Wohl dem, der im Moment genug Toilettenpapier daheim hat. (Symbolfoto) Foto: images72/ Shutterstock

Kein Grund zu hamstern. Online-Rechner beweist: Menschen überschätzen ihren Verbrauch.

Region - Es ist ein Bild, wie es bis vor kurzem wohl kaum noch jemand kannte - ganze Regalreihen im Supermarkt sind leergefegt. Betroffen sind jedoch nicht die Konserven-Stapel, sondern die Abteilungen mit dem Toilettenpapier. Davor hängen Schilder mit Aufdrucken wie "Ausverkauft" oder "Nur zwei Packungen pro Person". Seit Wochen ist das so. Wie kurios das ist, fällt dabei kaum noch auf. Dabei dürfte inzwischen jedem klar sein, dass es sich bei Corona nicht um eine Magen-Darm-Erkrankung handelt.

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"In Krisenzeiten kommen die grundlegendsten Bedürfnisse der Menschen wieder voll zum Tragen", erklärt Uwe Glatz, Experte für Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung aus Rottweil, das Phänomen. "Und die elementaren Verlangen sind eben Nahrungsaufnahme und dann der Gang zur Toilette. Deswegen hamstern die Leute jetzt Nudeln und Toilettenpapier. Bei diesen Artikeln handelt es sich um Symbole für diese Bedürfnisse." Dabei sei irrelevant, ob tatsächlich ein Versorgungsmangel drohe oder nicht. "Wenn eine Krise da ist, reagiert der Mensch mit Angst. Und die kann zuweilen stärker sein als der Verstand."

Acht Rollen reichen zwei Personen etwa 30 Tage lang

Im Übrigen werden nicht überall auf der Welt dieselben Artikel gehamstert. In deutschsprachigen Online-Netzwerken taucht momentan oft die Behauptung auf, in Frankreich würden Wein und Kondome gehamstert. Statistische Belege dafür gibt es aber nicht. Andere Medien dagegen erwähnen, dass in Frankreich vermehrt zum Baguette gegriffen werde. Dafür könnte es sogar Gründe geben: Die Explosion der Brotpreise führte in der Geschichte des Landes zu mehreren Revolutionen. Brot ist also das Produkt, das dort mit also mit der Versorgungslücke in Verbindung gebracht wird.

Ob Nudeln oder Brot - der Mensch fürchtet in Krisentagen um seine Existenzgrundlage. Alles scheinbar Überlebensnotwendige zu Hause zu haben verleiht uns also ein Gefühl von Sicherheit. Hinzu kommt, dass Menschen Herdentiere sind. Wenn sie sehen, dass andere zu den Regalen mit dem Toilettenpapier rennen und sich die Einkaufswagen damit füllen, animiert das andere Menschen dazu, dasselbe zu tun. "Der Einzelne hat immer die Entscheidungsfreiheit, sich an irrationalen Handlungen zu beteiligen oder nicht", meint Glatz dazu. "Wer anders handelt und nach wie vor auch an andere denkt, indem er zum Beispiel Botengänge für Risikopatienten macht, kann in solchen Zeiten dazu beitragen, das allgemeine Panikdenken zu entspannen."

Wer dennoch in Sorge ist, dass ihm das Toilettenpapier ausgeht, bevor die Krise vorbei ist, der hat eine einfache Möglichkeit, seinen Verbrauch im Blick zu behalten. Online gibt es nämlich den Coronavirus-Toilettenpapier-Rechner. Dort gibt man ein, wie viele Rollen Toilettenpapier man noch zu Hause hat, wie oft man am Tag zur Toilette geht und wie viele Personen im Haushalt leben. Gehen wir von einem zwei-Personen-Haushalt aus, in dem jeder etwa zwei Mal am Tag zur Toilette geht. Und der ordnungsgemäße Vorbildbürger hat natürlich nicht mehr als zwei Packungen an Papier gekauft. Das macht 16 Rollen.

Sind alle Angaben eingegeben, erscheint der Text: "Es reicht für 60 Tage. Das entspricht 429 Prozent deiner Quarantäne." Selbst bei den gleichen Angaben und nur der Hälfte an Toilettenpapier, also acht Rollen, sollte es für 30 Tage reichen. "Wir wollen zeigen, dass ihr mit eurem Klopapier eine ganze Weile durchhaltet", erklären die Betreiber der Seite, die Gesellschafter Stefan Königsfeld und Daniel Linssen aus Lohmar. "Es besteht keine Notwendigkeit, anderen 'Bedürftigen' die letzte Packung Klopapier wegzuschnappen."

In der Rechnung gehen sie von vierlagigem Toilettenpapier mit 150 Blatt aus. Pro Toilettengang wird von einem durchschnittlichen Verbrauch von zehn Blatt ausgegangen. Ein kleiner Tipp der Betreiber: Wer dreilagig kauft, kann sich sogar auf 200 bis 250 Blätter freuen.

Es gibt auch andere Möglichkeiten

Aber was, wenn man nun der "bedürftige" Bürger ist, dessen Vorratskammer blank ist und dem das letzte Päckchen Papier weggeschnappt wird? Dann gibt es immer noch ein paar, teils umweltfreundlichere, Alternativen. Papiertücher oder Taschentücher sind wohl die bekannteste Möglichkeit. Diese dürfen jedoch nicht in der Toilette hinuntergespült werden. Taschentücher bestehen aus einem anderen Material, das sich im Wasser nicht so schnell auflöst. Daher gehören die Tücher nach der Benutzung in den Müll.

Eine aus der Zeit vor dem Klopapier stammende Variante ist das Waschen mit dem Waschlappen. Diese Vorstellung mag erst einmal etwas eklig wirken, ist jedoch wesentlich nachhaltiger, als der Verbrauch von Toilettenpapier.

Was in anderen Ländern längst Alltag ist, bleibt in Deutschland die Ausnahme: das Bidet oder Hygiene-Duschen. Die Dusche zum Mitnehmen gibt es zum Beispiel bei HappyPo. Die Idee dahinter ist recht einfach: Man hat eine mit Wasser gefüllte Plastikflasche dabei. Beim Zusammendrücken entsteht der Wasserstrahl durch einen Duschkopf.

Manche sehen Hamsterei mit Humor

Zum Thema Wasser gibt es da noch eine Variante, die beinahe zu naheliegend ist, um erwähnt zu werden: duschen.

Und zum Schluss gibt es noch einen kleinen, kurioser Toilettenpapier-Fakt für alle, die trotz der aktuellen Situation ihren Humor nicht verloren haben: Die Coronavirus-Pandemie sorgt auf Social Media gerade für verschiedene lustige Aktionen, die aktuell die Runde machen. Unter dem Hashtag #toilettenpapierchallenge posten die Nutzer hauptsächlich Fotos von ihren Hunden neben Klopapier-Rollen-Stapeln, die genauso groß sein müssen wie das Haustier.