Das Infektionsgeschehen drückt die Inzidenz im Kreis am Freitag auf über 200. Foto: © Corona Borealis - stock.adobe.com

Droht jetzt der Schulplan  mit weiteren Öffnungsschritten  und  Präsenzunterricht im Wechsel vom Infektionsgeschehen im Kreis Rottweil über den Haufen geworfen zu werden? Die Inzidenz am Freitagnachmittag jedenfalls steigt über die Grenze von 200. Sie liegt bei 200,9.

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Kreis Rottweil - Andere Städte wie Stuttgart und Ulm haben  am Freitag bereits beschlossen, wegen hoher Corona-Infektionszahlen die für diesen Montag geplante weitgehende Öffnung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen zu verschieben. In Stuttgart erreichte die Inzidenz am Freitag sogar den Wert von 207. Die Stuttgarter Verwaltung hatte jedoch bereits davor die Reißleine gezogen.

Schulöffnung ist wackelig

Die neue Corona-Verordnung des Landes, die am Wochenende verkündet werden soll, sieht  ab einer Inzidenz von 200 an drei aufeinanderfolgenden Tagen vor, Kindertagesstätten und Schulen für den Präsenzbetrieb zu schließen. Ausnahmen seien für Abschlussklassen vorgesehen. Gut möglich also, dass  für viele Schüler es am kommenden Montag doch nicht wieder losgeht mit dem Besuch der eigenen Schule.

Es ist – nicht nur wegen der Fallzahlen – eine der schwierigsten Phasen der Corona-Pandemie. Erneut steigen die Infiziertenzahlen an, wir befinden uns mitten in einer dritten Welle, erneut werden strengere Maßnahmen getroffen, im Kreis Rottweil besteht eine  Ausgangsbeschränkung von 21 bis 5 Uhr.  Einzelhandel, Gastronomie, Tourismus, Kultur – das sind allesamt Branchen, die seit mehr als einem Jahr unter den Pandemie-Bedingungen enorm leiden.

Stimmung getrübt

Viele sehnen sich nach einem Stück Normalität.  Dieses Stimmungsbild  geben die Kommentare in den sozialen Netzwerken wieder. Aber auch per E-Mail und am Telefon melden sich Leser unserer Zeitung und schütten ihr Herz aus.

In der Kritik steht die Ausgangssperre, von denen sich die einen versprechen, das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen, von denen andere wiederum sagen, es bringe nichts, es sei das falsche Mittel. Den politisch Verantwortlichen wird  "Versagen" vorgeworfen.

Ebenso beanstandet wird die  Inzidenz. Sie gibt die Zahl der Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage an, bezogen  auf 100.000 Einwohner.  Die Inzidenz ist neben der Belegungsquote der Intensivbetten der wichtigste  Gradmesser des Infektionsgeschehens.  Ab bestimmten Inzidenz-Grenzwerten greifen strengere Corona-Regeln.

Mehr Freiheiten bieten sich in Schritten ab   Inzidenz-Werten unter 150, 100, 50  und 35. Wollte der Landkreis Rottweil etwa eine Inzidenz von knapp unter 50 und damit eine gute Öffnungsperspektive  erreichen, dürften sich im Durchschnitt pro Tag nicht mehr als zehn Menschen mit dem Coronavirus infizieren. Am Donnerstag waren es indes 77 neue Fälle, die registriert wurden. Daher schnellte  der Wert nach oben und erreichte die Zahl von  193,7. "Das kann doch keiner mehr glauben", heißt es etwa in einem Kommentar auf unserer Facebook-Seite Schwarzwälder Bote Rottweil.  

Kritische Stimmen

Doch es kommt noch bitterer. Am Freitagnachmittag gibt das Landesgesundheitsamt einen Wert von 200,9 an. Hinzu kommt, dass das Land von Montag an einige Regeln weiter  verschärfen wird. Privat darf man dann nur noch eine weitere Person treffen, Ladengeschäfte dürfen keine Abholangebote mehr anbieten, sondern müssen liefern, Baumärkte sind geschlossen –  um nur einige weitergehende Restriktionen zu nennen.

Mit Amt nicht zufrieden

Dabei sind die Nerven in der Bevölkerung  jetzt schon sehr angespannt. Immer mal wieder sind  Betroffene mit der Arbeit des Gesundheitsamtes nicht zufrieden. So beklagt sich  ein  Leser, dass er, nachdem seine Arbeitskollegin positiv auf das  Coronavirus  getestet worden sei und diese den Behörden in ihrem Landkreis (dem Nachbarkreis Freudenstadt) Bescheid gegeben habe, erst am zwölften Tag nach Vorliegen des Testergebnisses angerufen worden sei – zwei Tage vor Ablauf  seiner Quarantäne also, ärgert er sich. Eigene Versuche, mit dem Gesundheitsamt Rottweil Kontakt aufzunehmen, hätten entweder fehlgeschlagen oder er sei brüsk behandelt worden.

Wir haken nach

Wir fragen beim Gesundheitsamt nach und wollen wissen: Ab wann werden Kontaktpersonen der Kategorie 1 benachrichtigt? Wie gelingt dem Gesundheitsamt Rottweil zurzeit die Kontaktnachverfolgung? Wann spätestens werden K1-Personen kontaktiert und auf die Quarantäne hingewiesen?

Das Landratsamt antwortet uns schriftlich: In der Coronaverordnung Absonderung sei  der Grundsatz geregelt, dass Kontaktpersonen der Kategorie 1 sich unverzüglich nach Information durch die Behörde über die Einstufung als K1 in Absonderung begeben müssten. Die früher ausgestellten Anordnungen  gebe  es nicht mehr.

Kein Echtzeitsystem

Den beschriebenen Fall selber  könne das Gesundheitsamt mangels Daten nur bedingt einschätzen. In der Regel  laufe  es so ab: Sofern das Gesundheitsamt Rottweil  die betreffende Kontaktperson genannt bekomme, trete das Amt schnellstmöglich mit dieser in Kontakt und informiere angemessen über das weitere Vorgehen. Weiter äußert die Behörde: "Hierbei ist auch immer zu bedenken, dass das Infektionsmeldewesen kein Echtzeitsystem ist. Indexfälle (in diesem Fall in Freudenstadt) müssen aufgenommen und anschließend bearbeitet werden, Kontaktpersonen müssen ermittelt werden, jede einzelne Kontaktperson muss erreicht werden und auch erreichbar sein, Behörden müssen untereinander kommunizieren, gegebenenfalls müssen Laborergebnisse abgewartet werden."

All diese Faktoren seien (beispielsweise je nach Anzahl der Kontaktpersonen und deren Erreichbarkeit) sehr zeitaufwendig, weshalb es vereinzelt immer wieder zu Verzögerungen kommen  könne. "Aufgrund der aktuellen extremen Auslastung der Telefonhotline, kann es auch vereinzelt vorkommen, dass eine Kontaktaufnahme durch den hilfeersuchenden Bürger/die Bürgerin nicht immer sofort möglich ist", meint das Landratsamt.