Eine Variante der Ansichten des geplanten Komplexes: Manche Bürger finden, dass die Massivität beschönigt wird. Am rechten Bildrand: die Markthalle. Illustration: Behnisch Architekten

Fraktion und Partei weiter uneins - Delegation soll sich bei den Architekten informieren.

Stuttgart - Bei den Grünen gibt es weiterhin Turbulenzen um das Neubauprojekt Da Vinci am Karlsplatz. Ihre Stadträte wollen jetzt mit den Architekten und Investoren des Projekts ins Gespräch kommen und ausloten, wie viel von der früheren Zentrale der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) an der Dorotheenstraße erhalten werden kann. Der Umgang damit ist Streitfrage in Fraktion und Partei.

Nach einer Fraktionssitzung, bei der es auch um das frühere Hotel Silber ging, hat der Fraktionsvorsitzende Werner Wölfle die Architekten am Freitag um einen Termin gebeten. Drei oder vier Stadträte sollen die technischen, betriebswirtschaftlichen und architektonischen Lösungsmöglichkeiten für die Erhaltung einer Gebäudehälfte ausloten. Die Frage, die für das Schicksal des Gesamtprojekts entscheidend werden könnte, wollen die Stadträte erst nach dieser Sondierung debattieren: ob sie, wie von der Mehrheit der Fraktion bisher angestrebt, der Erhaltung eines zwölf Meter langen Fassadenteils zustimmen, obwohl die Mitglieder der Kreispartei den Wunsch nach Erhaltung der östlichen, von der historischen Bausubstanz her wertvollen Gebäudehälfte anmeldeten.

Schwierige Fraktionssitzung bei den Grünen

Die Fraktionssitzung sei nach den Vorgängen seit vergangener Woche sehr schwierig gewesen, urteilte ein Stadtrat. Gemeint ist, dass vier Stadträtinnen im Kampf um die Erhaltung der früheren Gestapo-Zentrale die Kreismitgliederversammlung ihrer Partei zu Hilfe riefen, dass der Fraktionsvorsitzende Wölfle dann die "Instrumentalisierung" der Kreispartei gegen die Mehrheitsmeinung der Fraktion missbilligte und es im Interview mit unserer Zeitung ablehnte, ein imperatives Mandat zu akzeptieren. Wölfle versteht den Parteibeschluss als Auftrag, sich für die Erhaltung des Ostflügels einzusetzen. Bei dem Gespräch darüber mit den Architekten und Investoren sollen die Abweichlerinnen Anna Deparnay-Grunenberg, Clarissa Seitz, Gabriele Nagl und Tabea Schilling vertreten sein. Das kann auch so interpretiert werden, dass sie mehr in die Pflicht genommen werden und dass die Messlatte für sie höher gelegt wird.

Das Damen-Quartett sei nun auch schon seit einem Jahr im Gemeinderat und habe recht viel Unterstützung bei der Einarbeitung bekommen, hieß es am Freitag in Fraktionskreisen. Noch immer würden die vier Frauen aber vor allem "aus dem Bauch heraus agieren".

Deparnay-Grunenberg bestritt am Freitag, dass sie und ihre Mitstreiterinnen die Kreispartei gegen die Fraktion instrumentalisiert hätten. Die mündigen Mitglieder hätten sich längst sehr für das Thema interessiert. "Von uns war bekannt, dass wir den Kompromiss der Fraktion nicht mittrugen. Wir hätten uns auf jeden Fall erklären müssen", sagt Deparnay-Grunenberg. Der Antrag, den Teilerhalt statt des von manchen Mitgliedern angestrebten Kompletterhalts des Gebäudes anzupeilen, sei als Kompromiss gedacht gewesen.

Das Gespräch am Donnerstag in der Fraktion sei gut gewesen. Sie glaube, dass der Konflikt sich zum Konstruktiven hin wenden lasse. Dass eine Partei ab und zu ihre Entscheidungsprozesse prüfe und überdenke, sei nicht falsch.