Unstrittig ist, dass es sich beim Fall einer Frau aus Albstadt um einen gefälschten Impfausweis gehandelt hat, allerdings lag zu damaligen Zeitpunkt noch keine Rechtsgrundlage für eine Straftat vor. Foto: Kembowski

Sie hatte einen gefälschten Impfnachweis vorgelegt. Daraufhin hatten die Behörden eine Hausdurchsuchung bei einer Frau aus Albstadt angeordnet. Diese allerdings war aufgrund der damaligen Rechtslage nicht rechtmäßig, wie das Landgericht Hechingen nun auf Beschwerde der Frau entschied.

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Albstadt - Die dritte große Strafkammer des Landgerichts Hechingen hat der Beschwerde einer Frau aus Albstadt statgegeben, gegen die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Vorlage eines gefälschten Impfdokuments eine Hausdurchsuchung angeordnet worden war. Die Anordnung des Eingriffs durch das Amtsgericht Hechingen war noch vor dem 24. November ergangen; indes hatte der Bundesgesetzgeber erst mit Wirkung zu diesem Stichtag Anpassungen im Strafgesetzbuch vorgenommen, die unter anderem die Ahndung sämtlichen strafwürdigen Verhaltens im Bereich der Fälschung von Impfausweisen zweifelsfrei sicherstellen sollten.

Ohne Gesetz keine Strafe

Gegenstand der aktuellen Diskussion innerhalb der Rechtswissenschaft – und dabei laut Pressemitteilung des Landgerichts lebhaft umstritten – ist die Frage, ob strafrechtlich jemand als Täterin oder Täter einer Urkundenfälschung verfolgt werden darf, der vor dem 24. November ein falsches Impfdokument in einer Apotheke vorgelegt hat, um dort ein europäisches COVID-19-Impfzertifikat und einen QR-Code für den digitalen Impfnachweis ausgestellt zu bekommen. Die bislang zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung ist nicht einheitlich.

Gericht überprüft die Rechtmäßigkeit

Die für das Rechtsmittel der Beschwerde zuständige dritte große Strafkammer des Landgerichts Hechingen hatte für den ihr vorgelegten Einzelfall die Rechtmäßigkeit eines Durchsuchungsbefehls zu überprüfen, den das Amtsgericht Hechingen auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hechingen am 5. Oktober erlassen hatte. Der Antrag der Strafverfolgungsbehörde stützte sich auf den Anfangsverdacht der Urkundenfälschung. Die Staatsanwaltschaft legte der Beschwerdeführerin zur Last, im September in einer Albstädter Apotheke einen gelben Impfpass mit gefälschten Nachweisen von COVID 19-Impfungen vorgelegt zu haben, um so ein europäisches Impfzertifikat zu erhalten.

Die Strafgesetze sind mittlerweile angepasst

Die dritte große Strafkammer hat nun entschieden, dass das der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten nach der bis zum 24. November geltenden Rechtslage nicht strafwürdig im Sinnes des Gesetzes ist und der Durchsuchungsbefehl somit nicht rechtmäßig war – ebenso wie sie haben bislang in anderen Fällen Spruchkörper der Landgerichte Stuttgart und Osnabrück entschieden. In ihrer Begründung führt die Kammer unter anderem aus, dass die Strafvorschriften betreffend unrichtiger Gesundheitszeugnisse bislang in der Gerichtspraxis ein Schattendasein gefristet hätten. Dass der Gesetzgeber inzwischen eine Anpassung von Strafgesetzen als notwendig erkannt und umgesetzt habe, stütze die Entscheidung. Die Entscheidung der Beschwerdekammer erstreckt sich auch auf eine Beschlagnahme, die im Zuge des Durchsuchungsbeschlusses ergangen war. Ein Rechtsmittel gegen ihren Beschluss gibt es nicht.

Weiterer Fall beschäftigt das Landgericht

Auch die erste große Strafkammer des Landgerichts Hechingen beschäftigt sich aktuell mit den genannten Rechtsfragen. Ihr liegt eine Anklageschrift vor, die in anderer Sache wegen eines vergleichbaren Sachverhalts erhoben wurde, der sich ebenfalls vor dem 24. November ereignet haben soll. Sie überprüft derzeit im Zwischenverfahren, ob der hinreichende Verdacht einer Straftat besteht und das Hauptverfahren zu eröffnen ist.