Hechingen ist schön – so dachte im Juni wohl auch ein Biber und baute einen Damm an der Starze. Jetzt ist er vielleicht weg, aber was passiert mit dem Damm?
Das Problem: Der Starzel-Biber hat im Sommer sein Bauwerk direkt oberhalb der Schützenbrücke an der Neustraße errichtet. Weil Biber streng unter Naturschutz stehen, durfte an seinem Bauwerk buchstäblich nicht gerüttelt werden. Maximal kleine Eingriffe waren erlaubt, damit der Damm nicht höher wird.
Nun ist der Bau aber seit zwei Monaten fast dauernd überflutet. An einer Stelle hat sich eine Lücke freigeschwemmt. Die nasse Immobilie sieht sehr vernachlässig aus.
Anwohner und Spaziergänger, die hier regelmäßig vorbeigehen und immer wieder nach dem Biber Ausschau halten, sind sich sicher: Da wohnt kein Biber mehr. Gesehen hat ihn offenbar sowieso niemand. Was an dieser belebten Stelle schon erstaunt. Haben ihn die vielen Kinder oder Hunde gestört, vom Verkehrslärm ganz zu schweigen. Und wenn er weg ist, könnte man seinen Schwarzbau dann nicht einfach abreißen?
Es gibt gute Gründe für einen Abriss
Gründe würde es geben. Denn was der Biber bei der Auswahl des Baugrundstücks nicht wissen konnte: 2017 hat das Regierungspräsidium für viel Geld genau diese Stelle so umgestalten lassen, dass die Starzel wieder frei durch alle drei Brückenbogen strömen kann. Zuvor war ein Bogenstück h verlandet gewesen.
Beim verheerenden Hochwasser 2008 hatte sich auch hier das Wasser gestaut. Jetzt liegt der Damm quer zum Durchfluss.
Bei Hochwasser hat sich Gehölz an Brücke verbarrikadiert
Zudem hatte sich an der Schützenbrücke auch Treibholz angesammelt und die Starzel aufgestaut. Auch aus diesem Grund wurde in den folgenden Jahren die Hechinger Feuerwehr mit einem Fahrzeug ausgestattet, das mit einem Kran mit Greifer ausgestattet ist. Bei Hochwasser können die Einsatzkräfte so Brücken frei halten.
Kann das Weidengeflecht die Brücke verstopfen?
Allerdings fehlen Erfahrungswerte, wie sich so ein Biberdamm bei Hochwasser verhält. Bislang hat er erstaunlich stabil der Überflutung standgehalten. Aber die Hechinger wissen, dass ein richtiges Hochwasser ganz andere Kräfte entfesselt. Ist es denkbar, dass ein Geflecht aus h Weidenästen des Damms dann eine Art Stöpsel im mittleren Brückenbogen bilden?
Wasserstand ist durch den Damm stark angestiegen
Was auch noch für einen Abriss sprechen würde: Als der Damm noch vollständig in Funktion war, staute er das Starzelwasser bis hoch zum Spittelgebäude. Und das bedeutete: Wo früher im Sommer kleine Kinder im knöchelhohen Rinnsal fröhlich im Starzelkies spielen konnten, stand das Wasser diesen Sommer nun kniehoch. Gefährlich für Kinder, und vom Sandelspaß im Kies keine Spur mehr.
Also abreißen? Das Landratsamt als zuständige Behörden für den Biberschutz bremste gestern auf unsere Zeitungsfrage allzu große Hoffnungen auf eine Abrissgenehmigung. Nicht beantwortet wurde die Frage, ob ein Biberbau ohne Biber noch unter Naturschutz stehen würde, weil die Behörde sicher ist, dass sich am Dammgelände zumindest zeitweise noch ein Biber herumtreiben könnte. Die Stelle wird von einer Expertin betreut, die auch regelmäßig vor Ort sei. Ihre Einschätzung: Es sei „nicht einfach zu beurteilen“, was da los sei.
So hätten sich „zuletzt bei einem Termin vor Ort eindeutige Fraßspuren“ eines Bibers gefunden. Auch „sogenannte Rutschen, über die der Biber ins Wasser gleitet“ seien feststellbar gewesen. Für Spurenleser ist damit klar: Ein Biber ist dort unterwegs. Aber wohnt er auch dort? „Nicht definitiv festgestellt ist, ob sich an der Brücke die Lebensstätte des Tiers befindet“, so die Expertin. Und ob der Damm abgerissen werden kann, wenn der Biber anderswo wohnt, darüber gibt es aktuell auch noch keine Auskünfte.