Ein Hund schnüffelt in Niedersachsen an einer Trainingsmaschine für Corona-Spürhunde. In Frankreich ist nun der erste Vierbeiner im Einsatz. Foto: Spata

Genauer als ein PCR-Test und für die Getesteten weitaus angenehmer als ein Wattestäbchen in der Nase: Der zweijährige Golden Retriever Pokaa ist Frankreichs erster Corona-Spürhund in der Altenpflege. Seinen Dienst tut er im Altenheim "La Roselière" in Kunheim im Elsass, zehn Kilometer von der südbadisch-französischen Grenze entfernt.

Kunheim - Kunheim ist den Medienrummel normalerweise nicht gewöhnt. Hier gibt es einen Bäcker, eine Dorfkneipe, eine Bankfiliale und zwei Imbissbuden. Nichts, womit man Fernsehteams anlocken könnte. Doch dieser Tage ist das anders: "Seit Pokaa seinen Dienst aufgenommen hat, stehen die Medien fast schon Schlange", sagt Bürgermeisterin Jill Köppe-Ritzenthaler. Kein Wunder, denn Pokaa leistet außergewöhnliche Dinge. Der Rüde ist darauf trainiert, Corona-Infektionen zu erschnüffeln. Bei Patienten mit Symptomen hat er bisher bei allen Virusvarianten eine Trefferquote von 100 Prozent, bei symptomfreien Infizierten sind es 95 Prozent.

Pokaa sei damit besser und im Fall einer Infektion sogar 48 Stunden schneller als jeder Corona-Test, betonen Alain Legrand vom Verein "Handi’chiens" und Heimleiter Robert Kohler. "Handi’chiens" ist ein Verein, der an vier Standorten in Frankreich Assistenzhunde für Menschen mit Behinderung ausbildet. Einer der Standorte ist in Kunheim, wodurch die Verbindung zum dortigen Altenheim zustande gekommen ist: Heimleiter Kohler ist gleichzeitig Präsident des Assitenzhunde-Vereins. Assistenzhunde gehörten im "La Roselière" schon vor der Corona-Pandemie zum Konzept, um den Bewohnern den Alltag im Altenheim zu erleichtern und zu verbessern, wie die Bürgermeisterin im Gespräch mit unserer Zeitung betont.

Um einen Patienten zu testen, muss man diesem ein Stückchen Stoff für einige Minuten in die Achselhöhle pressen. Dann kommt der schwitzige Lappen in einen Beutel und der Hund bekommt ihn in einem abgetrennten Raum in einer Metallbox vor die Nase gesetzt. Bleibt Pokaa stehen, ist die Probe negativ. Bei Positivtests hat der Hund gelernt, sich hinzusetzen. Pokaas zusätzliche Corona-Ausbildung am Institut Maison Alfort des Veterinärs Dominique Granjean in Paris hat vier Wochen gedauert und 5000 Euro gekostet – zusätzlich zu den fünfstelligen Kosten der Assistenzhunde-Ausbildung.

In Paris hat Pokaa als einer von bisher drei Assistenzhunden in Frankreich in der Corona-Ausbildung anhand von Geruchsproben ganz unterschiedlicher Menschen einen spezifischen "Corona-Geruch" zu erkennen gelernt, der verursacht wird durch die sogenannten Spike-Proteine der Viren.

Betroffene setzen sich zur Wehr

Das Testen in der Achselhöhle sei vor allem für demente Menschen im Heim ein großer Vorteil, da ihnen der invasive Corona-Test mit dem Wattestäbchen in der Nase erspart bleibt, sagt Heimarzt Pierre Kohser: Oft könne man den Betroffenen nicht wirklich erklären, was da gemacht wird und sie würden sich zur Wehr setzen.

Im Zuge der Corona-Pandemie sind in Frankreich bisher rund 26 000 Menschen in Altenheimen gestorben. Landesweit hat die Pandemie bisher rund 112 000 Tote gefordert, rund 20 000 mehr als in Deutschland. Auch im Heim "La Roselière" war die Übersterblichkeit deutlich messbar. Zwar seien hier seit Dezember 2020 keine neuen Fälle aufgetreten, betont Kohler. Künftig will er aber trotzdem alle paar Wochen die Bewohner mithilfe von Pokaa "durchtesten" lassen, um auf der sicheren Seite zu sein.

Und "Handi´chiens" Geschäftsführer Alain Lagrand hofft, dass sich Pokaas Erfolgsgeschichte bis in Regierungskreise nach Paris herumspricht, damit der französische Staat bei der bisher auf Spenden basierenden Ausbildung der Corona-Spürhunde einspringen wird. Ziel sei es, möglichst viele Hunde für den Einsatz in Alten- und Pflegeheimen auszubilden, um auch für mögliche künftige Pandemien gerüstet zu sein, heißt es bei "Handi’chiens". Bei dem derzeitigen Medienrummel in Kunheim dürfte das nur eine Frage der Zeit sein.