Künstliche Intelligenz ist auch bei den Firmen der Region ein wichtiges Forschungsfeld: Bei Bosch arbeiten Wissenschaftler daran, aus großen Datenmengen neue Informationen zu ziehen. Foto: Bosch

Das Land investiert in die Zukunft und begründet mit dem Max-Planck-Institut, den Unis Stuttgart und Tübingen das Cyber Valley. Dort soll vor allem zur künstlichen Intelligenz geforscht werden.

Stuttgart - Die USA haben das Silicon Valley, Baden-Württemberg das Cyber Valley: Am Mittwoch ist in Stuttgart der Startschuss für eine groß angelegte Forschungsinitiative gefallen. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bündeln dafür ihre Kompetenzen, um vor allem in Sachen künstlicher Intelligenz die Zukunft mitzugestalten. Dabei werden unter anderem Computer und Maschinen in die Lage versetzt, weitgehend selbstständig Aufgaben zu analysieren und weiterzuentwickeln.

Zum vom Land geförderten Forschungsverbund gehören die Universitäten Stuttgart und Tübingen, das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI) und sechs Partner aus der Industrie: die BMW Group, die Daimler AG, die Porsche AG, die Robert Bosch GmbH, die ZF Friedrichshafen AG und auch Facebook. Baden-Württemberg will damit die Vorreiterrolle bei der Entwicklung intelligenter Lösungen für Industrie, Mobilität und Medizin einnehmen. Das Land soll ein Hotspot für „wissenschaftliche Exzellenz“ werden und in Nachwuchsforscher investieren, heißt es in der Agenda.

Neun Forschungsgruppen entstehen an den Universitäten und dem MPI

„Wir wollen verhindern, dass die zweite digitale Revolution an Europa vorbeigeht“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Dazu beteiligt sich die Landesregierung mit Sondermitteln von mehr als 50 Millionen Euro. Insgesamt wird das Cyber Valley von den Partnern mit einer hohen zweistelligen Millionensumme finanziert. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) bezeichnete die Finanzierung als „wachsendes System“. Zudem suche man weitere Partner für die Initiative. An einer Partnerschaft sollen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der Chiphersteller Nvidia und der Maschinenbauer Trumpf interessiert sein. Ministerpräsident Kretschmann zeigte sich kämpferisch: „Wir haben die erste Halbzeit an die USA verloren, jetzt haben wir die Chance, die zweite zu gewinnen. Und ich garantiere Ihnen: das werden wir.“

Zu Anfang werden dafür neun Forschungsgruppen eingerichtet. Davon werden fünf von den zum Verbund gehörenden Unternehmen finanziert, weitere sollen später hinzukommen. Zusätzlich wird es vier Forschungsgruppen geben, die durch Mittel aus einem Konsortium baden-württembergischer Stiftungen finanziert werden. Sie werden an der Universität Stuttgart und an der Universität Tübingen eingerichtet.

Auch Facebook investiert Millionen für die Forschung im Ländle

Räumlich sind die Gruppen zunächst an den beiden Universitäten und an den zwei Standorten des Max-Planck-Instituts untergebracht. „Wir werden sehr schnell definieren, wie es weitergeht. Gerade am Standort Stuttgart werden wir bald an unsere räumlichen Grenzen stoßen“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer. Bis 2022 soll ein Forschungsgebäude in Stuttgart gebaut werden. Das Cyber Valley soll räumlich aber nicht gebunden und an beiden Standorten angesiedelt sein. „Im Gegensatz zum Silicon Valley liegen wir hier viel näher zusammen“, sagte Bauer.

Auch wenn man ein regionales Netzwerk sei, wolle man nicht in der Regionalliga, sondern in der Champions League spielen, erklärte Ministerpräsident Kretschmann. Das Bild griff Bernhard Schölkopf vom Max-Planck-Institut auf: „Wir sind offen für alle internationalen Unternehmen, mit denen wir den Champions League Ansatz verwirklichen können.“ Eines davon ist Facebook. Das amerikanische Unternehmen wird sich als gleichberechtigter Partner einbringen und gleichermaßen an der Finanzierung der fünf Forschergruppen beteiligen. Das Engagement Facebooks liegt – wie bei den anderen Unternehmen auch – bei etwa 1,26 Millionen Euro. Ein inhaltlicher Schwerpunkt wird nicht gesetzt, denn die Gruppen werden offen ausgeschrieben und nicht zu einem konkreten Thema. Die Beteiligung wird direkt am MPI durch die Finanzierung von Doktoranden und Postdocs stattfinden.

Aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen sollen Start-ups entstehen

An den beiden Universitäten werden außerdem zehn neue Professuren eingerichtet, die teilweise durch Stiftungsmittel finanziert werden. Daimler und Bosch finanzieren zwei Stiftungslehrstühle. Bosch gibt dafür über einen Zeitraum von zehn Jahren 5,5 Millionen Euro aus. Neben den Forschungsgruppen und den Lehrstühlen soll im nächsten Sommer eine Graduiertenschule für insgesamt 100 Doktoranden starten. Zusätzlich zur Grundlagenforschung soll auch die Gründerszene gestärkt werden. Die Nachwuchsforscher sollen ermutigt werden, ihre Ergebnisse direkt in konkrete Produkte umzusetzen und Unternehmen zu gründen. Im Cyber Valley soll es deshalb eine „lebendige Start-up-Szene“ geben, die das unterstützt. Michael Bolle, Forschungschef bei Bosch, betonte die offene Struktur des Verbunds und das Interesse an kleineren und mittleren Unternehmen, genauso wie an Start-ups.