwaltung und Gremium nun verletzt, da das streitgegenständliche Gebäude trotz Flachdach um 20 Prozent höher als erlaubt ist. Als sicheres Indiz für das Fehlen von Argumenten auf Seiten des Baurechtsamtes sieht die Verwaltung dessen umfängliche Berechnungen zu Wandansichtshöhen und -flächen sowie möglichen Gebäudehöhen bei anderen im Bebauungsplan zugelassenen Dachformen. Die gewählte Höhenfestsetzung für Flachdächer sei abwägungsfehlerfrei, und im Übrigen sei die Frist zur Geltendmachung von Abwägungsmängeln ohnehin schon lange abgelaufen.

Frank Merten, neu im Rat, fragte nach, ob die Gemeinde Nachteile zu befürchten hätte, schließlich sei das Landratsamt ja Aufsichtsbehörde: "Die werden über den Widerspruch kaum erfreut sein."

Davon gehe er auch aus, sagte Bürgermeister Torben Dorn, aber man lebe in einem Rechtsstaat, und der sei dadurch gekennzeichnet, dass man ohne Einschränkungen Rechtsmittel einlegen kann.

Der Rat votierte einstimmig für den Widerspruch und will dieses Votum auch als Unterstützung der Bürger in der Nachbarschaft gewertet wissen, denn sie haben die Nachteile direkt vor der Tür.

Das Regierungspräsidium, Referat 21, wird nun den Sachverhalt prüfen und gegebenenfalls schlichtend eine einvernehmliche Lösung anstreben. Sollte eine Seite jedoch auf die Erteilung eines Bescheids bestehen, wird dieser erlassen, wobei auch in diesem Fall für jede Seite Rechtsmittel möglich sind.