Weitgehend sachlich blieb die kurzfrist doch noch erlaubte Demonstration auf dem Balinger Marktplatz. Foto: Schnurr

Veranstaltung von Gericht erlaubt. Sachlichkeit und giftige Spitzen. Polizei überwacht Vorgaben.

Balingen - Dienstagmittag, kurz vor 13 Uhr: Unter Beifall fährt der schwarze Reisebus der sogenannten "Frauen Bustour" auf den Marktplatz. Am Vortag hat ein Gericht die von der Balinger Stadtverwaltung verbotene Demonstration doch noch erlaubt und damit quasi einen Ausweichtermin für untersagten "Lichtspaziergänge" genehmigt.

Der vorgebliche Feminismus der Aktion, die eigentlich Wahlkampf für "Wir 2020" ist, bleibt lila Anstrich: Zu Beginn spricht die Hauptrednerin Eva Rosen über die während der Pandemie gestiegene Zahl von Gewalttaten in Familien; später verliest sie einen englischsprachigen Text, wonach die Impfung gegen das Corona-Virus angeblich unfruchtbar macht.

Maßnahmen seien unverhältnismäßig

Zentrales Thema sind dagegen – wie bei allen "Querdenker"-Demonstrationen – die Einschränkung der persönlichen Freizügigkeit und des öffentlichen Lebens infolge der Anti-Corona-Verordnungen; zudem das Gefühl, von Spitzenpolitikern aus Eigennutz belogen zu werden. "Lügenpack!", skandieren die Zuhörer an der passenden Stelle.

"Wir glauben nicht, dass es Corona nicht gibt", sagt Janko Williams, der zweite Redner. Wohl aber seien die Maßnahmen unverhältnismäßig. Das unterstützt Rosens wichtigste Forderung, alle mit Corona begründeten Gesetze sofort zurückzunehmen.

Rund 90 gleich Meinende sind zu der Kundgebung gekommen. Darauf, dass alle Masken tragen und Abstand halten, achten Ordner und rund fünf Dutzend Polizisten. Letztere erteilen einem Mann einen Platzverweis, weil er keine Maske trägt, greifen aber nicht ein, als sich eine Ordnerin und mehrere Zuhörer demonstrativ umarmen.

Weiter gehts's in der Landeshauptstadt

In die anfangs sachlichen Ausführungen mischen sich zunehmend giftige Spitzen. Der Ton wird schriller und lauter. Rosen fordert den Rücktritt der Bundesregierung. Die Menge verlangt, der Oberbürgermeister solle aus dem Rathaus zu ihnen kommen. Williams droht einem Fotografen, falls der sein Porträtbild veröffentliche. Ein Balinger "Querdenker" attackiert die Berichterstattung des Schwarzwälder Boten über die "Lichtspaziergänge".

Nach gut anderthalb Stunden ist die Demo vorbei. Der schwarze Reisebus macht sich auf den Weg nach Stuttgart. Dort hoffen die Busreisenden bei der abendlichen Kundgebung auf mehr als jene 100 Zuhörer, die in Balingen zugelassen gewesen wären.