Rückkehrer sollten sich testen lassen. Arbeitgeber entscheidet über Freistellung.
Oberndorf/Stuttgart/Südtirol - Seit Donnerstagabend gilt auch Südtirol als Corona-Risikogebiet. Das Prekäre daran: Viele Menschen aus der Region sind erst am vergangenen Wochenende aus dem Skiurlaub in Südtirol zurückgekehrt - darunter mehrere Infizierte aus dem Zollernalbkreis. Was sollten Südtirol-Urlauber jetzt wissen - egal, ob sie bereits dort waren oder ob sie demnächst eine Reise planen? Wir klären auf.
Für Rückkehrer gibt es neuerdings zwei anschließende Wochen zu Hause inclusive: Die baden-württembergische Landesregierung empfliehlt Touristen, die aus Südtirol zurückkommen, 14 Tage lang den Arbeitsplatz zu meiden.
Newsblog zur Ausbreitung des Coronavirus in der Region
"Wer innerhalb der vergangen zwei Wochen aus Südtirol zurück gekommen ist und grippeähnliche Anzeichen bemerkt, sollte umgehend telefonisch die Hausarztpraxis oder den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst kontaktieren, um das weitere Vorgehen zu besprechen", sagt Swantje Middeldorff von der kassenärztlichen Vereinigung. "Wenn sich nach der Südtirol-Reise keine Symptome zeigen, gilt trotzdem die Empfehlung, Schule oder Arbeitsplatz zwei Wochen fern zu bleiben."
Arbeitgeber entscheidet über Freistellungen
Krank schreiben lassen könne man sich aber nicht. Schließlich könne der Arzt ohne Krankheitszeichen keine Diagnose stellen. "Der Betroffene hat die Möglichkeit, sich direkt an das Gesundheitsamt zu wenden. Dort bekommt man eine mündliche Empfehlung, den Arbeitsplatz zu meiden." Diese sei aber immer noch nicht bindend oder verpflichtend. Letztendlich entscheide der Arbeitgeber, ob er seinen Mitarbeiter zwei Wochen freistelle. "In der Regel tun die Arbeitgeber das auch, alles andere wäre unlogisch", meint Middeldorff und ergänzt: "Kein Chef will Coronaviren in seinem Büro haben."
Urlaub oder kein Urlaub?
Aber wie wurde Südtirol denn nun zum Risikogebiet? "Das sind Gebiete, in denen eine fortgesetzte Übertragung von Mensch zu Mensch vermutet werden kann", erklärt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut. "Um dies festzulegen, verwenden wir verschiedene Indikatoren wie die Erkrankungshäufigkeit, die Dynamik der täglich gemeldeten Fallzahlen oder exportierte Fälle in anderen Ländern oder Regionen." Dem Institut seien über die Bundesländer vermehrt Erkrankungen von Personen übermittelt worden, die vorher in Südtirol waren. "Aktuell waren es mindestens 34 Fälle, in denen die Personen angegeben haben, in Südtirol gewesen zu sein. Und das von insgesamt 106 Fällen, in denen die Betroffenen in Italien waren."
"40 Prozent der Fälle in Baden-Württemberg haben einen Bezug zu Südtirol", erklärt Pascal Murmann vom Ministerium für Soziales. Das Land habe daher auch darauf gedrängt, dass Südtirol zum Risikogebiet erklärt werde. Ob eine Reise in diese Gegend noch empfehlenswert sei? "Man sollte sich Gedanken darüber machen, ob ein Urlaub in Südtirol gerade Sinn macht", überlegt Murmann. "Wenn jemand nur in sein Ferienhaus und ein bisschen die Natur genießen will, ist das eher vertretbar als ein Gruppen-Urlaub in einem großen Skigebiet. Davon ist wirklich abzuraten."
Noch alle Sehenwürdigkeiten geöffnet
Wer sich unsicher ist, kann nun also noch darüber nachdenken, ob er die Oster-Reise nach Südtirol stornieren will. Generell ist es immer möglich, von einer Reise gegen eine Stornierungsgebühr zurückzutreten. Eine kostenfreie Stornierung ist jedoch nur für Pauschalreisen unter bestimmten Umständen möglich.
Ein Ereignis höherer Gewalt, wie zum Beispiel Erdbeben oder Feuer, könne eine solche Stornierung ermöglichen, heißt es auf der Seite des Verbraucherschutzamts. Auch die Vorsichtsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen, können diese Kriterien erfüllen. Die Pauschalreise muss dabei aufgrund der Maßnahmen oder durch den Virus erheblich erschwert oder beeinträchtigt sein. Die Einschätzungen des Auswärtigen Amtes sind hierzu zentral.
Spricht das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für ein Land oder Gebiet aus, erfüllt dies die Anforderungen für eine kostenfreie Stornierung der Reise. Dies ist zurzeit für Südtirol nicht der Fall. Es besteht jedoch noch eine weitere Option, die eine kostenlose Stornierung der Reise möglich macht: Hier muss eine wesentliche Änderung der Pauschalreise vorliegen. Dies kann durch Schließungen wichtiger Sehenswürdigkeiten der Fall sein. In Südtirol ist das aber derzeit noch nicht der Fall.
Weder Skigebiete noch der Verkehr sind von den Maßnahmen betroffen. Das Verbraucherschutzamt empfiehlt, den Reiseveranstalter vorab zu kontaktieren. "Reiseveranstalter reagieren unseren Informationen nach durchaus sensibel auf die Situation und räumen auch ohne Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen von sich aus kostenfreie Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeiten ein."
Es gibt übrigens keine Einreisesperre nach Deutschland. Flugreisende aus Italien müssen jedoch mit einer Kontrolle rechnen. In einigen Fällen muss eine Aussteigekarte ausgefüllt werden, die wichtige Angaben über den Reisenden festhält, so dass er im Ernstfall auffindbar ist.