Ab dem 1. Mai sollen Corona-Infizierte sich nur noch freiwillig selbst isolieren – es sei denn, sie arbeiten im Gesundheitsbereich (Symbolbild). Foto: imago images/Jochen Tack/Jochen Tack via www.imago-images.de

Das geplante Ende der Isolationspflicht für Corona-Infizierte ab Mai stößt auf breite Kritik. Sozialverbände und Opposition sprechen von „Durchseuchung“. Laut ihnen gefährdet das Vorhaben Menschenleben.

Das geplante Ende der Isolationspflicht für Corona-Infizierte ab Mai stößt auf breite Kritik. Es sei „wirklich inakzeptabel“, nur noch auf eine freiwillige Isolation zu setzen, sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) am Dienstag. Der Sozialverband VdK warnte, der Wegfall der Isolationspflicht „gefährdet Menschenleben“. Die Linke nannte das Vorhaben „durch nichts zu begründen“. Zustimmung zu dem von Bund und Ländern vereinbarten Vorgehen kam von der FDP und den Kassenärzten.

Frei sagte mit Blick auf die gerade erfolgte weitgehende Lockerung der Corona-Maßnahmen: „Im Klartext läuft das dann wirklich auf eine Durchseuchung der Bevölkerung hinaus, weil man dann eben im Grunde alle Schutzvorkehrungen wegnimmt.“ Es solle „keine übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen“ geben; auch ein Freitesten aus der Isolation müsse immer möglich sein. Wenn aber jemand einen positiven Test habe, sei es „wirklich inakzeptabel“, auf freiwillige Isolation zu setzen.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten sich am Montag darauf geeinigt, dass sich Corona-Infizierte ab dem 1. Mai nicht mehr verpflichtend in Isolation begeben. Die neuen Quarantäne- und Isolationsregeln sollen dann auf „Freiwilligkeit“ beruhen.

Nur noch „dringende Empfehlung“ zur Selbstisolation

Ausgenommen sind Beschäftigte im medizinischen Bereich - sie können sich nach fünf Tagen Isolation freitesten. Für alle anderen gilt dann nur noch „die dringende Empfehlung“, sich im Fall einer Infektion in Selbstisolation zu begeben und nach Ablauf von fünf Tagen freizutesten.

Grünen-Bundestagsfraktionschefin Katharina Dröge betonte am Dienstag: „Auch ab Mai gilt, wer sich mit Corona infiziert, sollte zuhause bleiben“. Dies sei verantwortungsvolles Handeln, auch wenn es dann keine rechtlichen Voraussetzungen mehr dafür gebe. Es gehe darum, andere vor Infektionen zu schützen. 

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Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali sagte, die aktuelle Corona-Politik sei „an Unlogik nicht mehr zu überbieten“. Der Wegfall der Isolationspflicht werde vor allem für Menschen in unsicheren Beschäftigungsverhältnisse Konsequenzen haben, warnte sie. Diese würden „Druck von den Arbeitgebern bekommen“ und sich bei einer Infektion nicht krankschreiben lassen. Das werde dazu führen, dass sich auch an den Arbeitsplätzen die Infektionen weiter ausbreiteten.

Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger sagte im Bayerischen Rundfunk, er halte die geplante Lockerung „für reichlich absurd“. Es sei „nicht sinnvoll, dass Menschen, die sich infiziert haben (...), draußen noch rumrennen und andere infizieren“.

VdK-Präsidentin kritisiert „Prinzip Durchseuchung“

VdK-Präsidentin Verena Bentele forderte: „Auch wenn die Gesundheitsminister jetzt komplett auf das ‚Prinzip Durchseuchung’ setzen, müssen sie Mindestmaßnahmen zum Schutz von Risikogruppen aufrechterhalten.“ Sie fügte hinzu: „Sehr alte Menschen, Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke haben zu Recht große Sorge vor einer Ansteckung mit Corona.“ Sie seien weiterhin durch einen schweren Verlauf akut gefährdet und auf Solidarität angewiesen.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr sagte dagegen, er unterstütze das Vorhaben der Gesundheitsminister von Bund und Ländern. „Andere europäische Länder gehen auch diesen Weg“, so Dürr am Dienstag in Berlin.

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Auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, begrüßte den geplanten Wegfall der Isolationspflicht. „Entscheidend wird insbesondere ab Mai die Eigenverantwortung des Einzelnen sein, seine eigene und vor allem die Gesundheit der Mitmenschen zu schützen“, sagte Gassen der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). „Das ist ein richtiger Schritt der Politik, denn wir können nicht den Ausnahmezustand der vergangenen zwei Jahre einfach unbegrenzt fortschreiben.“