Martin Weidinger testet am Jugend- und Kulturzentrum Klosterhof in Villingen-Schwenningen unter freiem Himmel. Foto: Heinig

Bisher konnte sich jeder Bundesbürger mindestens einmal pro Woche in Testzentren kostenlos einem Corona-Schnelltest unterziehen. Seit dem 30. Juni ist das nicht mehr generell und für jeden möglich. Tests können jetzt drei Euro pro Person oder auch mehr kosten. Wie gehen die Testzentren in VS damit um?

Villingen-Schwenningen - "Wie soll ich kontrollieren, ob der Mensch, der zu mir an die Teststation kommt, tatsächlich einen Termin im Krankenhaus hat?" Für Martin Weidinger ist die Neuregelung ein Unding. Er führt im Auftrag des Leuchtenherstellers Novaday Nord direkt am Jugend- und Kulturzentrum Klosterhof Bürger- und PCR-Tests durch und hatte bislang gut zu tun.

Jetzt wird es kompliziert, denn nur für einige Personengruppen bleiben die Tests nach wie vor kostenfrei, einige müssen einen Eigenanteil von drei Euro, andere die vollen Kosten berappen. Zu den Nichtzahlern gehören Menschen mit Corona-Symptomen, Besucher von Pflegeheimen und Krankenhäusern, Personen, die sich nicht impfen lassen können, für Schwangerer im ersten Drittel der Schwangerschaft, Kinder bis fünf Jahre, Haushaltsangehörige von Infizierten, Bewohner von Einrichtungen der Eingliederungshilfe, Menschen mit Behinderungen und deren Betreuungskräfte sowie pflegende Angehörige.

Drei Euro erlassen?

Um den kostenlosen Test zu erhalten, sollen Betroffene ein Attest, eine Bescheinigung oder "glaubwürdige" Belege vorlegen sowie einen Pass oder Ausweis. "Minimalen Verwaltungsaufwand" habe Gesundheitsminister Karl Lauterbach versprochen, doch Weidinger schüttelt den Kopf, denn er befürchtet das genaue Gegenteil. Daher überlege sich Novaday Nord, die eine zweite Teststation in Pfaffenweiler betreibt, den zu Testenden die drei Euro zu erlassen, sagt er.

Leute, die eine Reise antreten

So will es auch Samantha Lemke halten, die auf dem Campus der Hochschule Furtwangen testen lässt. Sie verstehe einerseits, dass dem Bund angesichts der durchschnittlich einer Milliarde Euro Kosten pro Monat das Geld knapp werde, andererseits sei die Kostenbeteiligung an den Tests nicht der richtige Weg, findet sie. Und sie macht auf weitere Personengruppen aufmerksam, die den Test zukünftig sogar komplett selbst tragen müssen, nämlich die, die eine Reise antreten oder die sich zur eigenen Sicherheit und mit Rücksicht auf andere vor einer Familienfeier oder einer Einladung testen lassen wollen. Bei Samantha Lemke werden dafür dann zehn Euro fällig. "Diese Leute werden aber nicht mehr kommen", glaubt sie.

Testkunden werden wohl ausbleiben

Das denkt auch Petra Stoll vom Braut- und Nagelstudio in der Niederen Straße in Villingen. Seit Januar testet sie während ihrer Öffnungszeiten. Wenn jetzt Atteste und Belege beigebracht werden müssen, bleiben die Testkunden aus und dann lohne sich ihr Aufwand auch nicht mehr. Denn acht Euro – so viel kostet bei ihr jetzt ein Test für Vollzahler – zahle wohl kaum einer mehr. Und wer wird ab jetzt mit "nur" drei Euro Eigenanteil zur Kasse gebeten?

Es geht um Nachweise

Daniela Behrendt, die mit ihrem Mann Christoph in Villingen vier Apotheken betreibt, wird angesichts des steigenden Verwaltungsaufwandes eine Person mehr pro Schicht in ihrem Testzentrum in der Klosterring-Apotheke einsetzen müssen. Schließlich gilt es für die Testwilligen jetzt nachzuweisen, ob man eine Veranstaltung in geschlossenen Räumen besucht, Kontakt zu Personen mit einem erhöhten Risiko – also zu Covid-Infizierten, Menschen über 60, mit Vorerkrankungen und/oder einer Behinderung – oder eine Warnung auf der Corona-App erhalten hat. Dann werden drei Euro pro Test fällig.

Falscher Zeitpunkt

"Unglücklich gewählt" findet Daniela Behrendt den Zeitpunkt der Neuregelung. Die Inzidenz steigt täglich, am Freitag lag sie im Schwarzwald-Baar-Kreis bei 449,6. Menschen, die sich testen lassen wollen, um sich und andere zu schützen, jetzt auch noch Geld abfordern zu müssen, und das in Zeiten, in denen ohnehin alles teurer werde, sei "widersprüchlich", sagt sie. Mit einem selbst entwickelten Fragebogen, den die zu Testenden als wahrheitsgemäß unterschreiben, versuche man den Prüfungsaufwand so gering wie möglich zu halten. Dass nun unterm Strich weniger in der Kasse bleibe, das ist für Daniela Behrendt indes nicht entscheidend. "Uns geht es um den Service, nicht ums Geldverdienen". Je nachdem wie der Virus mutiere, werde die die Bundesregierung im Herbst die Teststrategie wieder anpassen müssen, erwartet Daniela Behrendt.

Dunkelziffer höher

Ob kostenfrei, mit Eigenbeteiligung oder zu einem Preis, den jede Teststelle selbst festlegen kann – wenn der Antigen-Schnelltest ein positives Ergebnis bringt, empfiehlt das Landratsamt einen – dann kostenlosen – PCR-Test vornehmen zu lassen und sich für fünf Tage in Quarantäne zu begeben. Da es sich hierbei nur um eine Empfehlung handelt, ist Ordnungsamtsleiter Arnold Schuhmacher davon überzeugt, dass im Landkreis die Dunkelziffer der an Covid Erkrankten "um ein Vielfaches höher" ist als die Inzidenzwerte aussagen. Wer beispielsweise keine Absonderungsbescheinigung für den Arbeitgeber benötige, der werde sich wahrscheinlich nicht PCR-testen lassen, vermutet Schuhmacher. Seine Erkrankung fließe dann auch nicht in die Inzidenzberechnungen ein.

Kostenlose Schnelltests für Besucher des Klinikums

Nach wie vor müssen Besucher im Schwarzwald-Baar-Klinikum einen aktuellen negativen Schnelltest vorweisen sowie eine FFP2-Maske tragen. Gemäß der neuen Verordnung bleibt der Schnelltest für Besucher in Krankenhäusern weiterhin kostenlos. Damit Personen, die Patienten im Schwarzwald-Baar- Klinikum besuchen möchten, den Schnelltest unentgeltlich an einer Teststation machen lassen können, benötigen sie ein entsprechendes Bestätigungsformular vom Schwarzwald-Baar-Klinikum, heißt es in einer Mitteilung. Dieses Formular ist im Klinikum jeweils an der Rezeption der Standorte Villingen-Schwenningen und Donaueschingen erhältlich. Das Formular muss von den Besuchern vorab an der Rezeption abgeholt und zur Teststelle mitgebracht werden.