Im Windpark Hohenlochen stehen vier Anlagen des betroffenen Herstellers Enercon. (Archiv) Foto: Badenova

Pünktlich zum Start des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine fällt gegen 5 Uhr morgens das Satellitennetzwerk KA-SAT aus. Tausende Windräder sind plötzlich vom Netz getrennt. Ein Angriff auf die Infrastruktur Europas - auch in unserer Region?

Oberndorf - Während russische Truppen die Invasion der Ukraine am 24. Februar starteten, wurde die Internetanbindung über KA-SAT, die Satelliten des amerikanischen Anbieters Viasat, lahmgelegt. Infolge des Hacks wurden so unter anderem 5800 Windräder des deutschen Herstellers Enercon in Europa vom Internet getrennt. Anlagen, die laut Hersteller eine Gesamtleistung von elf Gigawatt haben und zur kritischen Infrastruktur gehören, können von ihren Betreibern jetzt nicht mehr aus der Ferne erreicht werden

Experte: Ziel war Ukraine, aber Zentraleuropa betroffen

Aus einer Mail des Anbieters Viasat zur Störung zitiert die IT-Nachrichtenseite Golem.de, dass diese in der Ukraine begonnen hat und sich dann über fast den gesamten Bereich - also Europa und den Nahen Osten - ausgebreitet habe. Viasat bietet neben Internet auch Übertragungsservices für Fernsehsender und verschlüsselte Kommunikationsdienste für das US-Militär an.

Experte Andreas Knopp der Universität der Bundeswehr in München meint dazu, "dass die Russen eigentlich die Internetverbindungen in der Ukraine kappen wollten, aber damit auch die Windanlagen in Zentraleuropa vom Internet getrennt haben." Die Bundesregierung geht laut Informationen des Spiegels von einem Zusammenhang des Hacks mit dem Ukraine-Krieg aus.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) spricht derweil aufgrund des Krieges in der Ukraine von einer "abstrakt erhöhten Bedrohungslage für Deutschland."

Windparks mit Kabelverbindung in Region

Im Windpark Hohenlochen bei Oberwolfach und Hausach (Ortenaukreis) stehen vier solcher Windenergieanlagen (WEA) des Herstellers Enercon. Gegenüber unserer Redaktion erläutert der Betreiber Badenova jedoch, dass man vom Problem nicht betroffen sei. Die Anlagen dort seien über Erdkabel ans Internet angeschlossen, nicht via Satellit.

Auch ohne Internet wird Strom produziert

Doch auch wenn bei betroffenen Windrädern die Satellitenverbindung abbricht, werde weiterhin Strom produziert. Denn die Windräder liefen ohne Internetverbindung in einem "Automatikmodus" weiter, versichert der Hersteller Enercon in einer Mitteilung.

Es könne lediglich nicht aus der Ferne eingesehen werden, ob die Anlage eine Störung hat. Zum Zurücksetzen einer gestörten Anlage müssen so nun Servicetechniker zum Windrad ausrücken, um das Problem zu beheben.

Weiter sei der Zugriff der Netzbetreiber weiterhin uneingeschränkt möglich, um das Verhalten im Stromnetz zu steuern. Beispielsweise, so erklärt Enercon, um die Einspeiseleistung zu drosseln, sollte das aus Gründen der Netzstabilität notwendig sein.

Experte warnt vor Abhängigkeit

Zur Vermeidung solcher Probleme in Zukunft warnt Experte Knopp: "Wenn die nationale Energieversorgung von ausländischen Internetanbietern abhängt, müssen politische Entscheidungsträger alarmiert sein."