Das Gebäude der Agape-Gemeinde am Stadtbahnhof. Foto: Archiv

Die Stadt Freudenstadt arbeitet den Massenverstoß der Agape-Gemeinde gegen die Corona-Verordnung von Ende Januar auf. Aber das kostet Zeit.

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Freudenstadt - Der Vorfall liegt schon etwas zurück: Ende Januar beendete die Polizei mit einem Aufgebot von 20 Beamten den Gottesdienst der Freikirche in Freudenstadt. Rund 90 Teilnehmer hatten im Gebäude der Gemeinde am Bahnhof einen Gottesdienst gefeiert und dabei offenbar reihenweise gegen die seinerzeit gültigen Corona-Vorschriften verstoßen: Es wurde gemeinsam gesungen, Schutzmasken wurden nicht getragen, Regeln zum Mindestabstand laut Polizei ignoriert.

Reihe von Verstößen

Die Polizisten hatten die Personalien von rund 60 Besuchern aufgenommen und Anzeige erstattet. Es sei nicht der erste Verstoß der Gemeinde gegen die Corona-Verordnung gewesen; bereits am 13. und 27. Dezember hatte es ähnliche Vorkommnisse und Polizeieinsätze gegeben. Die "Mahnungen" der Polizei hätten aber offenbar nicht gefruchtet.

Mittlerweile läuft ein Bußgeldverfahren, für das die Stadt Freudenstadt als Ortspolizeibehörde zuständig ist. Wie Marco Gauger, Pressesprecher im Rathaus, auf Nachfrage mitteilt, kann sich das jedoch noch hinziehen: "Aufgrund der Vielzahl von Aufgaben der Bußgeldbehörde, insbesondere auch vor dem Hintergrund sich laufend verändernder Inhalte in den verschiedenen Corona-Verordnungen, kommt es zu Verzögerungen bei der Bearbeitung der verschiedenen Verfahren." Die Verfahren zu Corona-Verstößen erforderten auch "einen deutlich gesteigerten Bearbeitungsaufwand". Sie seien "nicht vergleichbar zum Beispiel mit Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten", die unter den bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog fielen – Alltagsgeschäft also. Im Fall der Agape-Gemeinde gehe es auch nicht um einen einzelnen Bußgeldbescheid, sondern um "verschiedene, teilweise mehrfache Verstöße und um eine Vielzahl von Betroffenen".

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Trotz des aufwendigen Verfahrens will die Stadt der Gemeinde den Verstoß nicht einfach durchgehen lassen. Die Bußgeldbehörde "arbeitet konsequent daran, alle angezeigten Ordnungswidrigkeiten zeitnah zu verfolgen, damit diese sowohl gegenüber dem Veranstalter als auch den einzelnen Teilnehmern geahndet werden können", so Gauger weiter. Nach dem aktuellen Informationsstand sei jedoch davon auszugehen, dass es noch eine gewisse Zeit dauern werde, bis "eine Gesamtbetrachtung aller in diesem Zusammenhang erfolgten Verstöße und Verfahren möglich" sein werde.

Politikum in der Stadt

Der Vorfall ist ein Politikum und hatte bei anderen Kirchen in der Stadt für Fassungslosigkeit gesorgt. Sowohl die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) als auch die Evangelische Allianz in Freudenstadt distanzierten sich "entschieden von der Missachtung der notwendigen staatlichen Vorgaben". Andere Gemeinden hätten es auch geschafft, ihren Glauben zu leben, dabei aber die Vorschriften einzuhalten. Bei aller Akzeptanz für verschiedene Ansätze im Glauben sah die Evangelische Allianz hier "eine gewisse Grenze überschritten".

Blick in Bußgeldkatalog

Die Leitung der Agape – nach eigenem Verständnis eine evangelische und internationale Gemeinde – sah den Fall anders. Nach dem aufgelösten Gottesdienst veröffentlichte die Gemeinde auf ihrer Internetseite ein Video. Pastor Paul Rotfuss sagte zum Polizeieinsatz, er danke allen Gemeindemitgliedern, die mit Gesang und Gebet mitgemacht und an "ihrem Glauben festgehalten" hätten, insbesondere den Kindern. Sie seien "mutig" gewesen. Man wolle sich nicht einschüchtern lassen und den Glauben leben, so Rotfuss. Im zweiten Teil des Videos ging es um die Predigt von Arthur Hauk zum Thema "Schauen wir nicht auf die Mehrheit".

Der Blick in den zum damaligen Zeitpunkt gültigen Bußgeldkatalog zeigt, wie die Behörden auf Verstöße gegen die Corona-Verordnung reagieren: Bei Missachtung der Abstandsregeln werden Geldbußen zwischen 50 und 250 Euro fällig, für Verstöße gegen die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht ebenso. Organisatoren von nichtgewerblichen Veranstaltungen droht ein Bußgeld von 50 bis 2500 Euro, im Wiederholungsfall von bis zu 25 000 Euro.